Zum Geburtstag auf die Bühne


von Tageblatt-Redaktion

Gut gelaunt betrat Schneewittchen Belinda Geisendorf gestern zur Generalprobe die Bühne der Lausitzhalle.
Gut gelaunt betrat Schneewittchen Belinda Geisendorf gestern zur Generalprobe die Bühne der Lausitzhalle.

Es gibt Dinge im Leben, die müssen einfach sein. Wintermärchen gehören auf jeden Fall dazu. Diese wunderbaren, zauberhaften Welten, in denen immer wieder das Gute siegt und das Böse verliert, sie begleiten einen schon seit Generationen durch die Weihnachtszeit.

Eine, die auch schon viele Menschen in Hoyerswerda durch diese segensreiche Zeit begleitet hat, sitzt vor einem Garderobenspiegel im Bühnenvorraum der Lausitzhalle. Vor der jungen, dunkelhaarigen Frau braucht man keine Angst haben. Sie gehört in dem Märchen, das heute und morgen in der Lausitzhalle aufgeführt wird, zu den guten Menschen.

Wenn in einer Stunde die Generalprobe beginnt, wird sie nicht nur die ganz jungen Besucher mit ihrer Erscheinung in den Bann ziehen. Belinda Geisendorf ist das Schneewittchen. Eine junge Frau, die sich im Laufe der knapp zweistündigen Aufführung emanzipiert, von einem unselbstständigen und unschuldigen Schneewittchen zu einer selbstbewussten Frau wird. Auch dank ihrer Freunde, der sieben Zwerge.

Wenn man so will, hat es die 22-Jährige damit geschafft: Sie spielt endlich ihre Traumrolle. „Ich habe mich sozusagen hochgearbeitet“, lacht sie. Was zutrifft. Als kleines Mädchen begann sie in dem Ensemble als Engelchen, später wurden die Rollen anspruchsvoller, gab sie etwa die Zofe der Königin. Und in diesem Jahr das Schneewittchen.

Eine halbe Stunde vor dem Beginn des Stückes hagelt es Gratulationen für sie. Schneewittchen hat Geburtstag. Seit ihrem vierten Lebensjahr, als ihre Oma sie zum ersten Male mitspielen ließ, geht das so. Die Generalprobe fürs Weihnachtsmärchen findet immer am 22. Dezember statt. Ergo „feiere ich jedes Jahr mit fast denselben Menschen meinen Geburtstag“, meint die gebürtige Hoyerswerdaerin. Mit dem Theaterensemble der Lausitzhalle, deren Regisseurin Ingrid Belka ihre Oma ist.

In der vorigen Woche war Belinda Geisendorf nach Hoyerswerda gekommen. Eine weite Anreise hat sie jedes Mal. Sie wohnt im Südwesten der Republik, in Baden-Baden. „Weihnachten ohne diese Märchenaufführungen kann ich mir mittlerweile gar nicht mehr vorstellen“, findet sie. Sie hat noch Verwandte hier, ihre Großmutterbeispielsweise. Das Weihnachtsmärchen ist auch eine Verbindung zu Hoyerswerda.

Das helle Kleid, das sie sich überzieht, es passt. „Ich muss doch auch zu hören sein“, ruft sie in den Bühnenvorraum. Sie bekommt ein Headset. Die Frage, die jedes Kind und jeder Erwachsener kennt, das Frage-Antwort-Spiel nach der Schönsten im Land, beantwortet Ingrid Belka: „Belinda ist für diese Rolle eine ideale Besetzung.“

Wer so lange dabei ist, bekommt der nicht auch irgendwann einmal die Lust, die Theaterwelt zum Alltag zu machen? Oh nein, auf keinen Fall, wehrt sie ab. Das sei für sie „überhaupt kein Thema“. Sie spiele zwar ihre Rollen gerne. Ganz gleich welche. Jedoch: „Das alles ist nur ein Hobby für mich“.

Sie habe vor drei Jahren bei einem Tatort mitgespielt. Als Komparsin. „Da saß ich den ganzen Tag nur herum“, erzählt sie. Für 60 Euro. Sie habe sich den später im Fernsehen nicht angesehen. „Hat mich null interessiert.“ Das ist nicht ihre Welt. In der sie lebt, müsse sie aber auch täglich eine Rolle spielen. Die der gut gelaunten Frisörin. „Da muss ich mir an manchen Tagen schon mal die Mundwinkel mit den Klammern hochziehen“, grinst sie. Die Kundschaft mag keine launischen Frisörinnen. Sie hat sich jüngst mit einer Freundin selbstständig gemacht. „Das ist mein Traumjob“, unterstreicht sie, wo ihre Ambitionen liegen.

Nur noch wenige Minuten bis es losgeht. Bei ihr keine Spur von Nervosität. „Ich bin selten aufgeregt.“ Woran das liege, sie zuckt mit den Schultern, sie wisse es nicht. Sie wolle nur nie auf der Bühne stehen und dort singen. „Da würde ich sterben.“ Vor Lampenfieber.

Durch den Bühnenvorraum hallt der Lautsprecher. Aufführungsbeginn. Belinda Geisendorf zupft sich ihre Haare kurz zurecht. Lächelt. Ein sanftes Schneewittchen-Lächeln. Nach der Generalprobe gibt es bei der Oma dann noch was zum Geburtstag: Kinderpunsch.



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