Wer rettet diesen historischen Flügel?


von Tageblatt-Redaktion

Genau hundert Jahre nach seinem Bau wurde der Bechstein-Flügel, Modell V 200, im Oktober 1997 in der Lausitzhalle eingelagert. Techniker Torsten Hauser hat ihn eigens für dieses Foto ausgepackt. Foto: Menzel
Genau hundert Jahre nach seinem Bau wurde der Bechstein-Flügel, Modell V 200, im Oktober 1997 in der Lausitzhalle eingelagert. Techniker Torsten Hauser hat ihn eigens für dieses Foto ausgepackt. Foto: Menzel

Von Mirko Kolodziej

Auf dem Tuch, das Lausitzhallen-Techniker Torsten Hauser vorsichtig wegzieht, steht ein Einlagerungsdatum: 16. Oktober 1997. Dieser Donnerstag war der erste Tag im vorerst letzten Lebensabschnitt eines Musikinstruments, von dem Lausitzhallen-Geschäftsführer Dirk Rolka sagt: „Es wäre mein Traum, den Leuten zeigen zu können, was wir hier stehen haben.“

Unter dem Tuch verbirgt sich ein alter Flügel der berühmten Firma C. Bechstein. Er ist nicht nur beinahe historisch, sondern auch sehr ramponiert. Deshalb hat er seinen Lagerplatz neben dem Orchestergraben. Dort unten ist die Temperatur schön gleichmäßig. Das tut dem Flügel gut. Er stammt aus jenem Jahr, in dem Rudolf Diesel den nach ihm benannten Motor erfand und in Afrika nach 500 Jahren das Königreich Kaffa unterging. Baujahr: 1897. Das steht in einem Gutachten, das Dirk Rolka nun auf dem Tisch liegen hat, nachdem Bechstein-Leute sich das Instrument Anfang Juni angeschaut haben. „Die waren total begeistert“, sagt Rolka. Einen 118 Jahre alten, von ihrer Firma hergestellten Flügel bekommen auch sie nicht alle Tage zu sehen.

Dirk Rolka sucht nun nach Ideen für eine mögliche Spenden-Kampagne, um den alten Bechstein wieder spielfähig zu machen. „Mich hat die Aktion von Haarschneider fürs neue Bürgerzentrum sehr fasziniert, wahnsinnig toll“, sagt der Lausitzhallen-Chef über den Frisier-Marathon vor gut einem Monat. Und er fragt sich, ob es eine ähnliche Möglichkeit gibt, den Flügel nach 18 Jahren aus seinem Verlies zu holen: „Ich wäre absolut dankbar für eine Idee.“ Denn aus dem laufenden Budget kann die defizitäre Lausitzhalle die nötige Restaurierung nicht bezahlen. Theoretisch müsste nicht einmal jeder Hoyerswerdaer einen Euro geben. Der Kostenvoranschlag beläuft sich nämlich auf 25 000 Euro. Unter anderem müssen die Filze erneuert, Löcher im Resonanzboden geschlossen, die gebrochene Klappe repariert, die Klaviatur aufgearbeitet und neue Saiten eingezogen werden.

Wie der Flügel, Bechstein-Instrumentennummer 43.360, in seinen bejammernswerten Zustand kam, ist nicht ganz klar. Er stammt noch aus der Alfred-Scholz-Halle und war zuvor wohl im Eisenbahner-Klubhaus, der heutigen Villa „Alvin Stein“, im Einsatz. Sehr pfleglich kann man zum Schluss nicht mit ihm umgegangen sein. Zu irgendeinem Zweck wurden zum Beispiel Löcher ins Holz gebohrt. Eine Restaurierung wäre für die Lausitzhalle nicht nur aus historischen Liebhaber-Gründen reizvoll. Bechstein, gegründet 1853 und mit Produktionsstätte in Seifhennersdorf, ist ein Weltklasse-Name.

Und bisher muss die Halle für die Auftritte von Weltklasse-Pianisten oft Flügel in Dresden anmieten und liefern lassen. Die Hoffnung ist also auch, künftig die Kosten dafür reduzieren zu können, weil die Musiker sich nicht entgehen lassen wollen, auf so einer Rarität mit ihrem speziellen, weichen Klang spielen zu können. So sehr bald wird das wohl nicht sein, aber Dirk Rolka will die Sache jetzt anschieben. Womöglich wird der Bechstein in Bälde schon im Foyer ausgestellt.

Für Ideen: Die Lausitzhalle erreicht man entweder via Tel.: HY 90 41 06 oder via mail kontakt@lausitzhalle.de .



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