Umzug am Knappensee


von Tageblatt-Redaktion

Geht nicht gibt es nicht für die Leute des Technischen Hilfswerks - auch nicht beim Umsetzen der Wohnwagen am Knappensee.
Geht nicht gibt es nicht für die Leute des Technischen Hilfswerks - auch nicht beim Umsetzen der Wohnwagen am Knappensee.

Von Rainer Könen

Karin Gondosch wirkt müde. Helfen will sie dennoch. Dem Nachbarn, der soeben auf dem kleinen Platz vor ihrem Campingwagen Sträucher ausgegraben hat. Doch sie kann einfach nicht. Sie st an diesem Samstagmorgen wie gelähmt. Fast apathisch schaut sie zu, wie Mitarbeiter des Technischen Hilfswerks (THW) das Vorzelt abbauen, sich abmühen, den Wohnwagen ein paar Meter vorzurücken, hin zum Seerundweg. Sie schlägt die Hände vors Gesicht. Tränen fließen. Eine Bekannte nimmt sie in den Arm.

Die Frauen blicken hinüber zu den in dunkelblauen Uniformen gekleideten Männern, die an Gondoschs in die Jahre gekommenen Campingwagen rütteln, ihn anheben, um ihn langsam wegschieben zu können.

Mit rund 30 Einsatzkräften war das THW am Freitagabend am Knappensee, unweit des Campingplatzes Z 3, eingetroffen. Die Helfer der Ortsverbände Kamenz und Dresden hatten sich ein Bild von der Situation in diesem Bereich des Zeltplatzes gemacht. Sie sollten rund ein Dutzend Wohnwagen aus einer noch bis vor kurzem als sicher geltenden Sperrzone herausholen, sie nur wenige Meter weiter, auf der anderen Seite des zwischen Särchen und Koblenz gelegenen Seerundweges setzen.

Was erneut Stress und Aufregung für diese Dauercamper bedeutet. Für zwei Dauercamper war das zu viel. Sie hätten aufgegeben, erfährt man von der Ferienpark-Betreiber-Familie Gläßer. „Die waren restlos bedient, hatten genug“, erzählt Rico Gläßer.

Aufzugeben, das kommt für jemanden wie Heidi Petrick nicht in Frage. Auch sie gehört zu den betroffenen Campern. Sie trägt das rote T-Shirt mit der Aufschrift „Knappensee-Rebellen“. Doch ihre Gefühlslage ist an diesem Vormittag alles andere als rebellisch. Es ist mehr eine Melange aus Wut, Trauer und Enttäuschung. Obendrein ist sie auf die Medien sauer. Besonders auf die Fernsehleute. „Die haben uns als Menschen hingestellt, die sich mit Mistgabeln gegen den Umzug wehren wollen“. Sie versucht, gefasst zu wirken. Doch als auch sie sieht, wie THW-Helfer ihren Wohnwagen wegrollen, ist es vorbei. Weinkrämpfe schütteln sie. Heidi Petrick ringt um etwas, was sie nun nicht mehr hat: Fassung.

In Situationen wie diesen ein wenig zu relativieren, sich vor Augen zu halten, dass es im Leben weitaus Schlimmeres gibt, das fällt schwer. Nein, es ist für diese Camper eigentlich unmöglich. Denn ihre Welt am Knappensee erfährt Veränderungen, die erschüttern, aus ihrer Sicht tiefgreifend sind.

Jens Kieschnick kennt den Seelenzustand der Camper aus zahlreichen Gesprächen. Er, für den man in der Gemeinde Lohsa eigens einen neuen Sachbereich geschaffen hat, den der Bergbausanierung, er ist ständiger Ansprechpartner für die Petricks, für die Gondoschs, für die Altmanns und alle anderen Betroffenen. Er weiß, wo der Schuh drückt und er hatte auch das THW um Amtshilfe ersucht, wie das so kühl und knapp im Bürokratendeutsch heißt. Als feststand, das die verbliebenen Dauercamper noch einmal mit ihren mobilen Behausungen umziehen müssen. Kieschnick ist am Samstag ständig präsent, hilft auch mit beim Umsetzen der Wohnwagen, spendet Trost, versucht aufzumuntern. „Wir als Gemeinde haben doch eine Verantwortung unseren Dauercampern gegenüber“, meint er.

Sven Pettera ist für die Helfer eine echte Herausforderung. Vielmehr seine Campingbehausung. „Das wird nicht einfach“, steht für THW-Zugführer Enrico Trenn fest, als der sich am Freitagabend Petteras Domizil anschaut. Einen über 40 Jahre alten Bauwagen aus Vorwendezeiten. Diesen bekam der Wilthener vor über zwei Jahren geschenkt. Die zu diesem Zeitpunkt bereits angelaufenen Bergbausanierungsmaßnahmen im Umfeld des Knappensees hielten ihn jedoch nicht davon ab, sein von der Substanz her nicht mehr ganz so neues Freizeitheim zu modernisieren. Mit Einbauküche, mit einem Anbau. Doch der erschwert aus Sicht der Helfer den Umzug.

Pettera ist Optimist: „Das klappt schon.“ Der 43-jährige Großhandelsverkäufer findet ohnedies, dass er von dieser Aktion etwas profitiert. Denn „auf der neuen Stellfläche habe ich nun Schotter als Untergrund“. Das sei für ihn, für den Wagen „ein richtiger Luxus“. Endlich fester Untergrund. Bisher stand der Wagen auf Waldboden.

Sein Freizeitdomizil will der Wilthener auf keinen Fall aufgeben. „Ich sitze die Zeit der Bergbausanierung einfach aus“, erklärt er. Noch mal mit dem Wagen umziehen, nein, das will er auch nicht. Aber danach sieht es ja nicht aus. Vorerst jedenfalls.

Das Umsetzen seines Mobils war dann auch tatsächlich nicht einfach. Aber es klappte. Wie überhaupt diese Aktion aus Sicht von Jens Kieschnick „ein voller Erfolg“ war. Dank der „tollen Organisation des THW“. Sven Pettera und die übrigen Dauercamper hoffen nun, dass sie vorerst Ruhe finden und sich einrichten können, auf ihren neuen Stellplätzen. Auf Z 3 „neu“, wie Rico Gläßer diesen Bereich künftig nennen will.



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