Schwarze Pumpe zwischen Gestern und Morgen


von Tageblatt-Redaktion

Ein Blick auf einen Teil des heutigen Industrieparks Schwarze Pumpe - links die Papierfarbik Hamburger Rieger, dahinter das Vattenfall-Kraftwerk. Rechts ist die Dunapack-Pappfabrik zu sehen
Ein Blick auf einen Teil des heutigen Industrieparks Schwarze Pumpe - links die Papierfarbik Hamburger Rieger, dahinter das Vattenfall-Kraftwerk. Rechts ist die Dunapack-Pappfabrik zu sehen

Von Mirko Kolodziej

Manche Dinge scheinen sich in Schwarze Pumpe nie zu ändern. Als Hoyerswerdas heutiger Oberbürgermeister Stefan Skora (CDU) 1985 im damaligen Gaskombinat anfing, fuhr er oft mit dem Rad zwischen seiner Dienststelle in der Forschung und dem Gaswerk hin und her. Und noch immer, das war am Sonnabend beim Tag der offenen Tür im heutigen Industriepark zum 60. Geburtstag des Standortes zu sehen, fahren hier Beschäftigte mit dem Rad. Schließlich ist das Areal mit mehr als 700 Hektar Fläche recht groß. Andererseits hat die öffentliche Hand in den letzten Jahren so viel Geld unter anderem in die Sanierung von Straßen gesteckt, dass es heute per Auto auf den meisten der einstigen Holperpisten so bequem vorwärtsgeht, dass Vattenfall mittlerweile betriebsinterne Geschwindigkeitskontrollen eingeführt hat. Man kann so durchaus die Einfahrts-Erlaubnis für den eigenen Pkw verlieren.

Der Industriepark ist ein Wirtschaftsstandort im Wandel. „Hier wurde Geschichte geschrieben“, sagt Sprembergs Bürgermeisterin Christine Herntier (parteilos). Aber nicht nur die drei Alt-Kraftwerke mit ihren 120-Meter-Schornsteinen sind inzwischen buchstäblich Historie. Gaswerk, Kokerei, zwei Brikettfabriken – alles nicht mehr da. Doch Vattenfall macht im 1998 eingeweihten Neubau-Kraftwerk noch immer aus Braunkohle Strom und die Besucher beim Tag der offenen Tür konnten sich unter anderem Leitstand, Trockendienst sowie Pressenhaus der modernisierten Brikettfabrik Mitte ansehen. Zwar hatten Unternehmensberater schon im Jahr 2000 prophezeit, die Zeit für das letzte Brikett werde bald gekommen sein, aber die 19 Pressen haben bis heute gut zu tun. Dazu, wie lange die Kohle noch trägt, gibt es unterschiedliche Prognosen.

Vattenfall-Vorstand Hartmuth Zeiß konnte am Sonnabend zum Verkaufsprozess um die Lausitzer Kohlewirtschaft zwar nicht viel sagen, meinte aber: „Unsere Tagebaue, Kraftwerke und andere Anlagen werden noch die nächsten Jahrzehnte betrieben werden.“ Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) war da nicht ganz so optimistisch: „Wir wissen noch nicht, wie die Region in zwei, fünf oder zehn Jahren aussehen wird.“ Der Plan des von Spremberg und Spreetal getragenen Industriepark-Managements zumindest sieht so aus: So lange wie möglich unter Beibehaltung der Kohleverstromung anderen Industrien am Standort den Weg ebnen. Zu den derzeit hundert Unternehmen mit 4 500 Mitarbeitern in Pumpe zählen nicht nur Größen wie die Papierfabriken von Hamburger-Rieger und Dunapack, die wiederum zum Beispiel der Kolkwitzer Spedition K & K Herrmann gut zu tun geben, oder der Industriegas-Gigant Linde. Beim Tag der offenen Tür präsentierte sich etwa auch die kleine Tischlerei Lausitz GmbH TLG an der Straße 4 mit ihren zehn Beschäftigten. Zwar stellt man hier immer noch sehr stabile Möbel für Tagebau-Großgeräte her und wechselt kaputte Scheiben auf Kohlebaggern. Aber mehr und mehr fertigt TLG zum Beispiel auch Wohnküchen für Privatleute in Hoyerswerda, Spremberg, Senftenberg oder Cottbus. Geschäftsführer Mirko Wirl ist deshalb vor der Zukunft nicht bange.

Die öffentliche Hand hat zudem mit ihren Millionen-Investitionen der letzten Jahre in Straßen, Wasserver- und Abwasserentsorgung oder ins Schienennetz auch den Weg für mögliche Neuansiedlungen geebnet. Deshalb ist Spreetals Bürgermeister auch optimistisch für die nächsten 60 Jahre.„Es wird weiter um Papiererzeugung gehen, aber auch um Energiespeicherung oder um Maschinenbau“, sagt Manfred Heine (parteilos). Er sei ziemlich zuversichtlich, dass Pumpe es mit genau dem Branchenmix in die Zukunft schaffen werde, den sich für den lange Zeit monostrukturell auf Kohle ausgerichteten Standort vor 25 Jahren viele hätten nicht vorstellen können. Sein Hoyerswerdaer Kollege stimmte zum 60. Geburtstag zu. „Die Vergangenheit gehört zwar dazu. Aber in Schwarze Pumpe geht es jetzt um die Zukunft“, ist der einstige Pumpe-Radler Stefan Skora sicher.



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