Rick in Bewegung


von Tageblatt-Redaktion

Rick Wolthusen fuhr 2010 erstmals voller Neugier im Rahmen eines medizinischen Praktikums nach Ghana. Daraus ist mittlerweile eine Hilfsorganisation geworden.
Rick Wolthusen fuhr 2010 erstmals voller Neugier im Rahmen eines medizinischen Praktikums nach Ghana. Daraus ist mittlerweile eine Hilfsorganisation geworden.

Von Mirko Kolodziej

Sechs Jahre, nachdem Rick Wolthusen am Hoyerswerdaer Lessing-Gymnasium sein Abitur abgelegt hat, kann man von ihm mittlerweile interessante Sachen über psychische Erkrankungen erfahren. Der 25-Jährige studiert an der TU in Dresden Medizin, war jetzt aber zwei Jahre lang im Rahmen seiner Ausbildung an der renommierten Harvard-Universität im US-amerikanischen Boston. Allerdings hat er sich auch von dort aus um ein Hilfsprojekt gekümmert, das 2010 ganz klein begann und inzwischen beachtliche Ausmaße hat.

Zunächst war es ein medizinisches Praktikum, das Rick Wolthusen nach Ghana führte. Im Central Hospital der 50 000-Einwohner-Stadt Aflao unmittelbar an der Grenze zu Togo beziehungsweise zu dessen Hauptstadt Lomé merkte er schnell, woran es dort mangelt. 2012 schickte auf seine Vermittlung hin das Seenland-Klinikum 66 ausrangierte Patienten-Betten nach Afrika. Auch von anderen Hoyerswerdaern, so von Schülern und Lehrern seines ehemaligen Gymnasiums, gab es finanzielle wie materielle Unterstützung für das Central Aflao. Kurz darauf gründete der Student zusammen mit seiner Dresdener Kommilitonin Julia Heupel den Verein „On the move“ (etwa „in Bewegung“). Er ist mittlerweile in Partnerschaft mit der südafrikanischen Organisation Students Travel and Exposure (STEASA) in dreizehn afrikanischen Ländern aktiv. Es geht um die Vermittlung von Praktika nach Afrika, aber auch um ganz praktische Hilfe.

So ist Rick Wolthusen gerade wieder aus Ghana zurück. Gemeinsam mit anderen hat er dort versucht, ein Bewusstsein für die Entstehung psychischer Erkrankungen zu schaffen. „Es herrscht da eine große Stigmatisierung, weil das Wissen über Vorgänge im Gehirn sehr gering ist“, sagt der 25-Jährige. In ganz Ghana mit seinen ungefähr 25 Millionen Einwohnern gebe es nur zwölf Psychiater. Der Besuch jetzt wurde also zur Aufklärungskampagne. Es gab Vorträge in verschiedenen Dörfern, vor lokalen Königen und im regionalen Radio. Ricks Wolthusens Medizinergruppe sprach allein vor 1 500 Schülern. Dem Hoyerswerdaer kommt dabei sein frisch erworbenes Wissen zugute. Er hat während seines Studiums vor allem zu Psychosen, speziell zu Schizophrenie und affektiven Störungen, geforscht. Ziel der Kampagne in Ghana war es nun, den Menschen die Angst vor Betroffenen zu nehmen. Es ist nicht selten, dass man dort glaubt, psychisch Kranke seien von Geistern besessen. Deshalb werden sie oft verstoßen, isoliert, mitunter sogar angekettet. „Wir wollten den Leuten gern unseren wissenschaftlichen Standpunkt eröffnen“, sagt Rick Wolthusen.

Er hatte bei seiner Reise allerdings auch 3 000 Euro im Gepäck. Gesammelt hat das Geld Loreen Natusch, eine ehemalige Schulkameradin aus dem Lessing-Gymnasium. Die junge Frau aus Barzig in der Nähe von Großräschen ist eine jener dreißig jungen Leute, denen „On the move“ inzwischen Praktika in Afrika vermittelt hat. Als angehende Krankenschwester war Loreen Natusch in einer Geburtsklinik in Denu unweit von Aflao. Es gab dort bisher ein undichtes Dach, Löcher im Fußboden, Türen ohne Schlösser oder Fenster ohne Glas. „Es war völlig heruntergekommen“, sagt Rick Wolthusen. Seine frühere Mitschülerin sammelte nach ihrer Rückkehr in Senftenberg Spenden ein, die Rick Wolthusen nun mitnehmen konnte. Inzwischen sieht die Geburtsklinik deutlich besser aus.

„Ob wir jemals ankommen werden, weiß ich nicht“, lacht Rick Wolthusen, wenn man ihn auf die deutsche Bedeutung des Vereinsnamens von „On the move“ anspricht. Er freut sich, dass das Netzwerk, dessen Ausgangspunkt seine Afrika-Reise vor fünf Jahren war, langsam, aber stetig wächst. Beim jüngsten Ghana-Aufenthalt zum Beispiel waren neben Julia Heupel auch vier Doktoren beziehungsweise Professoren der Harvard Medical School mit von der Partie. Es gibt inzwischen die Idee, das Hirn-Aufklärungs-Projekt auf andere afrikanische Länder auszudehnen, und natürlich sollen weiter Freiwillige nach Afrika vermittelt werden. In zwei Jahren wird Rick Wolthusen sein Studium beenden. Dass den Hoyerswerdaer der Schwarze Kontinent auch danach nicht loslassen wird, dürfte aber schon jetzt gewiss sein.

 



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