Neubebauung oder Parkplatz?


von Tageblatt-Redaktion

Im Krieg wurde die Ostseite des Hoyerswerdaer Marktes zerstört. Ob sie jemals wieder aufersteht?
Im Krieg wurde die Ostseite des Hoyerswerdaer Marktes zerstört. Ob sie jemals wieder aufersteht?

Von Mirko Kolodziej

Ungefähr dort, wo man am Hoyerswerdaer Markt früher das Hotel „Zum goldenen Anker“ betreten konnte, war bis Anfang der Woche eine Bitumen-Rampe an den Bordstein gekleckst – als provisorische Auffahrt zum Parkplatz auf dem sogenannten Schwarzen Markt. Jetzt ist die Zufahrt wieder in die Braugasse verlegt. Die öffentliche Widmung der gesamten Fläche als Parkplatz hätte es nicht vermuten lassen, doch die in Richtung Schlossergasse gelegene Hälfte des Areals gehört der Stadt bisher gar nicht – hat ihr nie gehört.

Das soll sich nun ändern. Gegen die Stimme von Katrin Kiefel (Aktives Hoyerswerda) hat der zuständige Verwaltungsausschuss des Stadtrates beschlossen, die nördliche Hälfte des Parkplatzes zu kaufen. Es geht dabei um knapp 1 000 Quadratmeter, die bislang noch im Besitz der Erben des letzten „Anker“-Wirtes Hermann Prasse sind. Der Mann war zwischen 1943 und 1945 auch Hoyerswerdas Bürgermeister.

68 000 Euro wird das Rathaus für die Flurstücke 241 und 466 bezahlen, was nach Aussagen von Kennern ein ziemliches Schnäppchen für die Stadt zu sein scheint. Die Gründe für den Kauf sind vielschichtig. Einerseits sind die beiden Erben, die der Stadt die Fläche angeboten haben, über 80 beziehungsweise über 90 Jahre alt. Und weil die Stadt ihr Gelände seit Jahren ohne Vertrag und Pachtzahlung nutzt, dürfte es nur recht und billig sein, wenn sie noch etwas von ihrem Eigentum haben wollen. „Beide möchten ihre Grundstücksverhältnisse in Hoyerswerda noch zu Lebzeiten in Ordnung bringen“, heißt es in dem Stadtratsbeschluss über die zwei Senioren, die in Baden-Württemberg zu Hause sind.

In der Stadtverwaltung rechnet man wohl auch so: Mit jedem weiteren Erben, der ins Spiel kommt, wird die Sache nur unübersichtlicher. Bekanntlich können Erbengemeinschaften sich häufig nicht so rasch über die Verwendung ihres Eigentums einigen. Allerdings ist das bezüglich des Schwarzen Marktes auch nicht ganz einfach, wenn er nun bald komplett der Öffentlichkeit gehört. Einerseits hebt der Stadtratsbeschluss auf ein reichlich zehn Jahre altes Neuordnungskonzept ab. Darin ist davon die Rede, die im April 1945 zerstörte Bebauung an der Ostseite des Marktes zu ersetzen. Entsprechende städtebauliche Überlegungen reichen weit zurück. Erste Pläne dazu gab es schon 1957.

Andererseits sagt Oberbürgermeister Stefan Skora: „Wir werden diese Fläche auch weiter als Parkraum benötigen.“ Schließlich fehlen in der Altstadt jüngsten Aussagen zufolge schon 550 Parkplätze.

Nun scheinen sich die erwähnten zwei Nutzungsarten auf den ersten Blick gegenseitig auszuschließen. Rathaussprecher Bernd Wiemer sagt aber, das sei nicht so. So schließe eine mittelfristige Weiternutzung des Schwarzen Marktes als Parkplatz eine langfristige Bebauung nicht aus. Möglich wäre aber auch eine Bebauung samt Tiefgarage oder ebenerdiger Anordnung von Stellplätzen innerhalb eines Neubaus. Allerdings scheint es gegenwärtig auch gar niemanden zu geben, der an der Ostseite des Marktes überhaupt bauen will. Zuletzt gab es entsprechendes Interesse 2002. Damals war unter anderem eine kleine Ladenpassage im Gespräch – mit Tiefgarage.

Die Markt-Ostseite fiel 1945 den Kämpfen in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges zum Opfer. Das betraf nicht nur den „Goldenen Anker“, der sich seit 1819 an dieser Stelle nachweisen lässt. In Trümmer fielen auch eine Kürschnerei mit angeschlossener Wäscherei, die Brauerei Kliche (Braugasse!), die Adler-Drogerie sowie das Hotel „Zum schwarzen Bär“ (1756 gegründet). Keine zehn Jahre nach Kriegsende hatte ein Leipziger Hochbaubüro erste Pläne für eine Wiederbebauung vorgelegt. Es schlug wohl in Anlehnung an „Anker“ und „Bär“ ein „Stadtrestaurant“ vor ¨– einen Vierseitbau mit großem Atrium. Der Bau sollte eine Gaststätte mit 150 Sitzplätzen sowie ein Konzert- und Tanzcafé beherbergen. Mitte der 1980er-Jahre unternahm die Stadtplanung einen Versuch, an der Ostseite des Marktes sowie an der Schlossstraße viergeschossige Wohnhäuser im historisierenden Plattenbaustil anzuordnen. Die Pläne wurden nach dem Ende der DDR aber nicht weiterverfolgt. Stattdessen wandte man sich damals der südlichen Seite der Schlossstraße zu und bebaute die dort klaffende Lücke zwischen den Häusern an der Badergasse und dem Schloss.



Zurück

Einen Kommentar schreiben

Es werden nur jene Kommentare veröffentlicht, die unter Angabe von Vor- und Familienname und einer gültigen E-Mail-Adresse (für Rückfragen) abgegeben wurden.

Was ist die Summe aus 5 und 3?