Im Heim für stolze Samtpfoten


von Tageblatt-Redaktion

Flocke wohnt am längsten im Heim - nämlich schon 18 Jahre.
Flocke wohnt am längsten im Heim - nämlich schon 18 Jahre.

Von Mirko Kolodziej

Mark Twain wird nachgesagt, er habe eine der fundamentalen Eigenschaften der Katzen in folgendem Satz zusammengefasst: „Unter allen Geschöpfen dieser Erde gibt es nur eines, das sich keiner Versklavung unterwerfen lässt. Dieses ist die Katze.“ Christina Koch sagt über die Tiere ganz Ähnliches: „Ich liebe ihre Intelligenz und ihre Eigenständigkeit.“

Die Hoyerswerdaerin hatte in den vergangenen zwei Jahrzehnten ausreichend Gelegenheit, die Tiere zu beobachten. Sie ist die Vorsitzende des Vereins Katzenhilfe Hoyerswerda, der heute Geburtstag hat. Gegründet am 17. März 1995, wird er heute zwanzig. Damals taten sich sieben oder acht Katzenfreunde zusammen, darunter auch Christina Koch. Sie hatte zuvor verwilderte Katzen unter anderem am früheren GST-Objekt an der B 97 beobachtet. Dann wurde im WK VII die Wohnung einer Alkoholikerin geräumt. „Sie hatte massenhaft Katzen, die einfach auf die Straße gesetzt worden sind“, erinnert sich Christina Koch. Es gab aber auch Privatinitiative, etwa von Inge Langenberg, die sich um Streuner kümmerte – mit bescheidenen Mitteln.

All diese Umstände führten zum Entschluss, einen Verein zu gründen, um ausgesetzten, kranken, angefahrenen oder misshandelten Miezen zu helfen. Nachdem eine Kooperation mit einem Tier-Gnadenhof in Pechern an der Neiße sich als nicht zukunftsträchtig erwies und es bei ersten eigenen Versuchen in Kühnicht holperte, entdeckte Christina Koch das teils leer stehende Sozialgebäude der ehemaligen PGH „Gute Fahrt“ im Industriegelände. Dort findet man das Katzentierheim des Vereins bis heute – inzwischen in zwei Baracken. Man hat es hier mit Freud und Leid gleichermaßen zu tun. Immer dann zum Beispiel, wenn für eine aufgepäppelte Samtpfote ein neues Frauchen oder ein neues Herrchen gefunden ist, freut das die heute 63 Vereinsmitglieder.

Seit Jahresbeginn zum Beispiel konnten schon 37 Katzen vermittelt werden. Die Kehrseite sind die Gegebenheiten, unter denen die Tiere zum Verein gelangen. Die Vereinsmitglieder bekommen zum Beispiel jedes Jahr im Mai oder Juni nachts zugeklebte Kisten vor die Tür gestellt. Auf diese Weise „entsorgen“ manche Leute ungewollte Jungtiere. Häufig kommen aber auch Anrufe. Christina Koch erinnert sich an einen Fall in Zeißig, wo jemand im Winter eine total abgemagerte und verwahrloste Katze gefunden hatte: Ein Auge war ausgestochen, die Ohren abgefroren, das Fell mit Altöl verschmiert. „Wir haben sie wieder hingekriegt und nach Nürnberg vermittelt“, entsinnt sich die Vereinschefin. Das gelingt natürlich nicht mit jedem Tier. Flocke zum Beispiel (Foto ganz oben) wohnt schon 18 Jahre im Tierheim. Er ist sozusagen der Patriarch unter den 150 Katern und Katzen, die momentan an der Straße A leben.

Katzen medizinisch zu versorgen, sie zu füttern, ihnen sogar einen elektronisch auslesbaren Erkennungschip unter die Haut pflanzen zu lassen, kostet natürlich eine ganze Stange Geld. Seit zwei Jahren ist man fast ausschließlich auf Spenden angewiesen. „Es gibt wenig Geld, sehr wenig Anerkennung und die Unterstützung ist gleich null“, sagt Christina Koch über die Zusammenarbeit mit Politik und Behörden. Zwar hat Christina Koch 2012 vom Stadtrat den Frauen-Oscar „Martha“ verliehen bekommen, aber ansonsten fühlt sie sich von offizieller Seite mehr oder weniger im Stich gelassen.

Ohne die Hilfe, die mittlerweile aus allen Ecken der Bundesrepublik kommt, würde Hoyerswerdas Katzentierheim sicherlich schon nicht mehr existieren. Und das Tierheim ist nicht das einzige Vereinsprojekt. Sei Jahren werden Streuner im Stadtgebiet zwecks Sterilisation eingefangen. Der Verein will so etwas gegen unkontrollierte Vermehrung tun. Daher ärgert es seine Mitglieder auch, dass die Stadt es 2013 abgelehnt hat, Halter von Freigängern zu verpflichten, ihre Tiere ebenfalls zu sterilisieren und zwecks Kontrolle mit einem Chip versehen zu lassen.
Wie lange der Verein die Kraft für seine Arbeit aufbringen kann, ist Spekulation. Dass er gebraucht wird, zeigt ein Satz auf seiner Webseite: Es seien zuletzt zwar viele Katzen vermittelt worden, es kämen aber mindestens genauso viele nach.



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