Große Emotionen – teuer erkauft


von Tageblatt-Redaktion

Die Stimmung beim Konzert-Wochenende Anfang Juli war ausgelassen. Doch für jeden einzelnen Besucher schlagen 113 Euro Verlust zu Buche.
Die Stimmung beim Konzert-Wochenende Anfang Juli war ausgelassen. Doch für jeden einzelnen Besucher schlagen 113 Euro Verlust zu Buche.

Jedes Ding hat zwei Seiten. Mindestens. So ist das auch mit dem Konzert-Wochenende, das Hoyerswerdas Lausitzhalle vor gut drei Wochen am Partwitzer See ausgerichtet hat. „Wir hätten uns ein anderes Resultat gewünscht. Geplant war ein positives Ergebnis“, sagt Bürgermeister Thomas Delling, der Aufsichtsratschef der Lausitzhalle, über das erste Seenland-Festival. „Wir haben eine erfolgreiche Festivalpremiere hinter uns gebracht“, befindet Hallen-Chef Sven Tietze.

Woher rührt die Zufriedenheit?
Hauptsächlich in Gründen der regionalen Imageverbesserung. Hoyerswerdas Oberbürgermeister Stefan Skora, der sich als Festivalbesucher gestern offen begeistert von der Veranstaltung zeigte, nannte die Stärkung der Attraktivität der Region als einen wesentlichen Erfolgsfaktor. 22 000 Menschen aller Altersklassen hätten in der Nähe von Hoyerswerda gefeiert, und 93 Prozent der befragten Festivalbesucher – die BTU Cottbus/Senftenberg hatte für eine Marketingstudie fast 2 000 Gäste befragt – hätten sich zufrieden mit der Veranstaltung gezeigt. Beinahe die Hälfte würden demnach wiederkommen wollen. „Jungen Leuten wurde unsere entstehende Tourismusregion nahegebracht“, so der OB. Hoyerswerda sei zudem „in den letzten 20 Jahren noch nie so lange so positiv in der Öffentlichkeit“ präsent gewesen. Das Festival sei eine gute Form, die Beziehung vor allem junger Menschen zum Lausitzer Seenland zu intensivieren. Die Premiere 2013, so Sven Tietze, sei die Investition ins Produkt Seenland-Festival gewesen. Thomas Delling nannte die Veranstaltung eine „langfristige Investition“. Der erwünschte inhaltliche Effekt sei eingetreten. Das Wort „Emotionen“ fiel gestern häufig – in Bezug auf die Bilder von auf dem Festival feiernden und glücklichen Menschen, die zahlreich im Internet verbreitet wurden. „Die junge Zielgruppe hat sich als Fürsprecher entpuppt“, verwies Gordon Wübbe von der Berliner Social Media Agentur „Fame Fact“ auf die Facebook-Seite des Festivals.

Woraus speist sich dagegen die Unzufriedenheit?
Kurz: im Betriebsergebnis. Eigentlich war der Plan der Lausitzhalle, mit Freiluftveranstaltungen ihr Sommerloch zu füllen und damit das Jahres-Defizit zu senken. 2013 waren rund 1,7 Millionen Euro Minus geplant – für das komplette Jahr. Nun hat allein das Festival mit 2,5 Millionen Euro Verlust geschlossen. Heißt: Die Städtischen Wirtschaftsbetriebe SWH, zu deren Töchtern neben der Lausitzhalle unter anderem auch die Verkehrsgesellschaft VGH oder die Versorgungsbetriebe VBH gehören, werden am Jahresende einen deutlich höheren Betrag für den sogenannten Verlustausgleich aufbringen müssen. „Das wird aber in keiner Weise Einfluss auf Eintrittspreise oder Gebühren bei den Unternehmen der Gruppe haben“, versicherte gestern SWH-Chef Falk Brandt.

Was ist der Grund für das hohe Minus?
„Die Einnahmen entsprachen nicht dem, was wir uns vorgenommen hatten“, erklärte Sven Tietze. Heißt: Statt der für ein ausgeglichenes Ergebnis nötigen 30 000 bis 40 000 Besucher kamen nur 22 000 an den Partwitzer See. Als Gründe wurden unter anderem der späte Vorverkaufsstart oder das Juni-Hochwasser genannt. Vielen Leuten habe der Sinn deshalb wohl nicht unbedingt nach Konzerten gestanden. Man habe aber auch Unterstützung aus Brandenburg vermisst, hieß es. Allgemein gesprochen: Eine weit verbreitete Skepsis und ein Mangel an Fürsprechern habe es dem Festival ziemlich schwer gemacht.

Wie geht es jetzt weiter mit der Festival-Idee?
Ob es ein zweites Seenland-Festival geben wird, entscheidet sich am 30. Oktober. Bis dahin muss die Lausitzhalle ein neues Finanzierungs-, Marketing- und Sponsoringkonzept vorlegen. „Das ist die Voraussetzung für eine Fortsetzung“, sagte OB Skora. Das Festival müsse auf mehreren Finanzierungssäulen stehen. Nach Angaben von Sven Tietze gebe es schon Signale potenzieller Investoren. Details nannte er nicht, ließ aber durchblicken, dass es Interessenten aus der Gastro- und Veranstaltungsbranche seien. Nicht auszuschließen sei auch, die Marke „Seenland-Festival“ an einen Privatveranstalter zu verkaufen. Eile ist jedenfalls geboten, denn das Weihnachtsgeschäft im Ticketverkauf soll diesmal mitgenommen werden. Zu möglichen musikalischen Gästen wurde nichts gesagt, nur, dass man Ende August an Künstler herantreten werde beziehungsweise bereits Anfragen von Bands vorlägen. Der Aufsichtsrat der Lausitzhalle steht jedenfalls hinter der Festival-Idee – wenn das Konzept stimmt, hieß es. „Drei Tage Halli-Galli“, meinte Stefan Skora, „sind ein nicht zu unterschätzender wirtschaftlicher Faktor.“

Wie stehen die Chancen, dass sich ein nächstes Festival trägt?
Wenn denn die Suche nach weiteren Geldgebern gut ausgeht, vermutlich gar nicht so schlecht. Schnitzer technischer Art gab es in Partwitz wohl nicht, was sich wahrscheinlich positiv auf die Einschätzung der Besucher auswirken dürfte. Und: Einmalkosten wie solche für die Vermessung des Geländes, die Prüfung der Bodenfestigkeit, die Anmeldung der Rechte am Namen „Seenland-Festival“ oder die Verbesserung der Zufahrten fallen bei einem zweiten Festival nicht an. Es dürfte hierbei um ein paar hunderttausend Euro gehen. Genaue Zahlen wollte Sven Tietze nicht nennen.



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