Die Säge angesetzt


von Tageblatt-Redaktion

Mit der Mauerkettensäge bereitet Pierre Leider von der Gersdorfer Baufirma Hoffmann die Abdichtung gegen aufsteigende Feuchtigkeit vor.
Mit der Mauerkettensäge bereitet Pierre Leider von der Gersdorfer Baufirma Hoffmann die Abdichtung gegen aufsteigende Feuchtigkeit vor.

Von Constanze Knappe

Die Wand eines Hauses durchsägen. Das klingt spannend. In echt ist es noch viel spannender und erst recht eine aufregende Geschichte für die Kinder der CSB-Kindertagesstätte in Wittichenau. Seit zwei Wochen wird der Flachbau ihres Kindergartens saniert. Dabei müssen zum Beispiel die Wände durchgesägt und die Abdichtung des Mauerwerks gegen aufsteigende Feuchtigkeit erneuert werden. Der Nässeschutz hatte seit Langem nicht mehr so richtig funktioniert, was zu feuchten Wänden und unangenehmen Gerüchen in den Zimmern führte. Das in den 1930er-Jahren erbaute Gebäude war 1993 saniert worden. Dabei ging es vor allem um die Erneuerung von Fenstern, Elektrik und Heizung. Die Trockenlegung des Hauses blieb dabei außen vor, so Bauamtsleiter Stephen Rachel von der Stadtverwaltung. Das rächte sich jetzt. Da die größeren Kinder mit ihren Schlafmatten auf dem Boden liegen, bestand zunehmend Handlungsbedarf.

Ursprünglich sollte nur die eine Hälfte des Hauses geräumt und trockengelegt und danach gewechselt werden. Doch ist man bei einem Altbau eben nie vor Überraschungen sicher. Eine solche folgte in der Gestalt, dass die Heizungsrohre zu dicht an den Außenwänden verliefen und deshalb auch die Heizung komplett ausgebaut werden musste. Nach dem Umzug der Gruppen in ein Interimsquartier hatten am 29. Juni die Bauarbeiten begonnen. Mit dem Ende der Sommerferien muss die Kita wieder aus der Schule raus sein.

Der straffe Zeitplan zwingt die Gewerke, parallel zu arbeiten. Das aber sei gar nicht so einfach. Der Maler hat bereits alle alten Tapeten entfernt. Und die Unterhangdecken sind ebenfalls schon drin. Daran fehlt nur noch die Beplankung. „Wir haben uns entschlossen, bei der Gelegenheit gleich Schallschutz an der Decke im Flur anzubringen“, so der Bauamtsleiter. Wenn die Kinder zu verschiedenen Zeiten gebracht oder abgeholt werden, sei der Lärm im Flur gar nicht so auffällig. Wenn sich aber alle Kinder nahezu gleichzeitig anziehen, um in den Garten spielen zu gehen, dann bräuchten die Erzieherinnen schon beinahe Gehörschutz. Beim Reinkommen genauso. Der Schallschutz sei zwar ein großer Aufwand, aber eine erhebliche Verbesserung für die Erzieherinnen. Und für die Kinder ebenso, obwohl denen das nicht so bewusst ist. Türen werden erneuert und das Gebäude komplett renoviert.

Die Kosten für alles zusammen belaufen sich auf 220 000 Euro. Finanziert wird die Sanierung des Kita-Gebäudes aus den sogenannten Ausgleichsbeträgen. Seit den 1990er-Jahren sind erhebliche Fördergelder auch ins Stadtzentrum von Wittichenau geflossen, um damit Straßen und Gebäude zu sanieren und die Infrastruktur zu verbessern. 2016 läuft der Förderzeitraum aus. Bis dahin werden Ausgleichsbeträge fällig. Grundstückseigentümer müssen einen Ausgleich dafür zahlen, dass sich mit der Sanierung im Stadtkern der Wert ihrer Grundstücke erhöht hat. So fordert es das Baugesetzbuch. Für eine vorzeitige Ablöse konnte der Stadtrat einen Nachlass gewähren. Fast 90 Prozent der in Wittichenau betroffenen etwa 250 Eigentümer machten davon Gebrauch. Zum Nutzen der Stadt. Die darf das vorzeitig eingenommene Geld selbst verbauen und muss es nicht an den Bund abführen. 240 000 Euro gingen an Ausgleichsbeträgen ein.

Aus dem Rathaus wurde versprochen, das Geld für die Kita einzusetzen. Indirekt käme das fast allen zugute, selbst Älteren, wenn sie Enkel haben, erklärt Stephen Rachel. Ohne diese Finanzspritze hätte die Stadt die Sanierung vor sich her schieben müssen. So lange, bis ein geeignetes Förderprogramm zur Verfügung steht. Selbst dann wäre ein Drittel Eigenmittel nötig. Dieses Geld aufzubringen, wird nicht nur für eine Stadt wie Wittichenau immer schwerer. Das liegt auch daran, dass es für Baumaßnahmen in Kitas ständig neue Vorschriften gibt zum Beispiel für den Unfallschutz, den Brandschutz oder bezüglich der Arbeitsstättenverordnung. Das treibt die Baukosten in die Höhe.

2013 brachte die Stadt für 800 000 Euro aus einem Fördertopf zur Stadtsanierung das Vorderhaus der Kita in Ordnung. Für weitere 360 000 Euro wurde dann die Krippe erweitert. Jetzt ist für 220 000 Euro das Hinterhaus dran. „Weil die Baumaßnahmen scheibenweise erfolgen, ist den Eltern gar nicht bewusst, was das so alles kostet“, erklärt Stephen Rachel. Wenn man die Beträge summiert, kommt man auf weit über eine Million. So viel würde auch ein Neubau kosten.

Doch die Frage stellt sich nicht. Zum einen habe man für einen Neubau keinen geeigneten Standort, zum anderen befindet sich die Kita an der August-Bebel-Straße in unmittelbarer Nachbarschaft zu Grund- und Oberschule. Eltern wissen das zu schätzen, wenn sie ihre Sprösslinge abholen und dafür nur einen Weg brauchen. Außerdem erleichtert die räumliche Nähe die Zusammenarbeit der Einrichtungen. Was unter anderem dazu führte, dass die Oberschule für die Zeit der Sanierung eine ganze Etage für die Kita-Kids freiräumte.

Wenn der Flachbau fertig ist, wird er auf dem Level eines Neubaus sein, so Stephen Rachel. Dennoch können nicht alle Wünsche erfüllt werden. Die Außenverdunklung ist vorerst zurückgestellt. In den nächsten Wochen haben erst einmal die Bauarbeiter das Sagen – und die Kinder der Kita eine Menge zu gucken und zu staunen.



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