Zu Besuch im Hoyerswerdaer Gedächtnis


von Tageblatt-Redaktion

Martina Noack und Janita Lehmann laden am Sonntag ein, einen Blick ins Historische Archiv der Stadt Hoyerswerda zu werfen. Hier finden sich auch Bauakten von den Bahnanlagen.
Martina Noack und Janita Lehmann laden am Sonntag ein, einen Blick ins Historische Archiv der Stadt Hoyerswerda zu werfen. Hier finden sich auch Bauakten von den Bahnanlagen.

Man kennt das von Zuhause: Rechnungen, Verträge, Urkunden und Papiere wollen eine Zeit lang aufgehoben werden, sei es aus versicherungstechnischen oder möglichen Reklamationsgründen oder weil man sie einfach noch mal gebrauchen könnte oder aber, weil man eben gern Dinge aus seiner eigenen Geschichte aufhebt. Im Laufe der Jahre stößt man dann erfahrungsgemäß schnell an Ordnungs- und Kapazitätsgrenzen. Spätestens dann bekommt man eine Ahnung davon, vor welchen Herausforderungen die Archivare einer ganzen Stadt stehen. Beispielsweise Hoyerswerda.
In Hoyerswerda ist das Archiv geteilt. Janita Lehmann ist die Hüterin des Verwaltungsarchivs. Vor knapp acht Jahren hat die Stadtverwaltung das Archiv in der Dillinger Straße eingerichtet. Vier Etagen, zig Räume, 3,8 Kilometer laufender Aktenbestand. Platz ist bislang noch für 400 Meter.
Das klingt gefährlich nach baldigem Erweiterungszwang. Dem ist aber nicht so. Jedenfalls nicht so dringend. Denn das Verwaltungsarchiv heißt nicht umsonst auch Ablage. Soll heißen: Hier wird nichts ewig aufbewahrt. Janita Lehmann nennt Rechnungen, Personalakten, Akten von Ämtern, die seit der Kreisreform nicht mehr bei der Stadt angesiedelt sind, wie das Veterinäramt, und natürlich Bauakten. Bis ein Bauvorgang abgeschlossen ist, bleiben diese Akten bei der Bauverwaltung. Erst dann kommen sie ins Verwaltungsarchiv. Die ältesten Aktenbestände hier sind Bauunterlagen aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Ansonsten beginnt der Aktenbestand im Wesentlichen erst nach der Wende.
All das wird bei etwa 60 Prozent Luftfeuchtigkeit und um die 20 Grad Celsius aufbewahrt, Daten die per Thermo- und Hygrometer überwacht werden.
Und – man ahnt es: Für jede Art von Akte gibt es verschiedene Aufbewahrungsfristen, alles jeweils durch Gesetze und Vorschriften geregelt. „Gesetzliche Fristen sind das A und O“, betont Janita Lehmann. Klassenbücher müssen beispielsweise zehn Jahre aufgehoben werden, Zeugnisse hingegen 50 Jahre. Irgendwann ist also die Zeit für jede Akte gekommen, wo man entscheiden muss: Reißwolf oder Historisches Archiv.
Letzteres ist das Reich von Martina Noack. Da, wo sich vor vielen Jahrzehnten die Hausmeisterwohnung und später das Wilhelm-Pieck-Zimmer des Museums befand, wurde das Stadtarchiv eingerichtet. Es gehört heute noch unmittelbar zur Stadtverwaltung Hoyerswerda und wurde nicht mit dem Museum an die Zoo, Kultur und Bildung GmbH ausgegliedert. Im Gegensatz zum Verwaltungsarchiv, das für die Allgemeinheit nicht zugänglich ist, kann man in den Unterlagen des Historischen Archivs forschen. Vereine, Ortschronisten, Stammbaumforscher und Journalisten machen davon beispielsweise Gebrauch. Natürlich gegen Gebühr. Kopien kosten extra. Rund 300 laufende Meter Akten lagern hier, Platz ist noch für 200. Das älteste Papier im Archivbestand ist das Testament von Kaufmann Stephan Mischkan aus dem Jahre 1617, der der Stadt eine Stiftung hinterließ. Dann kommen ein paar Unterlagen aus dem 18. Jahrhundert und dem 19. Jahrhundert. Besser wird die Lage im 20. Jahrhundert. Immerhin ist das Stadtarchiv erst 70 Jahre alt. Die Gesellschaft für Heimatkunde gründete es zusammen mit der Stadt Hoyerswerda 1942, also zehn Jahre nach der Museumsgründung. Viele ganz alte Unterlagen sind bei einem der zahlreichen Brände im Rathaus und der Stadt vernichtet worden. Anderes lagert in Archiven in Bautzen, Kamenz, Liegnitz, Dresden. Und nicht immer waren die Lagerbedingungen in der Vergangenheit so optimal wie sie es heute sind.
Für das Foto öffnet Martina Noack einen beliebigen Karton. Der Aktendeckel hat einen alten Wasserschaden und eingerissen ist die Zeichnung vom ersten Hoyerswerdaer Lokschuppen auch noch. „Das nehme ich dann gleich mit und repariere es“, sagt Martina Noack. Auch das gehört zur Arbeit der beiden Archivare dazu. Und in einer Ecke der Lesestube im Archiv stehen einige Kisten mit Fotos. „Die müssen noch katalogisiert werden“, weiß Martina Noack. Am Sonntag beim Tag der offenen Tür kann sich jedermann von der Arbeit in so einem Archiv überzeugen. Vielleicht bringt der eine oder andere Besucher ja auch neues Archivgut mit. „Das müssen keine Unterlagen von vor 1945 sein“, sagt Martina Noack. Auch neuere Papiere sind von Interesse. Bevor man so etwas wegwirft, sollte man es wenigstens dem Archiv anbieten. Denn weggeworfen ist schnell.

Tag der offenen Tür im Historischen Archiv
Wann:
Sonntag, 14. Oktober, 14-18 Uhr
Wo: Schloss Hoyerswerda, sowohl im Saal als auch in den Archivräumen selbst
Was wird geboten: Es gibt eine Festansprache des Oberbürgermeisters und der Gesellschaft für Heimatkunde. Kaffee und Kuchen können gekauft werden. Und natürlich kann man einen Blick ins Archiv werfen. Ausgewählte Dokumente werden ausgestellt, darunter auch das Mischkan-Testament.
Normale Öffnungszeiten: Di: 10-12/14-16 Uhr; Do: 10-12/14-18 Uhr, alle anderen Werktage nach vorheriger Absprache
Kontakt: Telefon 457933 (Historisches Archiv); E-Mail: martina.noack@hoyerswerda-stadt.de und janita.lehmann@hoyerswerda-stadt.de



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