Witschas: Distanz zur NPD fehlte


von Tageblatt-Redaktion

Witschas: Distanz zur NPD fehlte
Foto: Gernot Menzel

Für ziemlichen politischen Wirbel sorgt der Litschener Kommunalpolitiker Udo Witschas (CDU), der lange Lohsas Bürgermeister war und jetzt als Beigeordneter im Landratsamt Bautzen stellvertretender Landrat ist.

Die Sächsische Zeitung berichtet, Witschas habe sich nicht nur fast drei Stunden mit dem (inzwischen wohl ehemaligen) Bautzener NPD-Kreischef Marco Wruck getroffen, um mit ihm über einen kleinkriminellen Asylbewerber zu sprechen, sondern sich auch per Mobilfunk-Chat intensiv mit Wruck dazu ausgetauscht.

Das Hoyerswerdaer Tageblatt wollte heute früh vom Landratsamt folgende zwei Dinge wissen: 1. Mit welchem Ziel stimmt sich das Landratsamt zu Fragen, die einen kleinkriminellen Asylbewerber betreffen, mit dem Kreisvorsitzenden einer als verfassungswidrig eingestuften Partei ab und wie ist dabei die Einhaltung des Schutzes persönlicher Daten des betreffenden Asylbewerbers gesichert worden? 2. Ist es aus Ihrer Sicht fair, zu sagen, dass es im Interesse des Landratsamtes liegt, dass Vertreter einer als verfassungswidrig eingestuften Partei Einfluss auf behörliche Vorgänge im Landratsamt nehmen?

Das Landratsamt antwortet: 1. Das Landratsamt hat sich in keinerlei Fragen mit dem NPD- Vorsitzenden abgestimmt. Es gab allerdings ein Gespräch mit Marco Wruck sowie eine Kommunikation über Facebook-Messenger. Auch darin wurden keine persönlichen Daten des betreffenden Asylbewerbers besprochen. 2. Es haben zu keiner Zeit und in keiner Weise NPD-Vertreter Einfluss auf behördliche Vorgänge und insbesondere Entscheidungen genommen. Es liegt auch nicht in unserem Interesse.

Udo Witschas selbst schickte folgende Stellungnahme, die wir hier komplett veröffentlichen:

„Mir ist bekannt, dass verschiedenen Medien private Chatprotokolle zwischen mir und Marco Wruck zugespielt wurden. Dies war nach meiner klaren Positionierung, dass es keine Verhandlungen mit der NPD gab, auch zu erwarten.

Ich kann verstehen, dass der Ton, in dem die Unterhaltung über Facebook geführt wurde, als verstörend angesehen wird. Ich hatte diesen Ton bewusst gewählt, um über Marco Wruck die Eskalation einer angespannten Situation zu verhindern. Im Rückblick sage ich: „Der Zweck heiligt nicht die Mittel, die notwendige Distanz habe ich an einigen Stellen nicht gezeigt, einige Formulierungen würde ich so nicht wieder treffen.“ Anders als derzeit dargestellt, habe ich jedoch zu keiner Zeit Verwaltungsentscheidungen mit Herrn Wruck vorberaten oder abgestimmt, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht entschieden oder einem breiteren Personenkreis bzw. der Öffentlichkeit bekannt waren.

Die einem Medienkreis zugespielten Screenshots meiner Unterhaltung mit Marco Wruck sind im Wortlaut echt, jedoch nicht vollständig.

So habe ich zunächst nicht mit Marco Wruck persönlich kommuniziert, sondern mit seiner Lebensgefährtin. Diese hatte einzelne Beiträge auf meinem privaten Facebook-Profil „geliked“, weshalb ich lediglich eine Bürgerin in meine öffentliche Freundesliste meines Facebook-Profils aufnehmen wollte. Zum Zeitpunkt war mir die Verbindung zu Wruck nicht bekannt. Der Vorwurf, ich wäre aktiv auf die NPD zugegangen, trifft daher nicht zu. Der Umstand, dass es sich um die Lebensgefährtin handelte, wurde nach der Bestätigung meiner Freundschaftsanfrage bekannt. Ich war zu diesem Zeitpunkt froh, einen Kommunikationskanal zu Wruck gefunden zu haben und habe daher weiter kommuniziert. Das Interesse an einem Gespräch – das zeigen jene Nachrichtenteile, die den Medien nicht zugespielt wurden – wurde von der Lebensgefährtin geäußert. Hier habe ich meine Zusage gegeben.

„Ich hoffe das Sie sich tatsächlich mit Marco zusammen setzen…“ (Zitat Lebensgefährtin 6. August)
„Er würde sicher jederzeit mit Ihnen sprechen…“ (Zitat Lebensgefährtin 6. August)
„Gern können Sie auch mir einen Terminvorschlag schicken. Ich gebe diesen dann weiter.“ (Zitat Lebensgefährtin, 6. August)
„Erstmal Danke für die Gesprächsbereitschaft. Ich würde mich freuen, wenn wir zeitnah einen Termin finden könnten.“ (Zitat Marco Wruck, 6. August)

Klarstellen will ich auch, dass ich mit Marco Wruck nicht über die Zukunft des Spreehotels oder anderer Institutionen verhandelt habe. Dazu gab und gibt es keinen Anlass. Die Entscheidung unseres Ausländeramtes, das Quartiersmanagement an das Spreehotel zu vergeben, zeigt deutlich, dass es keinerlei Absprachen und Verhandlungen mit Marco Wruck gab. In meinem Gespräch wie auch in den Chat-Nachrichten habe ich jedoch zur Klarstellung darüber aufgeklärt, welche Partner bei dem Projekt „Integrationszentrum“ welche Rolle spielen. Dabei habe ich auch verdeutlicht, dass der Landkreis kein solches Zentrum finanziert, sondern wir allein für den Part des Quartiersmanagements zuständig sind.

Der Vorwurf, ich hätte die Verhängung des Aufenthaltsverbotes gegen einen Asylbewerber, vor der Entscheidung selbst bzw. der Bekanntgabe der Entscheidung gegenüber Herrn Wruck kommuniziert, trifft ebenfalls nicht zu. Die Entscheidung der Stadt Bautzen fiel nach meiner Kenntnis bereits am Mittwoch und wurde am Donnerstag zugestellt sowie einem breiteren Personenkreis bekannt gegeben. Auch die entsprechende Pressemitteilung der Stadt Bautzen war zu dem Zeitpunkt meiner Information an Herrn Wruck bereits fertiggestellt und wurde auch auf der Website der Stadt veröffentlicht bzw. an die Medien versendet.

Ich muss betonen, dass ich jegliche Kommunikation mit Marco Wruck, ob öffentlich oder nichtöffentlich, stets mit dem Ziel geführt habe, in meiner Funktion als Erster Beigeordneter zu einer Deeskalation der Lage beizutragen. Ich habe auch aufgrund der im Chat gefallenen Äußerungen von Wruck, im festen Glauben gehandelt, eine Gefährdung für Asylbewerber und andere Personen in Bautzen zu verhindern.

„Eine rechte Gruppierung schrieb mir ganz deutlich: Richte aus, dass das Fass kurz vorm Überlaufen ist. Es wäre das beste für Abode, wenn er weit weit weg wäre.“ (Zitat Wruck 8. August) - Hinweis: die Verlegung wurde bereits eine Woche zuvor angeordnet.

Im Nachgang muss ich feststellen, dass ich die Stellung von Marco Wruck in der rechten Szene und damit seinen Einfluss auf eine Deeskalation vielleicht überschätzt habe. Dies zeigen unter anderem die aktuellen Querelen innerhalb der NPD und der Rauswurf von Marco Wruck aus der Partei. Die Entscheidung zur Kommunikation mit Marco Wruck würde ich daher im Rückblick nicht mehr für sinnvoll erachten. Auch wenn der Chatverlauf anders gelesen werden kann: Hier ging es nicht um persönliche Sympathie oder inhaltliche Zustimmung zur NPD und dem Wirken von Marco Wruck. Das gedankliche Fundament der NPD lehne ich entschieden ab.“ (red)



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