Wir leben von der Substanz


von Tageblatt-Redaktion

Gastwirt Burgfried Tannenhauer (li.) und Falk Nowotnick, Betreiber des Campingparks Silbersee und des „Strandbistro“, hoffen jetzt auf einen fairen Ausgleich.
Gastwirt Burgfried Tannenhauer (li.) und Falk Nowotnick, Betreiber des Campingparks Silbersee und des „Strandbistro“, hoffen jetzt auf einen fairen Ausgleich.

Von Andreas Kirschke

Burgfried Tannenhauer (58) braucht einen langen Atem. „Wir sind jetzt im vierten Jahr der Sanierung am Silbersee. Gesagt wurde uns zuerst, dass es zwei Jahre dauert“, sagt der Gastwirt nachdenklich. Seit 23 Jahren betreibt er die „Waldschenke“. Ehefrau Ines (46) steht ihm zur Seite. Sehr ruhig geht es von Januar bis März zu. „Normalerweise zehren wir dann von den Reserven des Sommers. Doch seit der Sperrung des Sees wird es immer schwieriger. Wir leben von der Substanz“, meint der Gastwirt. Nur dank Geburtstagen, Betriebsfeiern, Familienfeiern, Übernachtungen und Themenabenden wie Räuberfesten, Scheichfesten und Ossi-Festen können die Eheleute noch geschäftlich überleben.

Sie kochen und bedienen in der Waldschenke selbst. Sie reparieren selbst. Sie reinigen selbst. Sie wohnen im Eigentum - mietfrei. All dies spart Kosten. „Wir nutzen auch Energiesparlampen. Wir heizen mit Holz. Die Eismaschine und die Durchlauf-Kühler für die Kühlschränke im Gastraum bleiben aus“, sagt Burgfried Tannenhauer. „Wie sollen wir den Strom bezahlen, wenn wir keine Einnahmen haben?“

Wie ihn trifft es auch Falk Nowotnick hart. Seit 2010 betreibt der 44-Jährige den Campingpark Silbersee. Seit 1995 bereits gehört ihm die Gaststätte „Strandbistro“. „Jährlich fehlen uns seit der Sperrung rund 100 000 Euro Einnahmen. Voriges Jahr gab es auch so gut wie keine Einnahmen auf dem Parkplatz für die Kurzzeit-Camper“, sagt der gebürtige Lohsaer. Insgesamt 80 Plätze für Kurzzeit-Camper und 160 Plätze für Dauercamper verpachtet er. Doch nur 140 Plätze für Dauercamper sind belegt. Damit die Dauercamper bleiben, gibt ihnen Falk Nowotnick zehn Prozent Rabatt. Auf rund 7 000 Euro verzichtet er damit im Jahr.

Drastische Einschnitte spürt er auch im Bistro. In besten Zeiten beschäftigte er früher eine Festangestellte und fünf Saisonkräfte. Heute arbeitet die Festangestellte halbtags. Nur noch eine Saisonkraft ist nötig. „Zurzeit bin ich Platzwart, Campingplatz-Betreiber, Bistro-Betreiber und Rezeptions-Inhaber in einem“, sagt Falk Nowotnick und fügt hinzu: „Wir müssen leider anstehende Investitionen vorerst zurückstellen.“ Im Bistro wollte er auf ein modernes Kassensystem umstellen. Die Fassade sollte saniert werden. Für den Campingplatz muss die Kläranlage auf vollbiologische Reinigung umgerüstet werden. „Das kostet rund 50 000 Euro. Die Zeit bis zum gesetzlich vorgeschriebenen Termin Ende 2015 wird knapp“, meint Falk Nowotnick.

„Auf dem Campingplatz wollten wir bei den Sanitäranlagen auf Barrierefreiheit umrüsten. Das ist wichtig für die Klassifizierung.“ Doch all das muss warten, denn derzeit fehlen nötige Einnahmen. Allein bei den Tagescampern ging der Umsatz seit 2010 um zwei Drittel zurück. „Viele Camper, die über Jahre längerfristig zu uns kommen, bleiben jetzt nur noch verkürzt – entweder für einen Tag oder für ein Wochenende. Doch schon dafür sind wir dankbar,“ sagt der Campingplatz-Betreiber. „Es fehlen die kontinuierlichen, regelmäßigen, zuverlässigen Einnahmen.“

Am 13. Januar erfuhr Falk Nowotnick von der Öffnung des Südstrandes im Sommer. Von Juli bis Ende September will die LMBV den Friedersdorfer Strand am Silbersee auf rund 400 Meter Länge für den Badebetrieb freigeben. „In Richtung See soll mit einer Bojenkette die Nutzung eingeschränkt werden“, sagt LMBV-Pressesprecher Dr. Uwe Steinhuber. „Die Prüfung über die Nutzung von Booten erfolgt in Abstimmung mit dem Sächsischen Oberbergamt und ist noch nicht abgeschlossen. Eine separate Bootsanlegestelle wird es im Strandbereich nicht geben.“ Angler indes müssen sich noch gedulden. Erst nach fertiger Sanierung des Abschnitts „T“ am Mühlweg dürfen sie dort ans Ufer. Das ist ab der Saison 2015 geplant. Die Gesamtsanierung, so Uwe Steinhuber weiter, kommt voran.

Die Verdichtung mit Großgeräten an der Bahntrasse soll voraussichtlich im Juni abgeschlossen sein. Ab Herbst folgen erdbautechnische Leistungen zur Vorbereitung der Übergabe der Trasse an die Deutsche Bahn. Arbeiten zur Uferprofilierung und Endgestaltungen folgen bis zum ersten Quartal 2016. Ziel ist es, zur Saison 2016 Teilabschnitte des Sees wie den Bereich „T“ (Mühlweg) und „O“ (Einlaufbereich, LTV-Fläche) wieder freizugeben. „Ende 2016 soll über das Winterhalbjahr die Sicherung des Friedersdorfer Strandes abgeschlossen werden, so dass ab 2017 dieser Uferbereich zur vollen Nutzung zur Verfügung stehen wird“, so Uwe Steinhuber. „Die weiteren Uferabschnitte (Nord, West sowie Innenkippe und Restloch Mortka) sind im Planungsstadium und terminlich für eine Sanierung noch nicht eingeordnet.“

Seit Jahren kämpfen Betroffene wie Burgfried Tannenhauer und Falk Nowotnick um Entschädigung. „Entschädigungen“, so der LBMV-Pressesprecher, „sind laut Polizeirecht nur für direkt Betroffene (also innerhalb des Sperrbereiches) möglich. Hier gibt es für die LMBV als beauftragte Projektträgerin keinen Ermessensspielraum.“ Für die Betroffenen reicht die Antwort nicht aus. Sie wollen eine faire Entschädigung erreichen. „Denn wir alle leben vom Silbersee und seinen Gästen“, unterstreicht Burgfried Tannenhauer.

„Ein fairer Ausgleich wäre zumindest eine Beteiligung der LMBV an unseren Betriebs- und Unterhaltungskosten. Wir brauchen die klare Zusage, dass es nach der Sanierung am See auch zu einer Verbesserung des Strandbereichs und der Infrastruktur kommt, sodass wir langfristig einen Ausgleich durch mehr Gäste erreichen können.“ Am Donnerstag ist ein Vor-Ort-Termin der Betroffenen mit Vertretern der LMBV, des Sächsischen Oberbergamtes und Bürgermeister Udo Witschas geplant.

 



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