Wenn es ohne Notarzt gehen muss


von Tageblatt-Redaktion

Bei Verkehrsunfällen sind Notärzte zwingend vorgeschrieben.
Bei Verkehrsunfällen sind Notärzte zwingend vorgeschrieben.

Es war vor ein paar Tagen: Eine Hausärztin war bei einem Patienten und hielt eine Einweisung ins Krankenhaus für erforderlich. Der bei der Leitstelle Hoyerswerda angeforderte Notarzt kam nicht mit. Es war schlicht keiner vorhanden. In den letzten Wochen hörten Rettungskräfte aus der Leitstelle per Funk immer wieder den Satz: „Das müsst Ihr leider selber erledigen. Wir haben keinen Notarzt.“ Gut zehn Prozent aller Dienste im Bereich der Rettungswache Hoyerswerda sind dem Vernehmen nach derzeit nicht abgedeckt.
Zu tun hat das Ganze mit einer Strukturveränderung. Bis Dezember koordinierte ein Hoyerswerdaer Mediziner die Notarzt-Einsätze. Er besorgte im Zweifel auch schon einmal Kollegen aus Bayern, um den Dienstplan abzusichern. Denn Notarzt-Einsätze sind quasi freiwillig. In der Regel werden sie von niedergelassenen- oder Klinikmedizinern nebenher erledigt. Und das ist Teil des Problems. „Es gibt eine steigende Arbeitsverdichtung in den Krankenhäusern beziehungsweise volle Arztpraxen“, sagt Markus Cording. Er leitet die Arbeitsgemeinschaft Notärztliche Versorgung in Sachsen (Arge Näv), die sich seit Januar um Hoyerswerda kümmert.
Doch während der bisherige Koordinator nur die Lücken hier vor Ort zu stopfen hatte, sind es bei der Arge Näv Löcher im gesamten Freistaat. Mediziner berichten, dass es Gegenden in Sachsen gibt, in denen von 30 Notarzt-Diensten lediglich zwei abgesichert sind. Logisch: Wenn Ärzte schon die Tagesarbeit nicht schaffen, laden sie sich nicht auch noch Zusatzbelastungen auf. Im Bereich Hoyerswerda sind im Schnitt pro Tag zehn Notarzt-Einsätze zu fahren. Und die Löcher entstehen nun genau dann, wenn die Praxen voll sind und im Klinikum das Tagesgeschäft läuft, nämlich an den Vormittagen der Werktage. In der Sächsischen Landesrettungsdienstplanverordnung gibt es einen Katalog, der genau regelt, bei welchen Symptomen ein Notarzt hinzuzuziehen ist. Ist in Hoyerswerda keiner vor Ort oder gerade im Einsatz, bleiben immer noch die ADAC-Notarzthubschrauber aus Bautzen und Senftenberg. Nur: Mitunter ist kein Flugwetter. Oder aber die Helikopter sind anderweitig unterwegs. Zwar sind die Hoyerswerdaer Rettungsassistenten allgemein überdurchschnittlich gut ausgebildet. Aber etwa Schmerzmittel spritzen oder einen Tubus legen dürfen sie nicht. „Bei einem Beinbruch geht es auch ohne Notarzt, bei einem Herzinfarkt dagegen nicht“, gibt ein Insider ein Beispiel. Im geschilderten Fall der Hausärztin endete es damit, dass sich die Medizinerin selbst mit ins Krankenauto setzte, um ihren Patienten ins Klinikum zu begleiten. Dort ist man übrigens gerade erst wieder in die Notarzt-Versorgung eingestiegen. „Das Lausitzer Seenland Klinikum übernimmt seit dem 1. Januar mit einem festen Tag in der Woche den Notarztdienst der Region“, so Krankenhaussprecherin Stefan Jürß.
Bei der Arge Näv hofft man, dass aus den neun Montags-Stunden bald drei Tage werden. Doch als Notarzt braucht man eine spezielle Qualifikation. „Das Klinikum lässt ausbilden. Aber das dauert seine Zeit“, sagt einer, der mit der Materie befasst ist. Es seien zum Beispiel Praxisstunden nachzuweisen. Der Mann wüsste übrigens, wie Entlastung zu schaffen wäre: Nachbarwachen könnten einander aushelfen. Warum soll nicht bei einem Engpass ein Notarzt aus Bautzen nach Hoyerswerda fahren oder einer von hier nach Spremberg? „Das ist aber eine politische Frage“, so der Mann.



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