Was macht die Bibel auf dem Schulhof?


von Tageblatt-Redaktion

Diese kleinen Gideon-Bibeln wurden auch schon an Schüler des Foucault-Gymnasiums verteilt.
Diese kleinen Gideon-Bibeln wurden auch schon an Schüler des Foucault-Gymnasiums verteilt.

Als Renate Schmidt aus Knappenrode vor einigen Tagen davon las, dass die Lausitzer Gruppe des Gideonbundes auf Schulhöfen in Hoyerswerda das Neue Testament verteilt, ärgerte sie sich. „In der BRD existiert die Trennung von Kirche und Staat. Wie kommt also eine Glaubensgemeinschaft dazu, auf Schulhöfen, also staatlichem Gebiet, Bibeln zu verteilen?“, fragte sich die Knappenroderin, die lange für die Linke im Stadtrat saß.
Ein Sprecher der Gideons, die sich selbst als „berufsorientierte Vereinigung von evangelischen Geschäftsleuten“ bezeichnen, bezieht sich auf ein Schreiben des sächsischen Kultusministeriums aus dem Jahr 2000, das solche Missionierungs-Aktionen ausdrücklich erlaubt. Allerdings gelte die Regel, dass jede Schule selbst zu entscheiden habe. Schulleiter Uwe Blazejczyk vom Léon-Foucault-Gymnasium verweist in diesem Zusammenhang auf § 1 des Sächsischen Schulgesetzes. Er schreibt nämlich unter anderem auch fest, dass die Bildung im Land „insbesondere anknüpfend an die christliche Tradition im europäischen Kulturkreis“ Werte vermitteln soll.
Die Gideons, die nicht erst seit diesem Jahr auch auf Hoyerswerdaer Schulhöfen aktiv sind, heben interessanterweise nicht vordergründig auf Religion ab. Sie erklären die Bibel in diesem Zusammenhang kurzerhand zu einem „wertvollen Kulturgut“. Auch der Superintendent des evangelischen Kirchenkreises Hoyerswerda Heinrich Koch, der die Bibel-Verteilung unterstützt, knüpft an dieses Argument an. Man könne, sagt er, die hiesige Kultur ohne Bibel nicht verstehen. Zudem sei die Trennung von Staat und Kirche zwar richtig. Das heißt nach seinem Verständnis aber: Der Staat dürfe nicht über Glaubens- oder Gewissensfragen entscheiden und die Kirche sich nicht staatlicher Gewalt bedienen.
Jedoch: „Die Trennung von Staat und Kirche besagt nicht, dass der Staat sich faktisch zum Atheismus bekennen soll. Wir haben keine atheistische Staatsideologie mehr. Wir haben auch keinen laizistischen Staat wie in Frankreich, der seinen Bürgern verbietet, im öffentlichen Leben ihren Glauben zu zeigen“, so Koch. Der Pfarrer sagt, das Grundgesetz habe solch eine Trennung nicht gewollt. Es gehe nicht nur von einer freien und öffentlichen Religionsausübung, sondern auch von einer Kooperation zwischen Staat und Kirche aus. Der Staat solle die Religionsgemeinschaften sogar fördern.
Die Schule wiederum, greift Koch das „Kulturgut“-Argument der Gideons auf, sei ein Ort der Wertevermittlung. „Werte sind aber nicht ohne Sinnstiftung zu haben. Solcher Sinn kann nicht allein durch Logik gefunden werden, sondern bedarf immer eines Sprunges in ein Vertrauen, also in Glauben“, findet der Superintendent. Er meint, es sei ein Irrtum der Vergangenheit, Staatsideologie für eine sich jedem vernünftigen Menschen logisch erschließende Weltsicht zu halten. Wenn das Gebot der weltanschaulichen Neutralität des Staates tatsächlich neutrale Erziehung bedeuten würde, müsste man auf Wertevermittlung ganz verzichten. Für den Kirchenmann jedenfalls wäre es, anders als für Renate Schmidt, merkwürdig, würden Schulleiter das Bibel-Verteilen verbieten.



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Kommentare zum Artikel:

Hartmann, Birgitt schrieb am

Sehr geehrte Damen und Herren,

mich als Christ hat dieser Artikel, dazu noch als Schlagzeile unseres Tagesblattes sehr betrübt. Sozialistische und nichtchristliche Werte haben uns in denletzten Jahren nun wahrlich nicht weitrgebracht.
Jemand der die Bibel liest und lebt, also an Jesus Christus als Erretter glaubt, wird ein angenehmer Mitmensch ohne Drogen, Gewalt usw. sein.
Das würde doch unseren Schulen wahrlich gut tun, oder?
Mit freundlichen Grüßen
Hartmann

Ernst Burschik schrieb am

Werte Frau Hartmann,
die christlichen Werte die in der Bundesrepublik von Beginn an Vorrang hatten, haben auch nicht vermocht die Menschen vor Arbeitslosigkeit, und Sorge um das Täglich Brot, zu schützen.Hier in unserer Region hat ja die Stimme der Religion im öffentlich rechtlichen Rundfunk eine Sonderstellung , wie die Religionen überhaupt. Nur geholfen hat das, in den letzten 20 Jahren, vielen, vielen Menschen, nicht.
Ich respetiere Menschen die ihren Glauben erhrlich leben, erwarte dafür das sie Menschen mit anderer Sichtweise auf unsere Welt, ebenso respektieren.
"Jemand der die Bibel liest und lebt, also an Jesus Christus als Erretter glaubt, wird ein angenehmer Mitmensch ohne Drogen, Gewalt usw. sein."
Diese ,ihre, Worte entsprechen kaum dieser Erwartung.
Auch Menschen ,die nicht Mitglieder von Religionsgemeinschaften sind, können "... ein angenehmer Mitmensch ohne Drogen, Gewalt usw. sein."
MfG
Ernst Burschik

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