Warum Lautas Müllofen nicht zu groß ist


von Tageblatt-Redaktion

Seit Juni 2004 wird in Lauta Müll verbrannt.
Seit Juni 2004 wird in Lauta Müll verbrannt.

Als es vor 17 Jahren um den Bau einer Müllverbrennungsanlage in Lauta ging, ließ sich die Kamenzer Landrätin Andrea Fischer (CDU) in ihrer Eigenschaft als Chefin des Regionalen Abfallverbandes Oberlausitz-Niederschlesien (Ravon) mit den Worten zitieren, auf keinen Fall solle eine zu große Anlage gebaut werden. Heute, da der Ravon nicht mehr in der Lage ist, die den Betreibern des Müllofens vertraglich zugesicherten 110 000 Tonnen Müll im Jahr zu liefern, sagt sie dazu gar nichts mehr. Das sei alles viel zu lange her, lässt die heutige Staatssekretärin im Sächsischen Sozialministerium dessen Sprecher ausrichten.
Ravon-Geschäftsführer Ulrich Heine hingegen fand bereits damals: „Ich werde mich daran, was ich hier mache, auch noch Jahre später messen lassen müssen.“ Und so räumt er im TAGEBLATT-Gespräch nun ein, mit dem Wissen von heute würden im Vertrag mit Veag und Steag (heute Vattenfall und Evonik) sicher andere Liefermengen stehen. Schließlich muss der Ravon finanziell ausgleichen, was er nicht liefern kann und viele fürchten darob ein Ansteigen der Müllgebühren. Jedoch sagt Ulrich Heine auch: „So sehr viel würde ich gar nicht anders machen.“
Es gibt bei der Müllverbrennung ein paar Dinge, die sind eben so, wie sie sind. Dazu gehört: Die Kosten für die Verwertung einer Tonne Abfall sind umso höher, je kleiner der Müllofen ist. Jener in Lauta ist also nicht unbedingt zu groß, zumal Vattenfall und Evonik im Geschäftsbericht eine gute Auslastung vermelden. Auf dem freien Markt gibt es ausreichend Müll. Nur gilt markttechnisch die Regel: Wovon genug da ist, das ist billig. Betreiber brauchen also einen gewissen Grundumsatz mit langfristig gleichbleibenden Erlösen. „Je mehr ein Betreiber auf dem kommunalen Markt verdient, desto eher kann er den Preiskampf auf dem freien Markt führen“, räumt Ulrich Heine ein. Bloß: Wie konnte der Ravon im am 11. August 1997 geschlossenen Vertrag die besagten 110 000 Tonnen zusichern?
Die Antwort: Zum Zeitpunkt der Ausschreibung hatte der Verband jährlich 240 000 Tonnen zu entsorgen und eine von einem Ingenieurbüro erstellte Prognose schätze einen Rückgang auf 160 000 Tonnen. Nach längerer Diskussion wurde diese Zahl damals noch nach unten korrigiert. Allerdings stand die Frage auch im Lichte der damaligen Preise. „Wir hatten sechs Angebote“, erinnert sich Ulrich Heine an die Ausschreibung für die Müllverbrennung.
Alle sechs Angebote seien für den Ravon mit Kosten von ungefähr 200 Mark je Tonne Abfall verbunden gewesen. „Nur: Zu diesem Zeitpunkt kostete Müllverwertung in Deutschland im Durchschnitt 400 bis 500 Mark je Tonne – egal durch wen“, so der Ravon-Chef. Die Erklärung für diese Differenz: Weil schon länger keine neuen Anlagen mehr gebaut worden waren, waren die Preise dafür im Keller. Heißt also: In Lauta sollte es sogar vergleichsweise preiswert werden.
Nun läuft der Betreibervertrag mit Vattenfall und Evonik noch gut 16 Jahre. Der Ravon kann schon im Moment lediglich noch 80 000 Tonnen liefern. Und sicher auch im Hinblick darauf, dass die Anlage in Lauta jährlich im Schnitt zwei Millionen Euro Gewinn macht, denkt Bautzens Landrat Michael Harig (CDU) als Nachfolger von Andrea Fischer im Ravon-Verbandsvorsitz darüber nach, ob nicht der Ravon künftig selbst Betreiber in Lauta werden soll. Die Erlöse dürften helfen, die Müllgebühren nicht steigen zu lassen. Das Problem ist der besagte Grundumsatz zu langfristig sicheren Preisen. „Es wird nur mit weiterem kommunalen Müll gehen“, sagt Ulrich Heine und blickt zum Beispiel darauf, dass der Abfall aus dem oberen Elbtal derzeit in Sachsen-Anhalt entsorgt wird. Wenn nicht weitere Abfallverbände helfen, Lauta mit öffentlichem Müll zu füttern, würden bei weiter sinkenden Müllpreisen die Fixkosten in Lauta zu hoch.
Zumal der Müllofen nach sehr hohen Umweltstandards arbeitet, was natürlich Kosten verursacht. Hier liegt übrigens der größte Ärger für den Ravon-Chef. Ulrich Heine moniert, dass es erlaubt ist, Abfall zum Beispiel auch in ganz normalen, weit weniger „sauberen“ Kraftwerken einfach mit zu verbrennen. „Die haben natürlich bei weitem nicht unseren Preisdruck“, sagt der Ravon-Geschäftsführer, der mit Lauta im Großen und Ganzen eigentlich recht zufrieden ist.
Die Anlage arbeite zuverlässig, was die gesetzlich geforderte Entsorgungssicherheit garantiere. Auch die einst vereinbarten Preise hielten. Nicht einmal das Betreibermodell ist aus Ravon-Sicht kritisch. Bei den Planungen wurde natürlich auch überlegt, den Müllofen selbst zu bauen und zu betreiben. Nur fragten die Wirtschaftsprüfer von der Wibera, ob der Ravon denn das Wissen dazu habe. Da war die Sache schnell erledigt. Inzwischen arbeitet die Anlage acht Jahre und ihre Beschäftigten sind firm. Ulrich Heine hat ihnen schon gesagt, dass man im Falle einer Übernahme natürlich auf sie angewiesen sei.



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