Warum Kamera-Autos unsere Straßen abfahren


von Tageblatt-Redaktion

Andreas Mock von der Firma GeoNet Solution GmbH sitzt am Steuer seines Kamera-Autos vor dem Lohsaer Rathaus.
Andreas Mock von der Firma GeoNet Solution GmbH sitzt am Steuer seines Kamera-Autos vor dem Lohsaer Rathaus.

Andreas Mock kennt jede Straße von Spreetal und Lohsa, jeden kommunalen Parkplatz und jeden Radweg. Er ist alles mindestens einmal abgefahren. Rein dienstlich. Der Mitarbeiter der Firma GeoNet Solution GmbH aus Leipzig erfasst für die beiden Gemeinden mit einem speziellen Kamera-Auto das kommunale Straßennetz. In Hoyerswerda sind Kollegen der Firma Lehman & Partner GmbH aus Erfurt unterwegs. Die Firmen haben derzeit in Sachsen reichlich zu tun.

Warum werden die Straßen fotografiert?
Alle sächsischen Kommunen müssen ab dem 1. Januar 2013 nach dem Prinzip der doppischen Haushaltsführung wirtschaften. Ähnlich wie in einem privaten Unternehmen besteht der Haushalt dann aus Finanz-, Ergebnis- und Investitionsrechnung. Dann ist auch transparent darstellbar, welchen Wert Straßen, Gebäude und alle anderen Dinge im kommunalen Besitz haben. Dafür ist aber eine Eröffnungsbilanz erforderlich, in der das Anlagevermögen bewertet wird. Sowohl das unbewegliche (Häuser, Straßen etc.) als auch das bewegliche (Möbel, Fahrzeuge). Gebäude und Ähnliches bewerten die Kommunen bereits seit Herbst nach vorgegebenen Kriterien. Bei der Erfassung der Straßen und Wege bedient man sich Unternehmen mit Spezialfahrzeugen.

Was fotografieren die Kamera-Autos?
Mit Industriekameras, die auf dem Dach montiert sind, wird die Straße bei Fahrt automatisch je nach Firma alle drei bis fünf Meter fotografiert – nach vorn und zur Seite. Dabei wird von Kreuzung zu Kreuzung, wo es Markierungen gibt, gefahren. Das Straßennetz ist zuvor von den Gemeinden genau definiert und auf Satellitenaufnahmen hinterlegt worden. Die Fahrer der Fahrzeuge sehen die Aufnahmen und Karten im Auto auf dem Laptop. Abgelichtet werden nicht nur die Straßen und deren Ränder, sondern auch Poller und andere Objekte, die zur Ausstattung der Straßen und Wege gehören. Hoyerswerda lässt auf diesem Weg auch Straßenschilder, Ampeln und die Bäume an den Straßen erfassen und bewerten. Einen solchen exakten Überblick hat es noch nie gegeben.

Wie viele Kilometer schaffen die Autos an einem Tag?
Die Autos können bei der Arbeit auf ebener gerader Strecke bis zu 80 km/h fahren, auf Kopfsteinpflaster ist man langsamer unterwegs. Bis zu 15 Kilometer Stadtstraße sind am Tag machbar, bei Radwegen sind bis 30 Kilometer drin. In Spreetal wurden 81 Kilometer Straße erfasst, in Lohsa sind es 155 Kilometer und in Hoyerswerda 188 Kilometer Gemeindestraße zuzüglich 95 Kilometer sonstiger Wege und Plätze. Die Aufnahmen werden auf einer Festplatte im Fahrzeug gespeichert und dem exakten Straßenabschnitt zugeordnet.

Was passiert anschließend mit den Aufnahmen?
Sie werden gespeichert und dann als Datensätze den Auftraggebern zur Verfügung gestellt. Später kann man sich in den Verwaltungen in die jeweilige Straße einklicken, einen ganz bestimmten Abschnitt suchen und sich die örtlichen Gegebenheiten anschauen. Dabei kann man auch mit einer gewissen Genauigkeit Maße nehmen. In Lohsa, Spreetal und Hoyerswerda soll aus den Daten ein Erhaltungsmanagement für die Straßen aufgebaut werden. „Für Stadträte und Bürger wird die Transparenz der Entscheidungen hinsichtlich Straßenbaumaßnahmen zukünftig stark erhöht. Entscheidungen beispielsweise zum Ausbau bestimmter Straßenabschnitte oder auch zum Ausbau des Radwegenetzes werden nachvollziehbarer und effektiver zu treffen sein“, hofft Hoyerswerdas Rathaus-Sprecher Bernd Wiemer. Für die Eröffnungsbilanz der doppischen Haushaltsführung, also den eigentlichen Zweck, bewerten die beauftragten Firma den Zustand und den Wert der Straße. So wird auch die Abschreibung ermittelt. Vermutlich wird man bei den Straßen in Lohsa und Spreetal von einer Liegezeit von vierzig Jahren ausgehen, in Hoyerswerda sind es 30 Jahre, bei Wegen und Plätzen 28 Jahre.

Verletzen die Aufnahmen die Privatsphäre der Anlieger?
Nein. Prinzipiell gilt, dass man von öffentlichen Straßen und Gehwegen alles fotografieren und auch veröffentlichen darf. Die Aufnahmen, die jetzt im Auftrag der Kommunen entstehen, werden aber anders als bei GoogleEarth nicht allgemein zugänglich veröffentlicht, sondern sind nur für den Amtsgebrauch bestimmt. Zudem werden sie von einer geringeren Höhe aufgenommen und zeigen auch keine 360-Grad-Ansicht.

 



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