Warum das Wetter den Kommunen beim Sparen hilft


von Tageblatt-Redaktion

Noch ausreichend Salz im Lager hat Henry Kloß, Chef der Straßenmeisterei Hoyerswerda.
Noch ausreichend Salz im Lager hat Henry Kloß, Chef der Straßenmeisterei Hoyerswerda.

Einzelhändler
Es wurden draußen schon Menschen in kurzen Hosen gesichtet. Das mag übertrieben sein, denn Sommerfrische herrscht wirklich noch nicht. Aber die richtig warme Winterkleidung konnte in den vergangenen Wochen im Schrank bleiben. Oder vielleicht gleich in den Geschäften? Als Verlierer sieht sich der Handel keinesfalls. „Es gibt in diesem Winter nur Gewinner“, sagt Dieter Henke, Manager des Lausitz-Centers. Er bezieht sich dabei auf die zu erwartenden niedrigen Betriebs-, sprich Heiz- und Schneeräumkosten, von denen auch die Geschäfte profitieren.

Dass der Einzelhandel gelitten hat, bestreitet Henke aber nicht. „Dicke Stiefel liefen nicht, Skisachen auch nicht“, sagt er. Aber: „Die höheren Frequenzen fangen witterungsabhängige Einbußen auf.“ Der Center-Manager meint damit den Kundenzuwachs von 30 bis 50 Prozent, den das Einkaufszentrum seit seiner Erweiterung vor knapp einem Jahr erreicht hat und der seiner Aussage nach auch nicht abgerissen ist: „Die Umsatzzahlen sind sehr zufriedenstellend, und von der Erweiterung profitieren auch die Bestandsmieter im alten Teil des Centers.“ Und: Kleinere Boutiquen mit wenig Fläche seien ohnehin nicht so von den Außentemperaturen abhängig: „Im Sortiment sind da eher Indoor-sachen wie Blusen, die man auch im Winter trägt.“ Schließlich: „Bei Eiseskälte und Glatteis wären die Kunden ausgeblieben.“

„Wir sind mit einem blauen Auge davongekommen“, beschreibt Intersport-Geschäftsführer Michael Wawrok die Situation. Sein Unternehmen hat auch eine Filiale im Lausitz-Center. Man könne den – witterungsbedingt logischen – Umsatzeinbruch von zwanzig Prozent bei hier vor Ort nutzbaren Wintersportartikeln wie Schlitten zwar durchaus „dramatisch“ nennen, jedoch hätte andere Sportware den Einbruch etwas aufgefangen. Das Geschäft mit Fußbällen, Joggingschuhen und Co. lief nämlich besser als sonst zu dieser Jahreszeit. Michael Wawrok hat aber auch beobachtet, dass das Geschäft mit Produkten, die für den Skiurlaub etwa in Österreich gebraucht wurden, durchaus lief: „Dort liegt ja Schnee. Und da haben uns die Kunden die Treue gehalten.“

Ganz und gar nicht als Winterverlierer sieht sich die C&A-Filiale im Center. „Wir sind zufrieden mit der Umsatzentwicklung“, lässt Sprecher Lars Boelke wissen: „Die Lager sind gut geleert, es ist Platz für Frühlingsware.“ Das gelte für das Gesamtunternehmen, aber auch speziell für die hiesige Filiale. Als Grund nennt er die kühlen Tage im Herbst, an denen warme Jacken und Co. stark gefragt waren. „Einziger Wermutstropfen: Accessoires wie Handschuhe und Schals liefen nicht.“ Strickpullover und Fleeceteile dagegen schon – denn die kann man auch im milden Winter tragen, dann eben ohne dicken Mantel.

Energieversorger
Rund 15 Prozent weniger Fernwärme und Gas als im Vergleichszeitraum vor Jahresfrist wurden zwischen Oktober und Ende Januar in Hoyerswerda verbraucht. Diese Zahl nannte Stefan Jugert, der Sprecher der Versorgungsbetriebe. Zwar hat sein Unternehmen auch weniger Kosten beim Einkauf von Fernwärme und Gas, aber die Fixkosten für den Betrieb der Versorgungsnetze bleiben. Dadurch sinkt die Ertragslage der VBH zwangsläufig. Soll heißen: Jeder milde Winter lässt den Gewinn schrumpfen.

Kfz-Ersatzteilhandel
Einen spürbar geringeren Bedarf an klassischen Unfallteilen wie Stoßstangen, Kotflügeln und Scheinwerfern hat Jürgen Grellmann, der Inhaber der Hoyerswerdaer Firma Auto-Otto, im Verlauf dieses Winters registriert. Aufgrund der vergleichsweise wenigen Tage mit winterlichen Straßenverhältnissen gab es weniger Unfälle. Der Bedarf an Frostschutzmitteln für Scheibenwaschanlagen war ebenfalls geringer als gewohnt. Nicht zu vergessen die Autobatterien. „Die waren kontinuierlich weniger gefragt“, blickt Jürgen Grellmann auf die vergangenen Wochen zurück. Zudem sind die Spitzentage fast völlig ausgefallen. Das sind die Tage, an denen wegen extrem niedriger Temperaturen vielen Batterien gleichzeitig der Saft ausgeht. Insgesamt gesehen gehört die Kfz-Branche nach Ansicht von Jürgen Grellmann zu den Verlierern des zurückliegenden viel zu milden Winters.

Brennstoffhandel
Die im Hoyerswerdaer Industriegebiet Zeißig ansässige Firma Hoyo handelt mit Kaminholz und Brennstoffen, darüber hinaus aber unter anderem auch mit Schwedenfeuer und Smoker-Barbecueholz. „Der Absatz ist bei uns ganzjährig in etwa auf dem gleichen Niveau. Etwa 50 Prozent unseres Umsatzes machen wir im Sommer“, sagt Firmenchef Dirk Lehmann. Das komplette Geschäft wird über das Internet realisiert, mit einem Lieferservice bis an die Haustür, so der Unternehmer. Für ihn kommt es daher nicht auf einen besonders kalten Winter an. Er hatte in den zurückliegenden Wochen immer gut zu tun.

Stadtbild
Bauhofmitarbeiter und beauftragte Firmen müssen nicht räumen und streuen, sondern wirbeln schon seit Wochen für Ordnung und Sauberkeit in Hoyerswerda. Wurden zuletzt vor allem Bäume und Hecken geschnitten, richtet sich die Aufmerksamkeit nun verstärkt auf den Frühjahrsputz. Der Silvester-Unrat, der gewöhnlich um diese Zeit erst aus dem Schnee auftaucht, ist bereits beseitig. Es wurden auch schon Bereiche auf Vordermann gebracht, für die sonst kaum oder keine Zeit bleibt. Bauhofchef Ulf Schulz verweist auf den Gehweg an der Altstadt-Feuerwehr. Dort sind allerdings nach der Reinigungsaktion Mängel am Weg selbst zum Vorschein gekommen. Am Dienstag und damit ebenfalls früher als üblich beginnt die Straßen-Grundreinigung in der Stadt. „Da werden alle Kehrmaschinen rausgeschickt“, so Ulf Scholz. Er hat keine Zweifel, dass der Frühjahrsputz Ostern erledigt sein wird. Vielleicht sprudeln dann auch schon die Brunnen.

Sport
Spielausfälle im Fußball, weil Plätze vereist oder verschneit waren? In dieser Saison Fehlanzeige! Gewinner sind die Kicker und ihre Familien. Wenn keine Nachholspiele angesetzt werden müssen, kann zum Beispiel Ostern ohne Fußball, aber mit Kind und Kegel geplant werden. Im Vorjahr sah das anders aus. Da sollte selbst Ostermontag nachgeholt werden – am 1. April. Und selbst an diesem Tag fielen wegen des Schnees noch Spiele aus. Dieses Jahr freuen sich die Platzwarte. „Es gab keine Einschränkungen“, sagt Torsten Tschierske, Leiter Sportstätten beim Stadtsportbund Hoyerswerda, und verweist auf die Bespielbarkeit des neuen Kunstrasens im Jahnstadion. „Der ist in einem super Zustand“, sagt Tschierske.

Alles andere als profitiert haben dagegen die Radsportler des SC Hoyerswerda, die winters auf Langlauf-Skiern ihre Runden um den Scheibe-See drehen. Das geht dieses Jahr ausschließlich auf Rollski. Sogar der Iser-Lauf in Bedrichov musste wegen Schneemangels abgesagt werden. Das ist dieses Jahr zu verschmerzen, sagt SC-Abteilungsleiter André Karg. Nächstes Jahr wäre er allerdings unbedingt vonnöten. Dann will die Truppe aus Hoyerswerda wieder zum Wasalauf nach Schweden und Bedrichov ist für die Qualifikation nötig.

Öffentliche Hand
So richtig sparen konnten die Kommunen beim Verbrauch von Tausalz. Von der Straßenmeisterei Hoyerswerda wurden laut Landratsamts-Sprecher Gernot Schweitzer in diesem Winter bisher rund 625 Tonnen Salz ausgebracht. Im vorigen Winter waren es sage und schreibe fast viermal so viel. Erbrachten die Mitarbeiter der Straßenmeisterei im Winterdienst bis jetzt 2 545 Personalstunden an 122 Einsatztagen, fielen im Winter 2012/13 an 161 Einsatztagen 6 530 Personalstunden an. „Wie hoch die Einsparung tatsächlich sein wird, kann erst nach Abschluss der Winterdienstperiode mitgeteilt werden. Wir müssen noch bis Mitte April mit Winterdiensteinsätzen rechnen“, sagt aber Gernot Schweitzer. (US/MK/rgr/aw/hl)



Zurück

Einen Kommentar schreiben

Es werden nur jene Kommentare veröffentlicht, die unter Angabe von Vor- und Familienname und einer gültigen E-Mail-Adresse (für Rückfragen) abgegeben wurden.

Bitte addieren Sie 1 und 6.