Von Gemütlichkeit und selbstbewussten Schülern


von Tageblatt-Redaktion

Nataliya Forkavets aus der Ukraine hospitierte drei Wochen lang im Hoyerswerdaer Lessing-Gymnasium. Gestern reiste sie heim.
Nataliya Forkavets aus der Ukraine hospitierte drei Wochen lang im Hoyerswerdaer Lessing-Gymnasium. Gestern reiste sie heim.

Im Lehrerzimmer waren sich die beiden in den vergangenen Wochen hin und wieder über den Weg gelaufen. Es blieb aber meist nur Zeit für einen Small Talk.

Erst vor ein paar Tagen, auf der Feier einer Kollegin, habe sie sich endlich mit dem jungen Mann aus Frankreich näher unterhalten können, erzählt Nataliya Forkavets. So erfuhr sie, wie der 20-jährige Emmanuel Bridier nach Hoyerswerda, ins Lessing-Gymnasium, gekommen war, wo er als sogenannter französischer Assistent arbeitet. Seit Ende September unterstützt der aus der westfranzösischen Stadt Laval stammende Bridier die Kollegen, die im Lessing-Gymnasium Französisch unterrichten.

Die Ukrainerin Nataliya Forkavets war gestern mit etwas gemischten Gefühlen in ihren Unterrichtstag gegangen. Denn an diesem Tag endete ihr dreiwöchiges Hospitationspraktikum. Eine Zeit, die sie als „intensiv und sehr aufschlussreich“ beschreibt. Da seien die zahlreichen Begegnungen im Lessing-Gymnasium gewesen, zwischen Schülern und Lehrern, waren da die Eindrücke, die sie in Hoyerswerda machen konnte. „Das ist für mich eigentlich die perfekte Stadt“, meint die 38-Jährige. Im Gegensatz zu ihrer Heimatstadt sei hier alles so sauber, so ruhig, gebe es auf den Straßen keine Staus. Das Leben in der Zuse-Stadt habe sie als gemütlich empfunden, die Schüler als überaus selbstbewusst.

„So etwas kenne ich aus der Ukraine überhaupt nicht“, meint sie, für die dieser Aufenthalt in Deutschland jedoch nicht der erste war. Sechs Jahre, von 2001 bis 2007, habe sie bereits in verschiedenen deutschen Städten gearbeitet. Jedoch nicht als Lehrerin, sondern „in anderen Lebensbereichen“, wie sie mit einem Schmunzeln erzählt. Wenn ihr Mann auf den Messen in Deutschland tätig war, hatte sie sich immer einen Job gesucht. Denn: „Ich konnte doch nicht einfach zuhause herumsitzen“.

So habe sie dieses Land, die deutsche Seele kennengelernt, beschreibt sie es. In jenen Jahren eine Menge interessanter Erfahrungen gemacht. Seit 1997 arbeitet sie als Deutschlehrerin in ihrer Heimatstadt, in Iwano-Frankiwsk. Die Schule, in der sie unterrichtet, sei eine dreistufige Mittelschule. Eine, die zu den gehobenen Bildungseinrichtungen dieser Stadt gehöre. Wie auch das Lessing-Gymnasium. Ein solch modernes Schulgebäude, in dem die Schule untergebracht sei, so etwas suche man in der Ukraine vergebens. „Bei uns ist die technische Ausstattung der Klassenräume doch sehr karg“, erzählt sie. Sie habe eine schöne Zeit in Hoyerswerda gehabt, in der Schule, bei ihren Gasteltern. Aber es sei nun Zeit zurückzukehren, denn „mein fünfjähriger Sohn vermisst mich schon sehr“. Rund 1100 Kilometer wird sie mit dem Auto unterwegs sein. Dann ist sie wieder zuhause, bei ihrer Familie.

Emmanuel Bridier, der bis Ende Mai im Lessing-Gymnasium als französischer Assistent tätig ist, wird in den Schulferien in Hoyerswerda bleiben. Er bekommt Besuch aus der Heimat. In den Weihnachtsferien werden seine Eltern und seine beiden Schwestern in die Lausitz kommen. Das Besichtigungsprogramm wird umfassend sein. „Klar werden wir uns Hoyerswerda anschauen, aber auch nach Leipzig und Dresden fahren“. Emmanuel Bridier fühlt sich am Lessing-Gymnasium pudelwohl. Was wohl auch damit zusammenhängt, dass man sich dort um den jungen Mann rührend kümmert.

An der Schule betreut Pädagogin Karina Hofmann als Tutorin alle Assistenten. Der Muttersprachler Bridier bringe richtig Schwung in den Französisch-Unterricht, lobt sie den jungen Mann. Der den Klassen Landeskunde vermittelt. Was so viel heißt, das er den Schülern in den Unterrichtsstunden Einblicke in das französische Schul- und Universitätssystem gibt, ihnen etwas über die politische Situation vermittelt. Der Franzose unterrichtet zum ersten Mal in einer deutschen Schule. Er wolle später als Grundschullehrer in seiner Heimat arbeiten.

Hoyerswerda hatte ihn, als er hierher kam, anfangs etwas überrascht. Die Stadt empfand er als „Zwischending“. Nicht zu klein, aber auch nicht allzu groß. Auf jeden Fall sei sie kleiner als seine Heimatstadt Laval. Er hat sich nun eingelebt, wohnt bei einer Gastfamilie unweit der Schule. In der KulturFabrik war er bereits einige Male, Schüler und Kollegen empfindet er als „sehr offen und nett“. Seine Tutorin berichtet, dass er im Oktober kurzfristig für einen Kollegen eingesprungen sei, der in Seifhennersdorf ein Fremdsprachenseminar geleitet hatte.

Emmanuel Bridier habe den Unterricht dort hervorragend gestaltet und obendrein noch Zeit gefunden, um mit den Schülern ein Theaterstück einzustudieren. Theater spielen, das ist eines seiner großen Leidenschaften, welche er auf der Universität in Frankreich pflegte. Auf die Unterschiede zwischen Deutschen und Franzosen angesprochen, erzählt er, dass die Deutschen, speziell die im Osten lebenden, weitaus ungezwungener seien als seine Landsleute.
Diese lockere Art gefalle ihm. Nun, er kann sie hier noch einige Zeit genießen.



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