Tropenholz sorgt für kritische Nachfragen


von Tageblatt-Redaktion

Die neue Brücke für Radfahrer und Fußgänger, die nördlich Hoyerswerda über die Schwarze Elster führt, besteht zum Großteil aus seltenem Tropenholz. Der Lieferant ist allerdings ordnungsgemäß für seine umsichtige Holzwirtschaft zertifiziert worden. Fotos:
Die neue Brücke für Radfahrer und Fußgänger, die nördlich Hoyerswerda über die Schwarze Elster führt, besteht zum Großteil aus seltenem Tropenholz. Der Lieferant ist allerdings ordnungsgemäß für seine umsichtige Holzwirtschaft zertifiziert worden. Fotos:

Vor allem im westlichen Afrika wächst Lophira alata. In Kamerun nennt man den Baum Bongossi und unter diesem Namen ist er auch in Deutschland bekannt. Sein Holz ist extrem strapazierfähig und deswegen ist daraus auch ein Großteil der neuen Radbrücke über die Schwarze Elster zwischen Hoyerswerda und Seidewinkel gefertigt. Dem Hoyerswerdaer Grünen Thomas Stolle gefällt dieser Umstand ganz und gar nicht: „Die Verwendung von Bongossi-Holz aus Kamerun ist äußerst problematisch. Es ist hinlänglich bekannt, dass Bongossi-Holz kein Plantagenholz ist, sondern in Raubbau aus den Regenwäldern des Kongobeckens geschlagen wird. In Kamerun sind die meisten Urwälder bereits zerstört.“ Man hätte daher besser daran getan, einheimisches Holz oder verzinktes Material zu verwenden, so meint Thomas Stolle.


Kein leichtfertiger Beschluss


Das Internet-Lexikon Wikipedia bestätigt, dass Lophira alata zumindest sehr selten, wenn nicht gar vom Aussterben bedroht ist. Und doch sagt Uwe Steinhuber vom Bergbausanierer LMBV, der die Brücke errichtet hat: „Die Vorwürfe laufen ins Leere.“ Er verweist auf das Forest Stewardship Council FSC, das 1993 in Folge des Umweltgipfels von Rio de Janeiro gegründet wurde. Es stellt Zertifikate für die nachhaltige Forstwirtschaft aus, die eine Zerstörung von Wald ausschließt. Solch ein Zertifikat hat auch der Lieferant der Seidewinkler Brücke, der Holzbau Busmann aus Schuttorf in Niedersachsen.


Die Gemeinde Elsterheide, die der LMBV Bauart und Material für die Brücke vorgegeben hat, hat sich nach den Worten von Bürgermeister Dietmar Koark die Entscheidung nicht leicht gemacht. Zum einen sollte die Brücke ästhetisch ins Landschaftsbild passen. Zur Holzart, so der Gemeindechef, habe man viele Fachleute befragt. Die hätten die eindeutige Meinung vertreten: „Wenn Holz, dann Bongossi.“ Es sei extrem hart, rissresistent, formstabil und witterungsbeständig. Wegen der hohen Dichte könne man von Imprägnierungen oder Anstrichen absehen. Die Elsterheide habe aber ein FCS-Zertifikat ganz klar zur Bedingung gemacht.


Bongossi ist knapp und teuer


Koark verweist darauf, dass die Bundesrepublik einen generellen Tropenholzboykott zum Schutz von Regenwäldern inzwischen aufgegeben hat: „Die dort lebende Bevölkerung hatte zum Überleben kaum andere Alternativen, als Waldrodung zu betreiben.“ Die Bundesregierung habe den Import von Tropenholz nur unter strengen Zertifizierungsbedingungen wieder legalisiert. Und so heißt es unter anderem über Bongossi in der FSC-Broschüre „Gutes Holz“, die auch das Siegel des Bundesamtes für Naturschutz trägt, das Holz sei in der Vergangenheit sehr stark genutzt worden. Nun sei das anders: Man erhalte es zwar grundsätzlich mit FSC-Zertifikat – „oft jedoch nur in geringen Mengen, so dass es vorübergehend zu Marktengpässen kommen kann.“ Über die Brücke von Seidewinkel sagt Dietmar Koark: „Nach Auftragserteilung wurde das Holz bedarfsgerecht eingeschlagen und vor Ort in Sägewerken zerschnitten. Aus unserer Sicht ist das ein Beitrag zur Entwicklungshilfe im Lieferland.“ Zumal, so der Bürgermeister, für das Bongossi-Holz ein nicht unerheblicher Aufpreis fällig geworden sei.



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Kommentare zum Artikel:

Dr. Roland Dold schrieb am

Große Teile der westafrikanischen Primärwälder und zunehmend auch der zentralafrikanischen sind bereits nachhaltig zerstört - nicht zuletzt auch durch die Machenschaften der europäischen Tropenholzimporteure und -verarbeiter. Es ist pure Augenwischerei zu glauben, irgendein Zettel mit Stempeln könne da Abhilfe schaffen. Selbst plantagengeeignete Holzarten setzen erstmal eine Rodung der dafür benötigten Primärwaldflächen voraus. Bongossi aber läßt sich nicht auf Plantagen anbauen. Raten Sie mal, wo es herkommt - aus dem Primärwald.
Das vermeintliche Zauberwort für diese "schonende" Holzgewinnung heißt selektive Extraktion. Wenn wir Glück haben kommt der Onkel mit dem FSC-Siegel. Zettel, die so aussehen, mit den entsprechenden Stempeln und Ausfuhrgenehmigungen sind in den Ursprungsländern wahrscheinlich leichter zu bekommen als sauberes Trinkwasser. Und wenn selbst alles mit rechten Dingen zugeht, wurden zuvor für jeden einzelnen Stamm riesige Pisten zum Abtransport in die lizensierten Gebiete geschlagen und auch bei einer Entnahme von nur 2 Prozent an besonders gefragten Holzarten sind für jeden einzelnen Stamm große Zertörungen der wertvollen Umgebung durch das Fällen und Rücken unvermeidlich, was sich auf 70% der Fläche summiert. Der Wald ist jetzt geöffnet und zugänglich. Da steht dann hinterher keiner und paßt auf - Der weiteren Gefährdung und letztendlichen Zerstörung des artenreichen Primärwaldes durch fortschreitende Nutzung, der Ausrottung der begehrtesten, seltenen Holzarten wie etwa Bongossi, der Fleischjagd auf zunehmend gefährdete Arten wie Flachlandgorillas und andere Primaten für die Gastronomie der Städte, der faktischen Ausrottung der dort siedelnden Indigenen durch Vernichtung ihres angestammten Lebensraumes sind damit Tür und Tor geöffnet.

Ob Ihr persönlicher Bongossi-Baum aus Kamerun oder der Republik Kongo stammt, ist dem Regenwald völlig wurscht, irgendwann ist er mit dieser Form "Entwicklungshilfe" am Ende. Dann gibts da eine Ölpalmen- oder Sonstwas-Plantage. Und wir haben einen Beitrag geleistet, wieder einen Hotspot der Biodiversität zu vernichten. Warum wird Elfenbein nicht zertifiziert vermarktet? - Es wäre das Ende für alle Elefanten - auch in den Gebieten, wo sie heute wegen Überpopulation zur Bestandsbegrenzung sogar wieder kontrolliert geschossen werden.
Und wohin wir schauen, immer wieder Bongossi! Vom Spaltenboden im Bullenstall bis zur Beplankung des Yachtsteges. Alles selbstverständlich unter strengster Abwägung von Nachhaltigkeitskriterien und gutem Gewissen. Wo das nur alles herkommt? Immerhin hat aber zum Beispiel die Stadt Nürnberg nach entsprechenden Appellen vieler Bürger und Initiativen sich anders besonnen und trotz einer unerträglichen Pro-FSC-Tropenholzkampagne von NABU und WWF sich bei der Erneuerung der "Außenmöblierung" für einheimische Hölzer entschieden. Respekt!! Und viele andere Entscheidungsträger auch. Ein Umdenken ist im Gange. Für manches sicher schon zu spät - aber genug Grund zur Hoffnung.
Allen real existierenden Bongossi-Freaks rate ich in Anbetracht der sprichwörtlich hohen Lebensdauer dieser Holzart, die in eingebautem Zustand voraussichtlich die meisten noch lebenden Angehörigen ihrer Sippe überdauern wird, für die Zeit danach und zur Erbauung unserer Nachkommen schon mal ein betroffenes Gedenkschild zu entwerfen - natürlich mit FSC-Logo!
Die FSC-Zertifizierung wird auch von mir propagiert, auch für unseren eigenen Waldbau. Gutes lädt aber auch schnell zum Mißbrauch ein - zumal wenn sich durch Schummeln damit leicht viel Geld verdienen läßt. Drum immer mal dahinter gucken. Gell!

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