Thielemanns Rückkehr in die Heimat


von Tageblatt-Redaktion

Zurück aus NRW und wieder daheim im WK VII sind Adrienne und Felix Thielemann sowie ihre Kinder Pauline und Paul.
Zurück aus NRW und wieder daheim im WK VII sind Adrienne und Felix Thielemann sowie ihre Kinder Pauline und Paul.

Manche Dinge scheinen selbstverständlich: ein Kindergartenplatz zum Beispiel, eine kurze sommerliche Radfahrt an den Badesee oder auch der Umstand, Familie und Freunde in der Nähe zu haben. Diese Dinge sind so lange selbstverständlich, bis man sie eines schönen Tages plötzlich nicht mehr hat. Im rheinischen Troisdorf muss man auf einen Kita-Platz warten. Badeseen sucht man in der Nähe eher vergeblich. Und wenn man aus Hoyerswerda stammt, dann sind Familie und Freunde von Troisdorf aus gesehen gut und gern 650 Kilometer weit entfernt.
„Ich wäre ja auch hiergeblieben“, sagt Felix Thielemann. Er ist im WK VIII aufgewachsen, hat bei Heberer im Industriegelände den Beruf des Bäckers gelernt und auch danach dort gearbeitet – bis Heberer vor zwei Jahren schloss. Thielemann legte die Hände nicht in den Schoß. Er suchte und wurde auch fündig – beim Großbäcker Harry in Troisdorf an der Kölner Bucht. Zunächst pendelte er hin und her, sah Ehefrau Adrienne sowie die Kinder Pauline und Paul nur einmal im Monat. Familienleben war das nicht zu nennen. Also holte der 34-Jährige Frau und Kinder nach.
Doch auch dann fehlte noch etwas. „Heimat ist Heimat“, sagt Felix Thielemann. Seine Frau, die aus der Altstadt stammt, empfand das in Nordrhein-Westfalen noch viel stärker. Bald stand fest: So geht das nicht. Es sollte also zurück- gehen in die Heimat. Felix Thielemann wollte, dass es seiner Frau gut geht. Es war wohl das Glück des Tüchtigen, das Familie Thielemann half. Bei Globus am Kamenzer Bogen suchten sie nach der Einrichtung einer Bäckerei nach Fachleuten. Felix Thielemann kündigte also bei Harry-Brot. Die Fristen waren knapp, doch seit voriger Woche bäckt er wieder in Hoyerswerda. Und manche Dinge scheinen sich wie von selbst zu fügen: Er wohnt mit seiner Familie wieder im selben Block im WK VII, die Kinder besuchen wieder dieselbe Tagesstätte.
Die Kita „Nesthäkchen“ ist nicht weit vom Wohnblock entfernt. Paul fand dort seinen Freund Maurice wieder, den er im Dezember 2010 zurücklassen musste. Und der Junge fährt auch wieder Fahrrad. An den Ausläufern des Bergischen Landes war das wegen der Hügel doch recht beschwerlich. „Es sind so Kleinigkeiten“, sagt sein Vater. Aber das sind wohl die Kleinigkeiten, die den Unterschied zwischen Wohnen und Leben ausmachen, die Selbstverständlichkeiten.
Natürlich war das Einfamilienhaus mit Garten in Troisdorf nicht schlecht. Dafür aber war in Hoyerswerda rasch Ersatz gefunden: Nach Kleingarten und Garage muss hier aufgrund der Bevölkerungsentwicklung niemand lange suchen. Die 31-jährige Adrienne Thielemann hat erst einmal einen Minijob als Kosmetikerin gefunden, allerdings mit Aussicht auf etwas Festes. „Es ist ein bisschen, als wären wir nur länger im Urlaub gewesen“, lächelt sie über die Rückkehr. Die Dinge und die Wege sind wieder vertraut, die körperlichen Beschwerden aufgrund des Heimwehs verschwunden. Und eigentlich müsste das Rathaus Thielemanns einen Präsentkorb schicken. So viele junge Familien ziehen schließlich nicht nach Hoyerswerda. Felix Thielemann lacht, als er hört, dass es im März neun Zuzüge mehr als Wegzüge gab: „Na, da sind wir ja schon die Hälfte.“ Dann, es ist früher Abend, macht er sich daran, seinen Tag zu beenden. Ein Bäcker muss früh raus. Das ist hier so wie in Troisdorf. Doch er wird zum Globus statt des Autos das Fahrrad nehmen können – ganz so, als wäre das selbstverständlich.



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