Tausende Jahre alte Brennofenreste ausgegraben


von Tageblatt-Redaktion

Im Bild zu sehen ist Dr. Ingo Kraft beim Freiputzen eines Schlackeklotzes. Deutlich zu erkennen sind die Bruchstücke, die vom Ofenbauwerk übrig und wohl tausende Jahre alt sind.
Im Bild zu sehen ist Dr. Ingo Kraft beim Freiputzen eines Schlackeklotzes. Deutlich zu erkennen sind die Bruchstücke, die vom Ofenbauwerk übrig und wohl tausende Jahre alt sind.

Spektakuläre Funde haben die Experten vom Sächsischen Landesamt für Archäologie zwar nicht erwartet. Dennoch sind sie überrascht, was die Grabungen in Sichtweite des Bernsdorfer Ortsteils Großgrabe in den vergangenen Tagen ans Tageslicht befördert haben. „Überraschend ist die Fülle der Funde“, wie Dr. Ingo Kraft sagt. Der Referatsleiter des Landesamtes war in dieser Woche auf der Grabungsstätte anzutreffen. Die befindet sich direkt neben der Bundesstraße 97 auf deren zukünftiger Trasse. Und die führt über ein Areal, das Dr. Thomas Westphalen, Abteilungsleiter beim Landesamt für Archäologie, als Produktionsstrecke bezeichnet. Hier wurde Raseneisenerz in Rennfeueröfen verhüttet. Vermutlich geschah das vor zwei Jahrtausenden. Auf einen genauen Zeitpunkt will sich im Moment keiner der Experten vor Ort festlegen. „Die Keramikspezialisten sollen sich das erst mal anschauen“, meinte Ingo Kraft und verwies auf ebenfalls geborgene Keramikbruchstücke, die entweder aus der Billendorfer Kultur oder der frühen römischen Kaiserzeit stammen könnten, so seine Vermutung. Es geht um einen Zeitraum von etwa 500 vor bis 200 nach Christi.
Entdeckt und freigelegt wurden drei etwa fußballgroße Schlackeklötze sowie insgesamt zehn Hinweise auf Ofenstandorte von Susan Häusler. Die Grabungsarbeiterin, die seit Mitte August vor Ort weilt und zwischenzeitlich auch vom ehrenamtlichen Bodendenkmalpfleger Manfred Kegel aus Bernsdorf unterstützt wurde, hofft, in dieser Woche ihre Tätigkeit vor Ort abschließen zu können. Dazu müssen die Fundstücke aber noch geborgen und abtransportiert werden. Kein leichtes Unterfangen, jedenfalls was die Schlackeklötze angeht. Ingo Kraft schätzt deren Gewicht auf 40 bis 50 Kilogramm – pro Stück.
Das Gewicht eines Schlackeklotzes liefert den Experten übrigens einen Hinweis auf die Ausbeute der Eisenschmelze. Das dürften zwischen zehn und 15 Kilogramm pro Brennofen gewesen sein, überschlägt Thomas Westphalen. Ein Ofen hielt nur einen Brennvorgang. Die Reste des Ofenschachtes überdauerten noch Jahrtausende.
Aufs Geratewohl erfolgten die archäologischen Untersuchungen bei Großgrabe keineswegs. Vielmehr verfügt das Landesamt über Kartenmaterial, auf denen alle Funde eingetragen werden, wie Ingo Kraft erläutert. Im Bereich Großgrabe gibt es eine gewisse Dichte an archäologischen Fundstätten. Dazu gehören zum Beispiel Urnengräber aus der Lausitzer Kultur, also der Zeit zwischen 1300 und 500 vor Christi.
Nun also wurde dieser Verhüttungsplatz entdeckt. „Das ist schon etwas Besonderes. Vergleichbares haben wir bisher nur im Tagebau Nochten gefunden“, meint Thomas Westphalen, der auch sehr gut die einstige Wahl des Standortes nachvollziehen kann. Die Fundstücke konzentrieren sich auf einer Hügelkuppe. Der hier herrschende Luftzug wurde mit genutzt, um die Öfen auf über 1 000 Grad anzuheizen. Die sind nötig für die Verhüttung des Raseneisenerzes, das sich in den vermoorten Niederungen in der Umgebung abgelagert hatte.
Raseneisenerz, wie es verwendet wurde, um Mitte des 19. Jahrhunderts im Bernsdorfer Eisenwerk die Teile für den Löbauer Turm zu gießen, so der Hinweis von Thomas Westphalen. Die Ursprünge dieser Industrie, diesen für die Landesgeschichte wichtigen Schluss lassen die aktuellen Funde durchaus zu, reichen weit in die Vergangenheit zurück – und bis nach Großgrabe.



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