Sperrgebiet für mindestens fünf Jahre


von Tageblatt-Redaktion

Das Sperrgebiet bei Lohsa ist riesig (rot umrandet/schraffiert das Grundbruch-Areal vom Dezember 2010). An diesem Zustand wird sich in den nächsten fünf Jahren praktisch nichts ändern.
Das Sperrgebiet bei Lohsa ist riesig (rot umrandet/schraffiert das Grundbruch-Areal vom Dezember 2010). An diesem Zustand wird sich in den nächsten fünf Jahren praktisch nichts ändern.

Einen Moment lang lag am Dienstag Hoffnung im Saal des Lohsaer Rathauses. Es war der Moment, da LMBV-Geotechniker Eckhard Scholz in der Ratssitzung verkündete, dass bis zum Jahresende etliche hundert Hektar gesperrter Kippenflächen wieder freigegeben werden für die Nutzung. Im nächsten Moment war die Hoffnung dahin. „Aber nicht im Bereich Lohsa.“ Was hier zwischen Lohsa und Lippen gesperrt ist, wird es auch bis mindestens 2017 bleiben. Dann endet das aktuelle Verwaltungsabkommen, das die Gelder von Bund und Ländern für die Bergbausanierung zur Verfügung stellt. Dann erst wird Geld für die erneute Kippensanierung zur Verfügung stehen. Scholz: „Lohsa ist nur ein Problemfeld von vielen. Wir haben größere Baustellen.“

Ist die Ursache für die Rutschung von 2010 bekannt?

Ja – nach zwei Jahren intensiver Forschung und Auswertung. Es gab Bohrungen, Drucksondierungen. „Wir haben alles abgeprüft, alle bergbautechnischen Potenziale, die wir kennen“, sagt Eckhard Scholz. Sie schieden ebenso aus wie die großen Mengen dort gelagerten frisch geschlagenen Holzes und die davor eingesetzte Forsttechnik. Der viele Regen damals ist auch nicht die direkte Ursache, aber begünstigt eindeutig die Randbedingungen. Der Geländebruch ist bis in eine Tiefe von 25 bis 30 Metern nachweisbar. Die Bergexperten gehen davon aus, dass eine Bodensäule einfach so von sich aus abgesackt ist, die Ausbreitung ging dann entlang der Strossenrichtung, in der einst die Abraumförderbrücke die Erdmassen hier im ehemaligen Tagebau verkippte. Mit Sorgen schauen die Geotechniker auf das Gebiet der Fischteiche Lohsa. Hier ist die geotechnische Situation offenbar besonders kompliziert. Scholz: „Gerade der Südbereich ist akut bruchgefährdet. Das ist kein Spaß.“

Was bedeuten die Erkenntnisse für die Bergbausanierung?

Es ist klar, dass die Einbrüche an der Zusammensetzung der Lausitzer Böden liegt. Die Phänomene gibt es so weder im Mitteldeutschen Revier noch im Rheinischen. Die Seen und andere wichtige Böschungen sind so saniert, dass dort nichts mehr passieren kann, Problematisch sind die sogenannten Innenkippen – also aufgefüllte Tagebaurestlöcher. „Wir müssen über die Kippen mehr wissen“, sagt Scholz. Sind die vergleichbar, kann man sie auch gleich sanieren oder kategorisieren. Die Förderbrückentechnologie steht dabei im Fokus. „Wir müssen, was passiert ist, wissenschaftlich erklären können, was derzeit aber nicht der Fall ist“, sagt Scholz. Das ansteigende Grundwasser hat für das Verhalten der Kippen niemand betrachtet. Die bisherigen Erkenntnisse zum Grundwasser haben sich so nicht bestätigt.

Müssen künstliche Erhebungen wieder eingeebnet werden?

Wenn sie sich auf Kippen befinden wird man das anstreben. Gleichzeitig sollen Senken aufgefüllt werden. Denn die bisher untersuchten Geländeabbrüche haben gezeigt: Kaum eine Randbedingung ist wie die andere. Es gibt keine klare Linie. „Aber da, wo es abwechslungsreiche Oberflächen gibt – all das ist kontraproduktiv“, sagt Scholz. In Spreetal liegen über 500.000 Tonnen Abbruchmassen aus den Brikettfabriken auf der Millionenkippe. Man wird die Deponie aber nicht einfach umlagern können. Andererseits wurden einst auch Rodelberge auf Kippenarealen geschaffen. Man wird sie wohl wegbaggern müssen.

Was bedeutet das für die Sanierung aktueller Tagebaue?

Vattenfall saniert mittlerweile flachwellig. Man wird keine komplett neue Landschaft modellieren. Bergbaufolgelandschaft wird vor allem eben sein.

Wer sagt jetzt, wie es weitergeht bei der Sanierung?

Im Februar 2011 wurde mit 20 Mitgliedern aus Ost und West der Geotechnische Beirat gegründet. Der berät Bergbehörden und Bergbausanierer in allen entscheidenden Fragen. Die Wissenschaft forscht weiter, parallel dazu gibt es Feldversuche in der Praxis, unter anderem Sprengungen, die ein Setzen des Erdreichs bewirken. Dabei werden in einem Bohrloch in verschiedenen Tiefen drei Sprengladungen gezündet. Das Initial sorgt für die entsprechende Verdichtung. Früher verwendete man 100 Kilogramm Sprengstoff pro Bohrloch, heute kommt man mit 7,5 kg aus. Jetzt wird das Raster ermittelt, mit dem man am günstigsten noch einmal über die alten Innenkippen geht und per Sprengung die gewünschte Setzung bewirkt. Der Feldversuch soll im März abgeschlossen sein.

Wird Sprengen das Allheilmittel sein?

Nein. Man wird nicht alle Flächen schonend absprengen, sondern Druckentlastung einbauen, Berge abbauen, Tieflagen auffüllen. Rütteldruck- und Tiefenverdichtung wird es weiter geben. Problematisch sind die Wälder, aber da will man beschränkt in einem Raster arbeiten. Eckhard Scholz: „Es wird auch auf einigen Flächen dauerhafte Einschränkungen geben. „Eine Kippe wird immer etwas Künstliches bleiben und muss überwacht werden. Es wird in absehbarer Zeit kein Gebiet mehr aus der Bergaufsicht entlassen.“ Bis 2017 sollen aber 7.000 Hektar Kippe bearbeitet sein.

Was wird in absehbarer Zeit gemacht?

Man ist bei der Umverlegung einer großen Gasleitung dran, die einen Teil Polens versorgt, aber eine gefährdete Kippe durchquert. Die Sanierungsarbeiten an der B 97 zwischen Hoyerswerda und Schwarze Pumpe kommen erst nach 2017. Bis dahin werden dort ebenso wie an der Verbindungsstraße Koblenz-Knappenrode sogenannte Kunststoffdräns neben den Fahrbahnen eingesetzt, die dafür sorgen sollen, dass sich gefährliche Drücke, die sich im Erdreich aufbauen können, besser abgeleitet werden. Das ist zwar keine absolute Sicherheit, verringert aber das Risiko von schwerwiegenden Grundbrüchen. Und an den vor Jahren errichteten Überleiterbauwerken zwischen dem Restloch Lohsa II und dem Bernsteinsee wird es Nachverdichtungen geben müssen.



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Kommentare zum Artikel:

howetzel schrieb am

"Problematisch sind die sogenannten Innenkippen – also aufgefüllte Tagebaurestlöcher"

Wer sagt sowas? Das ist doch falsch!
Offensichtlich noch nie in einem Lausitzer Tagebau gewesen! Die Innenkippe entsteht dort, wo die Brücke den Abraum hinfördert. Das Restloch ist das was übrigbleibt, wenn der Tagebau ausgekohlt ist.

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