Sorbische Trachtenröcke drehen sich unter texanischer Sonne


von Tageblatt-Redaktion

Natürlich waren die Zeißiger Gäste auch am Denkmal für Jan Kilian (1811–1884). Der Pfarrer und Dichter führte 1854 rund 600 Altlutheraner aus dem Raum Weigersdorf und Klitten bei der Auswanderung nach Amerika an
Natürlich waren die Zeißiger Gäste auch am Denkmal für Jan Kilian (1811–1884). Der Pfarrer und Dichter führte 1854 rund 600 Altlutheraner aus dem Raum Weigersdorf und Klitten bei der Auswanderung nach Amerika an

Bilder und Souvenirs sichten sie emsig. „Das war unser Einmarsch im Programm. Bei drückender Hitze. Mit sorbischer Fahne, gesponsert vom Vorsitzenden des Hoyerswerdaer Sorbenbeirates Werner Sroka“, meint Gabriela Linack und zeigt stolz auf ein Foto. Eben arbeitet die organisatorische Leiterin der Sorbischen Volkstanzgruppe Zeißig e. V. mit ihren Mitgliedern Erlebnisse auf. Die vielen Fotos gilt es zu dokumentieren. Zu Beginn ihrer zweiwöchigen USA-Reise in diesem Herbst war die Gruppe mit acht Tanzpaaren und zehn Vereinsfreunden in Serbin (Texas) auf den Spuren sorbischer Auswanderer. Sie folgte einer Einladung der Texas Wendish Heritage Society. Diese Gesellschaft pflegt die Geschichte der einstigen sorbischen Einwanderer 1854 nach Serbin. „Wir kamen nicht als Fremde. Wir kamen als Freunde, die ihre Lausitzer Heimat mitbringen“, erzählen die Zeißiger.

Bereits 2003 weilte die Tanzgruppe in Serbin. Sie begleitete Hoyerswer-das damaligen Oberbürgermeister Horst-Dieter Brähmig. Mit dabei waren die Königswarthaer Blasmusikanten. 2010 besuchten Nachfahren sorbischer Auswanderer Weigersdorf und Klitten. In Klitten hatte die Zeißiger Volkstanzgruppe einen Auftritt vor den Texanern. „Einige Serbiner, die wir bereits 2003 kennengelernt hatten, waren dabei. Andere lernten hier erst unsere sorbischen Tänze kennen. Einige besuchten danach auch Zeißig“, so Gabriela Linack. „Unsere Tanzgruppe wurde spontan zum Wendish-Fest 2011 nach Serbin eingeladen.“
Langfristig organisierten die Zeißiger ihre Reise. Karl-Heinz Zink übersetzte die gesamte Moderation des zweistündigen Tanzprogramms ins Englische. „Das war enormer Kraftaufwand. Das reichte von der Entstehung unserer Gruppe über die Inhalte bis zu humorvollen Passagen“, schildert er. „Allein hätte ich das nicht geschafft.“ Christina Groba, Zeißigerin und Englisch-Lehrerin im Hoyerswerdaer Lessing-Gymnasium, unterstützte ihn nach Kräften. Selbst das typische Texas-Englisch floss ein. Choreographin Helga Hansch probte derweil intensiv die Tänze mit der Gruppe. „Vor allem im letzten Vierteljahr war das wichtig“, sagt Gabriela Linack.

Wolfgang Finger, Gründungsmitglied des Vereins 1997 und seit 2001 Ortsvorsteher, kümmerte sich um die „Transportfragen“ für die Reise. Mussten doch Sensen und Requisiten flugzeugtauglich verpackt werden.
Wissenschaftlerin Trudla Malinkowa, Autorin des Buches „Ufer der Hoffnung“, schilderte Ende August in einem Vortrag in Zeißig die Geschichte der sorbischen Auswanderer 1854. Rund 600 Altlutheraner aus dem Raum Weigersdorf und Klitten siedelten damals mit dem Schiff Ben Navis von Liverpool nach Amerika über. Pfarrer und Dichter Jan Kilian (1811–1884) führte sie an. „Wir erfuhren viel über seine Persönlichkeit, über den Hintergrund der Auswanderung, die Strapazen der Reise und die Ansiedlung in Serbin in Texas“, schildern die Zeißiger.
Aufregung spürten sie vor ihrer Reise. Mancher war noch nie elf Stunden geflogen. Hinzu kam die extreme Hitze in Texas. Würde sie jeder vertragen? Seit den Wetteraufzeichnungen 1922 hatte es noch nie einen so drückend heißen Sommer und Herbst wie 2011 gegeben. „Umso mehr Hochachtung hatten wir, dass unsere Gastfamilien uns aufnahmen. Umso mehr Hochachtung hatten wir, dass sie trotz der Hitze das traditionelle jährliche Wendish-Fest organisierten“, so Gabriela Linack.
Die Chemie mit den Gastgebern stimmte auf Anhieb. „Ich war vor allem auf Land und Leute gespannt. Auf die Weite des Landes“, schildert Jutta Kobalz. Seit Jahren begleitet sie die Tanzgruppe zu Auftritten. Sie gehört zu den Freunden des Vereins. Diese hatten genauso wie die Tänzer ihre Aufgaben in Serbin. Sie halfen vor allem beim Ankleiden der Trachten und bei der Technik. Originelle Gastgeschenke brachten die Zeißiger mit. Dazu gehörte ein 1,60 Meter breites Banner, das eigens für das Fest entworfen wurde. Aufgedruckt waren Tanzszenen der Zeißiger aus früheren Jahren. Darüber stand „23rd Annual Wendish Fest 2011“. Es war die Ankündigung für ein großes Fest. „Wir wollten zeigen: Wir leben sorbische Kultur und Sprache im Alltag. Wir stehen für authentische Traditionspflege“, so Gabriela Linack. „Wir führen Trachten nicht vor, sondern wir tragen sie mit Stolz und wir identifizieren uns damit.“ Hoyerswerdaer Festtagstracht, Arbeitstracht, Feldtracht und Stadttracht zeigten die Zeißiger beim Wendish-Fest. Eigens für den zweistündigen Auftritt hatten sie den Schuster-Tanz einstudiert. Ebenso den Tanz „Stup dale“. Christine Hanusch und Tochter Caroline spielten den Sketch „Nach dem Kirchgang“ in englischer Sprache. Caroline Hanusch sang ergreifend das Ave Maria auf Englisch. Außer den zwei Tanzspielen „Spinte“ und „Mittagsfrau“ zeigten die Zeißiger die „Kreuzpolka“, „Mühle“, „Kehrauswalzer“, Erntetanz und viele weitere Tänze im Programm. Die rund 2 000 Gäste staunten und waren begeistert. „Wir wollten zeigen: Sorbische Sprache ist in der Lausitz lebendig und wird gepflegt“, unterstreicht die Leiterin. „Letztlich haben wir nicht nur die Lausitz und Hoyerswerda vorgestellt, sondern auch unser Dorf Zeißig.“

Noch zusätzlich zum Programm zeigte die Gruppe drei Western. Die Tänze „Spindel“, „Der neue Western-Paartanz“ und der „Line Dance Spitze Hacke“ sorgten für Begeisterung. „Unsere Quartierseltern haben uns sehr offen aufgenommen. Sie haben sich intensiv um uns gesorgt“, spricht Karl-Heinz Zink vielen dankbar aus dem Herzen. Noch lange wirken die Eindrücke von Serbin nach.
Die Reise der Zeißiger führte weiter nach Dallas, Little Rock, Memphis, Nashville und Atlanta. „Lange vorher schon waren wir auf Sponsoren-Suche gegangen“, so Gabriela Linack. „Unterstützung erhielten wir finanziell von der Domowina, von den Versorgungsbetrieben Hoyerswerda und von der Firma Nadebor Krauschwitz. Ihnen gilt ein herzliches Dankeschön.“
Die Zeißiger wollen jetzt die Reise dokumentieren. Mitte November soll es einen offenen Abend als „Texas-Nachlese“ im Dorf geben. Die Zeißiger hoffen auf einen baldigen Gegenbesuch der Serbiner in der Lausitz.otos: privatDie Sorbische Volkstanzgruppe Zeißig e. V. zeigte in Serbin / Texas beim Wendish-Fest viele Tänze. Dazu gehörten auch die „Spinte“ und die „Mittagsfrau“.Zahlreiche Begegnungen prägten den Aufenthalt der Zeißiger in Serbin. Hier waren sie untergebracht in Gastfamilien. Sie nahmen die Gäste sehr offen auf.



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