Sicher und schnell zum Ziel im Informations-Dschungel


von Tageblatt-Redaktion

Dr. Peter Schnupp und Dr. Irene Teich arbeiten an der Vervollkommnung ihrer semantischen Suchmaschine
Dr. Peter Schnupp und Dr. Irene Teich arbeiten an der Vervollkommnung ihrer semantischen Suchmaschine

Nicht mangelndes Wissen ist das Grundübel unserer Zeit. Sondern ein Übermaß an ungeordnetem Wissen, aus dem das gerade Benötigte und Nutzbringende herauszufinden mehr Arbeit verursacht, mehr Zeit und Denkkapazität bindet (mitunter sogar auf Abwegen vergeudet) als die eigentliche Arbeit, der diese vorbereitenden Recherchen dienen sollen. Wer da ein Rezept hätte, sekundenschnell und passgenau das Richtige herbeizuschaffen, der hätte ein unschlagbares Geschäftsmodell.
Nun, zwei Wahl-Hoyerswerdaer haben es. Haben es schon zur Markt-Einführungs-Reife geführt: Dr. Peter Schnupp und Dr. Irene Teich von der OntoComputing haben die Software einer „semantischen Suchmaschine“ entwickelt.
„«Suchmaschine»“, naserümpft der Internet-Fan da seine vermeintliche Überlegenheit; „«Suchmaschine» – da gebe ich einfach bei Google den Begriff ein, und, zack, eine Millisekunde später habe ich eine Million Treffer, muss nur noch das Passende auswählen ...“ Stimmt. Aber genau DAS ist ja das Übel. Welche drei oder dreißig aus dieser Million enthalten denn nun wirklich etwas, was ich benötige? Dr. Schnupp findet ein sehr anschauliches Bild dazu. Man möge doch einmal das Wort „Ablösung“ in eine klassische Suchmaschine eingeben. Kein Problem! Aber „Ablösung“ ist ein Begriff aus der Medizin, gleich doppelt (Augenkrankheit -Netzhaut- und Dermatologie). Einer aus dem Militär (Postenwechsel). Einer aus der Juristerei (Abstandszahlung). Einer aus der Theologie („Metanoia“; Buße, Umkehr des Menschen zu Gott, von dem er sich durch Sünde entfernt hat, „Ablösen“ von Letzterer). Und ein Begriff, der das Ersetzen einer Sache durch (hoffentlich!) Besseres beschreibt. Das hält die einfache Suchmaschine nicht auseinander, und der Gesuchthabende steht vor einem Chaos, in dem zum Kern vorzustoßen ihm fast unmöglich ist und das nur mit ungeheurem Denk- und Zeitaufwand. Und das soll die Schnupp-Teich’sche Suchmaschine besser können???
Sie kann es. Sie will das unzulängliche Gestochere im Informationsdschungel – ablösen. Denn sie sucht nicht anhand eines Begriffs, sondern einer Bedingungsliste, die sie so analysiert, dass sie das Suchfeld auf den tatsächlichen Kern reduziert. Sie sucht sogar (und findet) Veröffentlichungen zum Thema, nach deren Schlagworten nicht ausdrücklich gefragt worden ist, die sie aber auf Grund des Kontextes als dazugehörig erkennt; bisweilen also überraschende neue Denk-Anstöße vermittelt, die wiederum Ausgangsbasis neuer Suchen werden können. Mit anderen Worten: Sie ist vor allem eine Finde-Maschine. Die Ergebnisse werden nicht als Katalog oder Liste angeboten, sondern als Paket, in dem farblich gekennzeichnet ist, wie wichtig der einzelne gefundene Beitrag auf Grund der Menge gefundener Übereinstimmungen oder Neuverknüpfungen ist. Dieses Paket, Wissens-Objekt/ Wissens-Produkt, ist DIE Handelsware des Informationszeitalters, denn anwendbares Wissen ist der größte Wettbewerbsvorteil, den es heute gibt.
Wie das genau funktioniert? Betriebsgeheimnis. Keiner plaudert ohne Not ungeschützt Forschungsergebnisse, Produktiongrundlagen aus. Nur so viel: Die Basis ist semantisch-philosophisch (Semantik = Wortbedeutungslehre). Der Entwicklungsstand ist so weit vorangetrieben, dass er von ungebetenen Quereinsteigern nicht kopiert werden kann – und die Entwicklung in Hoyerswerda geht ja auch weiter.
Eines stellen die beiden Wahl-Hoyerswerdaer klar: Sie selbst werden solche Wissenpakete nicht gewerblich erarbeiten: „Wir liefern nur die Software für Unternehmen, die mit Informationen handeln“, für „Informations-Broker“; Wissensvermittler, Wissensverkäufer.
Deren viele möchten sie in Hoyerswerda ansiedeln, den Ort an der Schwarzen Elster zur „Stadt des Wissens“ machen. Denkbar wäre eine Art IT-Existenzgründerzentrum à la Allensbach (dort entstand das marktführende Meinungsforschungs-Institut Noëlle-Neumann) oder Bad Harzburg (Akademie für Führungskräfte) – auch sie kleine, „bedeutungslose“ Städtchen à la Hoyerswerda, die durch diese Wissens-Stätten auflebten. Ein Gebäude ist schon ins Auge gefasst.
Noch wichtiger, so Dr. Irene Teich, wäre die wissenschaftliche Verankerung dieses Projektes. Dieser Tage soll ein Gespräch mit Peter Schreiber, Vorsitzender des Fördervereins der Hoyerswerdaer Zuse-Akademie (Zusak), geführt werden, an besagter Zusak einen Lehrstuhl Wissens-Technologie einzurichten.



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