Seenland-Fahrradbus hat noch Platz für Fahrgäste


von Tageblatt-Redaktion

Der Busfahrer musste lediglich das schwarze Hollandrad von Rainer Könen auf dem Anhänger festschnallen. Eigentlich finden hier 20 Fahrräder Platz. Das Angebot muss sich erst noch herumsprechen.
Der Busfahrer musste lediglich das schwarze Hollandrad von Rainer Könen auf dem Anhänger festschnallen. Eigentlich finden hier 20 Fahrräder Platz. Das Angebot muss sich erst noch herumsprechen.

Ein Mann muss immer wissen, welchen Weg er einschlagen muss – sagt eine mongolische Weisheit. Wer einmal in den Weiten der mongolischen Steppe unterwegs war, wo es keine Straße, keine Piste gibt, weiß, dass man klare Vorstellungen von der Richtung haben sollte, die man einschlagen muss, um sein Ziel zu erreichen. Wer ins Lausitzer Seenland will, sollte auch wissen, wie man dorthin gelangt. Entweder per Auto, per pedes und dem Bike. Man kann aber auch laufend und skatend in die aufstrebende Tourismusregion gelangen. Um nur einige Möglichkeiten aufzuzählen. Ich entscheide mich für den Fahrradbus.
Wer sich im Sommer an einem Sonntagmittag, kurz vor zwölf, zur Zentralen Busabfahrtstelle am Lausitzer Platz begibt, der kann sich dem monotonen Plätschern des Brunnens nicht entziehen. Das an diesem Tag der Schwüle der Mittagssonne noch mehr Trägheit verleiht. So gelange ich in einer Art Trance zur Haltestelle. Zum Radfahren ist es viel zu warm. Finde ich jedenfalls. Ob das andere auch so sehen? Die Gelegenheitsradler etwa, die sich nur an Sonntagen auf ihr Hightech-Bike setzen und für die eine 20-Kilometer-Tour schon vergleichbar ist mit dem Erschöpfungszustand nach einer Tour-de-France-Etappe. Ich schaue mich um. Aber dann müssten doch sicher noch mehr Menschen hier stehen. Mit ihren Zweirädern. Um diese Gelegenheit zu nutzen. Mit dem Fahrradbus ins Lausitzer Seenland zu fahren. Nur eine Frau wartet. Ohne Rad.
Tolle Idee, dieser Fahrradbus, mit dem man in diesem Jahr erstmals in der Zeit vom 31. März bis zum 31. Oktober Ziele im Seenland ansteuern kann. Pünktlich um 12.08 Uhr kommt ein Bus der Linie 166. Die Frau steigt ein, bekommt ihr Ticket. „Ich möchte nach Geierswalde, mit Rad“. Der Busfahrer schaut mich an, mein Rad, blickt ins Businnere. „Das können Sie auch im Bus abstellen“, meint er. Ich finde aber, dass es auf dem Anhänger besser aufgehoben ist. Der Fahrer erhebt sich, zieht sich schwarze Handschuhe an, wirft einen Blick auf mein, zugegebermaßen etwas heruntergekommenes Hollandrad. Nein, ich möchte jetzt nicht wissen, was er über mein Bike denkt. Er setzt es auf einen der Stellplätze, zurrt es fest. Auf dem Hänger ist Platz für 20 Räder. Ein Stellplatz ist nun belegt. Ich bezahle. 5,30 Euro für die einfache Fahrt. Die Tür schließt. „Viele Radfahrer nutzen den Bus wohl nicht?“, frage ich den Fahrer. Nein, müsse sich erst noch herumsprechen, meint der und fährt los.
An Feiertagen und Wochenenden fährt die Fahrradbuslinie des Verkehrsverbundes Oberelbe ins Seenland. Von 8.08 bis 18.08 Uhr fahren Busse alle zwei Stunden.
Wir fahren über Nardt, am Abzweig Neuwiese und an der Feuerwehrschule steigt niemand ein. Ohne Halt geht es weiter, Richtung Laubusch. Auch an drei Haltepunkten dort wird nicht gestoppt. Mein Eindruck: Die Sonntagstour ist für Busfahrer sicher angenehm, total stressfrei. Unterwegs sehe ich zahlreiche Radler. Auf Rennrädern, Touren- oder Trekkingrädern. Mich bei diesem sommerlichen Wetter in dem, zugegeben, angenehm klimatisierten Bus chauffieren zu lassen, das kommt mir nun etwas eigenartig vor. Ein Piepen ist im Bus zu hören. Die Dame hinter mir will aussteigen. Am Laubuscher Markt halten wir erstmals. Nach knapp zwanzigminütiger Fahrt. Der Busfahrer schaut nach draußen. Niemand zu sehen, der mit ihm fahren will. Auch an den Haltepunkten Kortitzmühle und Klein Partwitz wartet niemand auf den Fahrradbus. Auf dem Radweg neben der Straße hingegen herrscht reger Betrieb.
Um 12.52 Uhr hält der Bus in Geierswalde. Ich steige aus. Der Busfahrer auch. Er braucht eine Weile, bis er mein Fahrrad befreit hat, von den Schlingen. Ich bedanke mich, will von ihm wissen, wo denn die schwimmenden Häuser sind. „Oh, da muss ich aber passen“, er komme ja nicht allzu häufig in die Gegend. Sein Tipp: doch einen Bewohner fragen. Da fällt mir ein weiteres mongolisches Sprichwort ein: „Ein Mann muss wissen, wo seine Grenzen liegen“. Zurück geht es dann mit dem Rad. Auch um mein schlechtes Gewissen zu beruhigen.



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