Seeadler trotzen Sanierungslärm
Majestätisch gleitet der große Vogel mit waagerecht stehenden Schwingen durch die Luft, dreht ein paar elegante Runden um den Baum, auf dem sein mächtiger Horst thront und lässt sich schließlich dort nieder. „Das ist das Weibchen“, sagt Roland Weber und setzt das Fernglas ab. „Das Männchen kommt immer erst gegen 18.30 Uhr, sitzt dann meist in den hohen Bäumen daneben.“
Die Rede ist von einem Seeadler-Pärchen, das in einem Waldstück am Lugteich nistet. Roland Weber geht zwei- bis dreimal die Woche mit seinem Hund dort spazieren und beobachtet die Tiere. Im vergangenen Jahr sind ihm die Greifvögel zum ersten Mal aufgefallen. Er ist sich aber sicher, dass sie schon lange in dem Gebiet leben – und hofft, dass sie es auch weiterhin tun werden.
Der Laubuscher befürchtet, dass die kürzlich begonnenen umfangreichen Sanierungsmaßnahmen der LMBV zwischen Laubusch, Schwarze Elster und Hochkippe Nardt (TAGEBLATT berichtete) die Adler stören und die Baufahrzeuge dem Horst zu nahe kommen könnten. 110 Hektar Gelände werden hier teilweise mit Erdmassen aufgefüllt, neu profiliert, aufgeforstet. „Das Paar müsste jetzt brüten“, sagt Roland Weber, der sich für Seeadler interessiert und sich über die in Deutschland streng geschützten Tiere belesen hat, nachdem er sie das erste Mal sah. „Ich wusste ja zuerst nicht, was das für Vögel sind.“
Das Adlerweibchen ist unruhig, verlässt immer wieder ihr Nest, segelt ein Stück, setzt sich wieder. Das liegt aber sicher an uns, den ungebetenen Beobachtern. Nicht unbedingt an den gut vernehmbaren Fahrzeuggeräuschen, dem Pfeifen der Raupe, den Lastern, die Erdreich bewegen. „300 Meter“, schätzt Roland Weber, seien die Sanierer vorm Horst entfernt. Wie nahe der Tiefenrüttler, der Erdreich bis in 35 Meter Tiefe verdichtet, den Tieren kommen wird, vermag er nicht zu sagen.
Rund 400 Meter sind es, informiert Volker Krause von der Unternehmenskommunikation der LMBV. Dem Bergbausanierer ist das brütende Paar bekannt. „Die Verdichtungsarbeiten und Massentransporte werden so durchgeführt, dass die Seeadler gerade während der Brutzeit nicht gestört werden“, erklärt Krause. Das Unternehmen stehe dazu in engem Kontakt mit der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises Bautzen. „Wir haben Verhaltensanforderungen festgelegt und diese schriftlich im Bautagebuch der Baustelle festgehalten.“
Gernot Schweitzer, Sprecher des Landratsamtes Bautzen, bestätigt dies: „Es wird alles getan, um die Störungen so gering wie möglich zu halten.“ Die in größerer Entfernung zum Horst gelegenen Tätigkeiten würden beispielsweise zuerst erledigt. Die Tiere seien sehr scheu und empfindlich. „Bei permanenten Störungen werden der Horst oder die Brut schnell aufgegeben“, so Schweitzer. Seien die Jungen jedoch einmal geschlüpft, nehme die Bindung an den Horst stark zu, die Empfindlichkeit hingegen ab. „Mit der Zeit scheinen die Tiere gelernt zu haben, dass von Maschinen in der Regel keine Gefahren ausgehen – wie man das auch bei zum Beispiel Kranichen, Rehen, Rotwild und anderen Tierarten beobachten kann.“ Wann jedoch der Schwellenwert erreicht ist, könne vorher nicht gesagt werden. „Beim Seeadler geht man davon aus, dass in einem Radius von etwa 300 Metern Ruhe herrschen sollte.“
Das Lugteich-Brutpaar jedenfalls hätte denBeim Brutpaar am Lugteich Nardt war es so, dass es den Horst trotz der bereits begonnenen Sanierungsarbeiten – Waldrodung – damals angenommen und mit der Brut angefangen, die vorhandenen Störungen also weitestgehend ignoriert. Bei ihren bisherigen Kontrollen hätte die Naturschutzbehörde festgestellt, dass das Verhalten der Vögel auf einen normalen Brutverlauf hindeutet.
Roland Weber will sich damit nicht zufrieden geben. „Ich drehe meine Runden hier weiter und verfolge das Geschehen“, kündigte er an. Er empfindet die Rodungs- und Sanierungsarbeiten als Raubbau an der Natur und hätte es sinnvoll gefunden, das Lugteichgebiet als Biotop sich selbst zu überlassen.
Das geht freilich nicht so einfach. Die LMBV hat laut Betriebsplan im Lugteichgebiet – hier handelt es sich um KTagebaukippenbereiche – Gefährdungen, die sich aus dem Grundwasserwiederanstieg ergeben, zu beseitigen, erklärt Volker Krause. Andernfalls müsste das Areal gesperrt werden. Die LMBV legt dort zudem ein neun Hektar großes Biotop an. „Dieses befindet sich in einer Senke, die später zeitweise Wasser haben wird“, erklärt Krause. Um hier Rutschungsgefahr auszuschließen, müssten die Randbereiche mittels Rütteldruckverdichtung gesichert werden.
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