Schwitzen für die Leistungsspange
Von Constanze Knappe
Jacken an. Bewerter Christian Reinhardt kennt keine Gnade. Bevor er die Schnelligkeitsübung anpfeift, müssen die neun Jugendlichen vor ihm Kleiderordnung herstellen. Was nach Schikane klingt, ist es keineswegs. „Im Einsatz können Feuerwehrleute ja auch nicht im kurzen Shirt hantieren, egal wie tropisch die Temperaturen sind“, sagt er. Der Ottendorfer nahm 2001 selbst an der Ausbildung der Landesjugendfeuerwehr zur Leistungsspange in Nardt teil und weiß aus eigener Erfahrung, wie anstrengend die ist. Befehl ist Befehl. Acht Jungs und ein Mädchen ziehen ihre Jacken an, setzen die Helme auf und sind hoch konzentriert bei der Sache.
Zur Gruppe gehören Mitglieder der Jugendfeuerwehren aus den Hoyerswerdaer Ortsteilen Bröthen/Michalken und Dörgenhausen sowie aus Weinböhla. Man kannte sich vorher nicht. Es gilt, sich schnell als Team zu finden. Am Ende der Woche zählt die Gruppenleistung. Das wissen Maxi Jenny Müller und Felix Gruben aus Bröthen und Clemens Graf aus Dörgenhausen. Während sich ihre Altersgefährten im Freibad vergnügen, schinden sich die Drei mit Gleichgesinnten in der Landesfeuerwehr- und Katastrophenschutzschule in Nardt. Die wurde in dieser Woche kurzerhand zur Landesjugendfeuerwehrschule.
93 Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren, darunter elf Mädchen, trainieren für die Leistungsspange. Eine Auszeichnung, die es nur in Sachsen gibt, die den hohen Leistungsstand des Feuerwehrnachwuchses im Freistaat dokumentiert und deshalb auch vom Innenministerium gefördert wird.
Felix Gruben (15) ist seit sechs Jahren in der Jugendfeuerwehr. Zwar gebe es mitunter Momente, wo die Lust nicht allzu groß sei, aber ans Aufhören habe er noch nie gedacht. Auch gefalle ihm, dass man in der Freizeit gemeinsam etwas unternimmt. „Als Feuerwehrmann anderen zu helfen“, ist seine Motivation. Clemens Graf kennt es aus der Familie nicht anders. Vater und beide Brüder sind ebenfalls in der Feuerwehr. Manchmal sei er mitgegangen – und dann geblieben, so der 15-Jährige. Seit vier Jahren ist er dabei. Die Leistungsspange zeige, dass man gewappnet ist für den aktiven Dienst bei den Erwachsenen, sagt er.
Als einziges Mädchen in der Gruppe mitzumachen, das sei „voll cool“, findet Maxi Jenny Müller. Die 15-Jährige schnupperte beim Girls Day vor einem Jahr bei der Berufsfeuerwehr Hoyerswerda rein. Sie fand das so spannend, dass sie seitdem in der Jugendfeuerwehr in Bröthen/Michalken mitmacht. Einen Beruf in der Feuerwehr kann sich keiner der drei Schüler vorstellen. Ihren freiwilligen Ortswehren wollen sie aber auch später die Treue halten.
Die Schnelligkeitsübung beginnt mit der „weniger hübschen Aufgabe“, Schläuche zusammenzurollen. Je besser, umso leichter lassen die sich nachher wieder ausrollen und es gibt keine Verdrehungen, die in der Praxis zum Wasserschlag führen, erklärt Ausbildungsleiter Wolfgang Lehmann, bei der Landesjugendfeuerwehr für Lager und Fahrten zuständig. Auf Kommando werden Schläuche ausgerollt, miteinander verbunden, und die Gruppe muss wieder antreten. In weniger als 55 Sekunden. Obwohl es mit der Zeit etwas hapert, ist Bewerter Christian Reinhardt zufrieden.
Für den Neuner-Trupp ist nun die Disziplin Löschangriff nach Dienstvorschrift dran. Nach dem Einsatzbefehl des von ihnen bestimmten Gruppenführers Hannes Vick (Weinböhla) sind Tauchrohre an der Pumpe zu befestigen, Schläuche auszurollen und an Verteiler anzuschließen. Da muss jeder Handgriff sitzen. Es dauert etwas, bis einer „Wasser marsch“ ruft. Das fließt nicht wirklich auf dem Fahrzeughof der Feuerwehrschule. Obwohl sich das mancher wünschen würde. „Die Hitze ist ein gutes Konditionstraining“, sind sich Felix und Clemens einig. Bewerter Andreas Gimmler aus Delitzsch kritisiert „Kleinigkeiten, die es bis zur Prüfung auszumerzen gilt“. Er rät, Befehle und Handlungsweisen noch mal durchzusprechen. Vier- bis fünfmal trainieren die Gruppen im Laufe der Woche an den Stationen. Die Leistungsspange umfasst ebenso Kugelstoßen, 1 500 Meter-Staffel und ein lockeres Gespräch zu theoretischen Fragen der Feuerwehr.
Mit echter Teamarbeit ist das für alle zu schaffen, weiß Wolfgang Lehmann aus Erfahrung. Zum Programm gehören ebenso ein Besuch im Tagebau Welzow-Süd sowie eine Präsentation der Polizei zu Drogen, Jugendkriminalität und Umgang mit Medien.
Zum 15. Mal fand der Lehrgang für Jugendfeuerwehren in Nardt statt, bei dem gestern die Leistungsspangen vergeben wurden. Mit dabei waren diesmal vier Jugendliche aus Bröthen, einer aus Dörgenhausen und zwei aus Weißkollm. Verdonnert, wie man so landläufig sagt, wurde dazu niemand. Alle, die in dieser Woche in Nardt geschwitzt haben, taten das freiwillig. Die Jugendlichen sowieso, die Bewerter und Betreuer allerdings auch. Sie nahmen extra Urlaub dafür, sagt Wolfgang Lehmann, der 1968 über die AG Junge Brandschutzhelfer zur Feuerwehr kam.
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