Schäfchen Nummer fünf


von Tageblatt-Redaktion

Pippi Pauline (Carola Pohlan) und Weihnachtsschaf Augustus (Rainer Könen) traten mit dem Stück „Das Weihnachtsschaf Augustus“ zu Anfang des Monats im Lausitz-Center Hoyerswerda auf.
Pippi Pauline (Carola Pohlan) und Weihnachtsschaf Augustus (Rainer Könen) traten mit dem Stück „Das Weihnachtsschaf Augustus“ zu Anfang des Monats im Lausitz-Center Hoyerswerda auf.

Haben Sie in letzter Zeit Schwierigkeiten beim Einschlafen? Leiden Sie unter akuten Schlafstörungen? Und haben Sie sich gefragt, womit das zusammenhängen könnte? Ich gestehe: Das alles hat einzig und allein mit mir zu tun. Wenn ich mich vorstellen darf: Ich bin ein Schaf. Genauer gesagt, das Schlafschaf Nummer fünf. Mit mir hängen nicht nur die derzeit recht häufig vorkommenden Schlafstörungen zusammen, mit mir steht und fällt auch das Weihnachtsfest.

Wer das nicht glaubt, der sollte sich in diesen Tagen vom Weihnachtsschaf Augustus überraschen lassen. Das bin ich, na ja, jedenfalls in diesen Tagen, in denen ich mit dem Bautzener Tinty-Kindertheater durch die Lausitz toure. Da nehme ich die kleinen und großen Zuschauer in der Adventszeit mit auf eine abenteuerliche Reise und wundere mich dabei jedes Mal aufs Neue über mich. Darüber, wie ein paar Baumwollstrumpfhosen, ein dunkler Body, Ballett-Schlappen und ein flauschiges Fellkleid das Wesen eines Menschen verändern können.

Ein Weihnachtsmarkt vor einigen Tagen: Auf der Bühne singt der örtliche Chor. Noch eine knappe Viertelstunde, dann sind meine Mitspielerin Carola Pohlan und ich an der Reihe. Wäre das Fell nicht, fühlte ich mich fast wie ein Balletttänzer. Nur dass der sicher graziöser und eleganter daherkommen dürfte. Ich hingegen bin ja nur ein Schaf, ein scheues, ein tapsiges.

Hinter der Bühne ist ein Kommen und Gehen. Einer schmunzelt, als er mich in dem Outfit sieht. Ich werfe mir das Fellkleid über, ein flauschig-weicher Korpus umschlingt meinen Oberkörper. Um meine Handgelenke winden sich weiße Puscheln, meine Fußknöchel zieren helle Schafstulpen. Ich schaue in den kleinen Spiegel, den mir Carola Pohlan entgegenhält. Ich finde, dass ich irgendwie doch ein bisschen schräg aussehe.

Ein Mann im Schafskostüm. Das sieht aber auch drollig aus, und den Reaktionen des Publikums nach zu urteilen, hat dieses Outfit ein beträchtliches Humorpotenzial.

Ich blicke wieder in den Spiegel, schaue in zwei tiefbraune Augen, die denen eines Merinoschafes ähneln. Ich hätte jetzt gern ein Salatblatt, höre ich mich murmeln.

Noch zehn Minuten. Oben auf der Bühne wird das letzte Lied angestimmt. Nun werde ich gekrönt. Vielmehr, ich bekomme meinen Schafskopf oder das, was einmal eine Wintermütze war. Eine Idee von Pippi Pauline, so heißt meine Mitspielerin in diesem Stück. Dann beginnt das, was man als Rollenarbeit bezeichnet. Schaue erneut in den Spiegel. Finde, so könnte ein Schaf aussehen. Ich betrachte mich von vorne, von hinten, ich verziehe das Gesicht. Nein, die Mimik erinnert nicht an ein Schaf, eher an ein mümmelndes Kaninchen. Aber ich habe ja noch ein paar Minuten. Oben wird derweil die Bühne geräumt. Der Moderator kündigt uns an. Jetzt muss es schnell gehen. Ich bekomme weiße Theaterschminke ins Gesicht, mit dem schwarzen Kajalstift werden jedwede Zweifel meinerseits beseitigt: Ich bin ein Schaf. Das Weihnachtsschaf Augustus. Ein hilfloses Schäfchen, das vom Himmel plumpst, von seiner Schlafwolke und das für Durcheinander auf der Erde sorgt. Und selbstverständlich für Schlafstörungen.

Ich ertappe mich, jetzt, Sekunden vor dem Auftritt, wie ich mit erwartungsvoller Aufmerksamkeit an Schafherden vorbeiziehe, immer in der Hoffnung, die ein oder andere Geste, irgendeinen tierischen Wesenszug für meine Rolle noch aufzusaugen. Man will ja authentisch sein. Übrigens: Nach dem Stück sind sie vorüber, die Schlafstörungen. Bei Kindern, bei den Erwachsenen. Dafür garantiere ich, das Schlafschaf Nummer fünf. Määh.

Die nächsten Auftrittstermine: Donnerstag, 19. Dezember, 8.30 Uhr in Hoyerswerdaer Kitas und 10.30 Uhr in Leippe-Torno; Sonntag, 22. Dezember, 14 Uhr, Weihnachtsmarkt Bautzen.



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