Rückkehr mit zwei Armen


von Tageblatt-Redaktion

Gestern wurde der Kniende wieder auf seinem Sockel befestigt
Gestern wurde der Knieende wieder auf seinem Sockel befestigt

Mit einem Pinsel kitzelt Thomas Ihle den Mann vor sich in den Achselhöhlen. Doch sein Gegenüber bleibt kühl – schließlich handelt es sich bei dem „Knienden“ um eine Bronzeplastik. Das bekannte Denkmal vom Hoyerswerdaer Ehrenhain verbrachte die letzten Wochen in Dresden. Dort kümmerte sich die Kunstgießerei Ihle darum, dass der Kniende wieder zwei Arme bekommt. Den linken hatte er Mitte Juli verloren. Unbekannte hatten die Statue, die der Hoyerswerdaer Ehrenbürger Jürgen von Woyski (1929 bis 2000) geschaffen hat, von ihrem Sockel gekippt. Von Thomas Ihle erhielt die Figur nach der Reparatur mit Pinsel und Lappen noch eine ganz besondere Schönheitsbehandlung. Seit gestern steht sie wieder auf dem Ehrenhain an der Dietrich-Bonhoeffer-Straße.

Die grünliche Haut des Knienden ließ den Dresdner Handwerker schon fast ein wenig schwärmen. „Eine wunderschöne Patina“, sagte Ihle. Hellgrün und schwarz schimmerte sie im Sonnenlicht, als er das Denkmal auf dem Hof seiner Firma für den Rücktransport nach Hoyerswerda vorbereitete. Durch Verwitterung entstand die Patina auf der Bronze, bildet nun zugleich einen natürlichen Schutz. „Die Schicht auf dieser Plastik ist besonders schön, sehr gleichmäßig.“ In Hoyerswerda müsse die Luft gut sein, fügte Ihle mit einem Lächeln hinzu. Von Dresdner Denkmälern kenne er so etwas nicht.

Als das Denkmal in der Landeshauptstadt ankam, war nicht nur ein Arm lädiert. „Auch die Verbindungsstelle des anderen zum Körper hatte Risse“, erklärte der Firmenchef weiter. Beide Arme wurden wieder angeschweißt, die danach entstandenen Nähte durch Schleifen und Fräsen verblendet und somit unsichtbar gemacht. Mit Pinsel und einer speziellen Lösung verpasste Ihle ihr daraufhin noch einen Anstrich, zum zusätzlichen Schutz und für den richtigen Glanz. Denn nach dem anschließenden Polieren blinkte es auf der Oberfläche.

Gestern reiste der Kniende, der 1975 zum Gedenken an die Opfer von Krieg und Faschismus aufgestellt wurde, in seine Heimat zurück. Dort wartete bereits ein Kran auf ihn, der den Bronze-Mann wieder auf seinen Sockel hob. Dafür wurde ihm eine Schlinge um den Hals gelegt, an der er heraufgezogen werden konnte. Auch Mitarbeiter des städtischen Bauhofs halfen dabei. Nun hofft die Stadt, dass das Denkmal langfristig von Zerstörung verschont bleibt. „Der Ehrenhain ist jederzeit öffentlich zugänglich, da ist es natürlich schwer, hundertprozentige Sicherheit zu garantieren“, erklärte Pressesprecher Bernd Wiemer. Seit dem Vorfall Mitte Juli würde die Polizei aber verschärft Streife fahren und auch die städtischen Politessen seien dazu angehalten, regelmäßig nach dem Rechten zu sehen.

Wer den Knienden vom Sockel stieß, ist indessen noch nicht bekannt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt. Ein Interesse an der Kunst hat die Täter aber wahrscheinlich nicht zu ihrem Vorgehen motiviert. Vielmehr waren sie wohl auf das Metall aus. Neben der Bronzeplastik war im Juli auch eine Flammenschale aus demselben Material gestohlen worden und eine von vier Bronzeplatten des Woyski-Reliefs „Ehrfurcht vor dem Leben“ auf dem Schulhof der Albert-Schweitzer-Förderschule verschwunden. „Wann Schale und Relief wieder ersetzt werden können, steht leider noch nicht fest“, fügte Wiemer hinzu. Nach einer ersten Kostenschätzung wären für die Wiederherstellung aller drei Kunstwerke knapp 9 000 Euro notwendig. Diese Kosten wird die Landesdirektion Dresden aus einem Fördertopf für Kriegsgräberstätten bezahlen.



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