Pressespiegel: 30 Jahre Gewalt-Herbst in Hoyerswerda
Hoyerswerda. In den letzten Tagen blickten viele Medien zurück auf die Tage der Gewalt gegen Ausländer im September 1991 in der Stadt und reflektierten das örtliche Gedenkwochenende. Hier ein paar Stimmen dazu – Ausschnitte aus Texten:
Deutsche Presseagentur: „Mit zahlreichen Veranstaltungen erinnert Hoyerswerda an die rassistischen Ausschreitungen im September vor 30 Jahren … Seit dem Herbst 1991 ist Hoyerswerda für viele ein Synonym für Rassismus, Intoleranz und Rechtsextremismus. Zwischen dem 17. und 23. September griffen junge Neo-Nazis ehemalige DDR-Vertragsarbeiter und Asylsuchende an. Schaulustige riefen rassistische Parolen.“
Deutschlandfunk: „Im Einkaufszentrum nebenan werden Portraits ehemaliger Vertragsarbeiter gezeigt – um die Erinnerung in die Stadt zu tragen.“
mdr – Sachsenspiegel: „Ehemalige Vertragsarbeiter aus Mosambik sind eingeladen, in Schulen zu sprechen. David Macau, einst Schweißer in Hoyerswerda, ist dazu extra aus Mosambik angereist. Er ist froh über diese Art der Aufarbeitung.“
Leipziger Volkszeitung: „Nach den Ausschreitungen versuchte Hoyerswerda zu verschwinden und es gelang fast: Die Einwohnerzahl halbierte sich, gut 32.000 Menschen leben heute noch in der Stadt. Irgendwann verschwanden sogar die Neonazis – die, die öffentlich prügelten jedenfalls.“
Berliner Zeitung: „Hier wurde mehr zerstört als das ohnehin gefährdete Image einer Stadt in strukturschwacher Region. Denn Hoyerswerda war darüber hinaus ein Symbol für die an der Realität gescheiterte Utopie. Nirgends, außer vielleicht in Stalin-, später Eisenhüttenstadt, war die DDR so nah daran, sich als der proletarische Traum einer gerechten Gesellschaft zu verwirklichen – und nirgends verlief das Scheitern dann mit solch krachender Deutlichkeit.“
ZDF – heutejournal: „Hoyerswerda brauchte Jahre, um Worte für das Geschehene zu finden.“
taz – die tageszeitung: "Dass Hoyerswerda besser als sein Ruf ist – darauf können sich hier fast alle einigen. Anders als in der Frage, ob das Gedenkwochenende nützt oder schadet. Größere Sorgen bereitet vielen ohnehin der Strukturwandel.“
Süddeutsche Zeitung: „Und es gibt ja auch Grund zu Optimismus. Bei der Oberbürgermeisterwahl gewann in Hoyerswerda entgegen allen Befürchtungen die SPD. Am Hochhaus am Knie soll ein neuer Jugendklub entstehen, und der Freisitz der Kulturfabrik ist abends voll.“ –red-
Kommentare zum Artikel:
Gisela Zozula schrieb am
Sehr geehrte Damen und Herren,
der Schein trügt gewaltig, latente Rechtslastigkeit findet im täglichen Leben meiner Enkelin öfters statt. Es ist in vielen Köpfen fest verankert.
O-Ton ,,Urenkelin wurde wohl in Auschwitz vergessen" Fragezeichen. Der Lebensgefährte wurde schon oft aufs Gröbste beschimpft und beleidigt. Es ist leider kein Einzelfall. Sie wollen Sachsen verlassen. Vielschichtig wird agiert, vom Busfahrer bis zum...darüber schweige ich.
G. Z.
Torsten Weniger schrieb am
Die Stadt hat einfach diesen Ruf weg. Arbeitet man in anderen Regionen Deutschlands und erzählt woher man kommt, dann wird man gleich schief angeschaut und vorverurteilt. Obwohl man da ja aktuell als Sachse eh gleich der rechten Szene zugeordnet wird.
Ich habe viele Menschen in ganz Deutschland kennengelernt, viele davon waren ehemalige Sachsen und auch viele aus der Region Hoyerswerda. Ein gewisses Fremdschämen für die Heimat verspüren alle, viele distanzieren sich von ihrem Ursprung völlig.
Ja, hier hat man es manchmal nicht ganz leicht, ja, hier verdient man durchschnittlich auch weniger, aber Wohnraum sowie die Landschaft sind ein Ausgleich dafür.
Wenn das jetzt mal alle selbst reflektieren, auch die Vorteile sehen und aufhören auf jeden und alles neidvoll zu schauen, dann lebt man hier gut.
Wo ich aber meiner Vorrednerin recht geben muss, ist die Tatsache, dass es in Hoyerswerda noch genau so eine rechte Szene gibt wie früher. Nur sieht die heute gut bürgerlich aus und hat sich von den Springern und der Bomberjacke verabschiedet.
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