Pläne zum Straßenbau gelesen – und kritisiert


von Hoyte24 News

Pläne zum Straßenbau gelesen – und kritisiert
Foto: Eine Spinnerei e.V.

Spreetal. Der Weiterbau der Spreestraße von Neustadt/Spree zum Spreewitzer Kreisverkehr ist für manche nach jahrelangen Diskussionen überfällig. Als die Landesdirektion Sachsen im Mai die Baugenehmigung erteilt hat, war von der lange ersehnten Vollendung einer leistungsfähigen Straßenverbindung zwischen den Industrie- sowie Kraftwerkszentren Boxberg und Schwarze Pumpe die Rede. Es geht um fünf Kilometer Neubau.

Kritik kommt schon länger aus Neustadt/Spree, genauer vom dort ansässigen Verein „Eine Spinnerei – vom nachhaltigen Leben“. Er macht darauf aufmerksam, dass der erteilte Planfeststellungsbeschluss bis zum Monatsende unter anderem bei der Gemeindeverwaltung in Burgneudorf öffentlich eingesehen werden kann. Man habe das getan und gravierende Fehler entdeckt, steht in einer am Mittwoch verbreiteten Mitteilung, die wir hier zum Großteil dokumentieren:

Die Umweltverbände Grüne Liga, NABU und BUND kritisieren die Planungen seit Jahren als rückwärtsgewandt, überdimensioniert und klimapolitisch blind. Mitten im Strukturwandel, in einer Region, die sich vom Braunkohleabbau verabschiedet, soll nun eine neue LKW-Trasse zwischen den auslaufenden Kohlekraftwerksstandorten Schwarze Pumpe und Boxberg entstehen – als müsste die Zukunft dieser fossilen Infrastruktur noch gesichert werden.

Der Verein „Eine Spinnerei e.V.“, Mitgliedsgruppe der Grünen Liga, hat die ausgelegten Unterlagen intensiv geprüft – und dabei eklatante Fehler festgestellt. Prognosen seien lückenhaft, zentrale Entwicklungen wie der Kohleausstieg kaum berücksichtigt, und wichtige Daten zu den tatsächlichen Verkehrszahlen fehlerhaft oder längst überholt.

„Das vollkommen aus der Zeit gefallene Vorhaben dieser Straße wird den Steuerzahler im Kreis Unsummen kosten. Dieses Geld dürfte dem Landkreis an anderer Stelle bitter fehlen – etwa für wirklich nötige Infrastruktur, Bildung oder sozialen Zusammenhalt“, kritisiert Ursula Eichendorff vom Verein Eine Spinnerei e.V.

Der Verein geht von einem mittleren zweistelligen Millionenbetrag aus, der für das Projekt aufgewendet werden müsste. Und das sei vermutlich nicht das Ende der Fahnenstange: „Durch das neue Investitionspaket der Bundesregierung, das bundesweit eine Bauoffensive für marode Brücken und dringend nötige Infrastruktur anstoßen soll, ist mit erheblichen Kostensteigerungen zu rechnen – denn künftig wollen plötzlich alle bauen. Das wird Personal und Materialien verknappen“, so Eichendorff.

Die Kritik der Verbände ist damit nicht nur ökologisch, sondern auch finanz- und verkehrspolitisch motiviert. Die Verkehrsprognosen reichen nur bis 2030, obwohl mit einem Baubeginn der Straße frühestens 2027/28 gerechnet wird. Auch rechnen die Planer in der Verkehrsprognose mit Neuansiedlungen vor allem im Industriegebiet Schwarze Pumpe bedingt durch den geförderten Strukturwandel in der Lausitz, der die auslaufende Kohleindustrie ersetzen soll. Allerdings berücksichtigen sie den Wegfall der Kohleindustrie und der kohlebedingten Verkehre in ihren Berechnungen nicht, mit dem Hinweis darauf, dass Zahlen hierzu rein spekulativ seien.

Aber auch trotz dieses Tricks, Kohleindustrie und ablösende Industrien einfach aufeinander zu addieren, sind die prognostizierten Zahlen bedenklich gering, um den Straßenbau zu rechtfertigen. Hinzukommend sollen die neuen Industrieansiedlungen ein außergewöhnlich hohes Interesse mitbringen Schwerlastverkehr nach Boxberg zu erzeugen – entsprechende Bedarfe fehlen bisher.

Das viel beschworene Argument eines „Lückenschlusses“ entpuppt sich bei näherer Betrachtung als Augenwischerei: Die bestehende, gering ausgelastete Staatsstraße S130 verläuft bereits nahezu parallel. Ein echter verkehrlicher Bedarf lässt sich daraus nicht ableiten – im Gegenteil: Bestehende Infrastruktur wird ignoriert, um eine neue Schneise durch Natur und Landschaft zu schlagen.

Zudem zeigt der Planfeststellungsbeschluss deutlich, dass klimafreundliche Alternativen – wie die elektrifizierte Werksbahnverbindung der LEAG – nicht einmal ernsthaft geprüft wurden. Für die Verbände ist das ein klarer Beleg dafür, dass hier ein überholtes Straßenprojekt mit aller Macht durchgesetzt werden soll, ohne Rücksicht auf ökologische und strukturelle Vernunft.

Der Verein sieht in dem Vorhaben ein Symbol für einen völlig verfehlten Strukturwandel – und berät aktuell über die Einleitung einer rechtlichen Prüfung möglicher juristischer Schritte gegen den Planfeststellungsbeschluss.

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