Netzkontrolle vom Hubschrauber aus


von Tageblatt-Redaktion

Immer an der Leitung lang: Mit dem Hubschrauber sind die Netzkontrollen am effektivsten.
Immer an der Leitung lang: Mit dem Hubschrauber sind die Netzkontrollen am effektivsten.

Seit drei Wochen sind Hochspannungs-Anlagenmanager Frank Müller und sein Kollege Sebastian Schramm unterwegs und fliegen durch die schöne Lausitz. Den Flug bezahlt ihr Arbeitgeber, die MitNetz Strom, ein Unternehmen der envia-Gruppe. Doch für die Reize der Landschaften und Orte haben die Männer kaum Zeit. Sie schauen hochkonzentriert auf Leitungen und Masten des 110-kV-Hochspannungsnetzes. Inspektionsflug. Seit Jahren fliegt Pilot Siegfried Lange vom DHD-Heliservice im Charterflug für die MitNetz Strom. Der 60-Jährige weiß, was die Inspekteure interessiert. Möglichst nah wollen sie an die Leitungen und Masten ran und mit etwa 15 bis 30 km/h dran vorbeifliegen.

Die Reisegeschwindigkeit beträgt normalerweise 190 km/h. Aber da kann man nicht mehr kontrollieren.
Mal umrundet Lange einen Mast, geht etwas tiefer, damit man auch mal von unten gucken kann. Sie machen das alle schon seit ein paar Jahren. Auf dem Monitor vor Sebastian Schramm zeigt die Karte dank GPS den aktuellen Punkt, jede Leitung und jeden Mast an. Im Laptop werden die dazugehörigen Beobachtungen eingegeben. Seile, Mastkonstruktion, Isolatoren und Armaturen der Freileitungen werden auf Beschädigungen, Unregelmäßigkeiten und Gefährdungen kontrolliert. Sind die Trassen beschädigt, wachsen irgendwo Bäume gefährlich bis an die Leitungen heran? Ist hier irgendetwas Auffälliges, das es abzustellen gilt? Wurde etwas unter den Leitungen neu gebaut oder verändert, wofür man keine Genehmigung erteilt hat? Wenn ja, dann wird es erfasst, Punkt für Punkt.

Der Hubschrauber umkreist das Umspannwerk in der Stauffenbergstraße. Hier wird Hoyerswerdas Elektroenergie eingespeist, von Hochspannung auf Mittelspannung transformiert. Der Strom kommt von den Kraftwerken und wird in den Einspeise-Umspannwerken, zum Beispiel Graustein, in das 110-kV-Hochspannungsnetz gespeist. Das gehört hier der Mitnetz Strom. Das Gebiet des ehemaligen Landkreises Hoyerswerda gehört zur Netzregion Brandenburg, die im Wesentlichen der Fläche des DDR-Bezirks Cottbus entspricht. Etwa 1 000 Kilometer Leitungstrassen gibt es hier, zu fast 100 Prozent als Freileitung. Einmal im Jahr werden diese Leitungen kontrolliert.

Vom Hubschrauber aus. Wenn man die Dimensionen bedenkt und den Fakt, dass man die Trassen, die auch über Flüsse, große Straßen und Bahnlinien führen, nicht einfach mit dem Auto abfahren kann, dann ist schnell klar, warum der eigentlich recht teure Hubschrauber dann doch die preiswerteste Art und Weise ist, die Leitungen und Masten zu inspizieren. Ein Mast unweit des Hoyerswerdaer Umspannwerkes wird in der Liste erfasst, weil der rote Korrosionsschutz schon unter dem Schutzanstrich praktisch auf der gesamten Oberseite der Traversen durchscheint. Ein paar Kilometer weiter dokumentiert man eine Birke, deren Spitze bis in die durchhängende Freileitung ragt. Ein akuter Fall. Der Baum wird schon in den nächsten Tagen gefällt werden. Ansonsten wartet man mit dem Stutzen und Fällen der Bäume bis zum Ende der Vegetationsperiode. Und so geht es immer weiter. An der Spree sind einige Masten vom Wasser eingeschlossen. Aber ihnen droht keine Gefahr. Sie haben gute Fundamente.

Siegfried Lange macht einen Bogen um die Rinderherde auf der nahen Weide. Er achtet darauf, dass Tiere möglichst nicht verschreckt werden. Das gilt auch für die Fischadler-Horste, die es auf einigen Masten gibt. Hier riskieren die Inspekteure lieber einen Blick aus der Ferne. In bewohnten Gebieten versuchen sie ebenfalls die Belästigung der Menschen so gering wie möglich zu halten. Aber so ein Hubschrauber ist nun mal kein Elektrofahrrad. Den hört man schon.

Von hier oben sieht man gut, dass die Lausitz eine Energieregion ist. Windräder drehen sich vor dem Vattenfall-Kraftwerk in Schwarze Pumpe, Sonnenkollektoren-Felder so groß, dass man sie für Seen halten könnte, glitzern unter dem Hubschrauber. Nagelneue Leitungen, wie die, die erst im vergangenen Jahr nach Lohsa gebaut wurde, neben Leitungen, die schon ein bisschen in die Jahre gekommen, aber immer noch gut in Schuss sind. Und dann sieht man selten auch noch ein paar ganz alte Trassen. Punkt für Punkt wird die Datei im Laptop gefüttert. Gestern endete die Befliegung des MitNetzStrom-Leitungssystems. Siegfried Lange wird jetzt nicht mehr jeden Tag in Finsterwalde mit den Inspekteuren starten, sondern schauen, welche Aufträge sonst zu fliegen sind. Die Netz-Inspekteure werden eine Woche lang die Daten aus dem Laptop auswerten und dann Aufträge auslösen. In einem Jahr werden sie aber wieder in den Hubschrauber steigen und die Leitungen mit geübtem Blick abfliegen. Effektiver geht es nicht.



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