„Musik macht klug"


von Tageblatt-Redaktion

Cindy lernt an der Kunst- und Musikschule Bischof und trat auch beim Jubiläumskonzert auf.
Cindy lernt an der Kunst- und Musikschule Bischof und trat auch beim Jubiläumskonzert auf.

Am Sonnabend feierte die Musik- und Kunstschule, ehemals Yamaha-Musikschule, zwanzigjähriges Bestehen im Saal der Sparkasse. Zu den Gratulanten gehörte auch Bürgermeister Stefan Skora, der versprach, dass man diese Schule künftig stärker wahrnehmen und intensiver mit ihr zusammenarbeiten wolle. Von den bisherigen Erfolgen konnten sich die Besucher überzeugen. Zahlreiche Kinder, Jugendliche und Erwachsene präsentieren, was sie bei André Bischof und seinem Team gelernt haben. Über Erreichtes und Pläne sprachen wir mit ihm.

Warum haben sie damals die Yamaha-Musikschule eröffnet, Herr Bischof?
Mit dem Ende der DDR hatte ich meinen Abschluss als staatlich geprüfter Berufsmusiker mit Schwerpunkt Chor- und Ensembleleitung und Gesang am Konservatorium Cottbus absolviert und arbeitete als Berufsmusiker und Musikpädagoge freiberuflich. In der Zeit nach der Wende hatte ich dann einen sehr gut bezahlten, aber artfremden Job in einem großen Lebensmittelkonzern, weil alles Kulturelle komplett zusammengebrochen ist und es ums Überleben ging. Ich wollte wieder zurück in meinen Beruf und in meine Berufung. Nach der Wende war im Osten Deutschlands eine wunderbare Aufbruchstimmung und so wagten meine Frau und ich den Sprung in die Selbstständigkeit. Die Firma Yamaha gab uns die Konzepte und machte uns Mut, dafür bin ich heute noch sehr dankbar.

Sehen Sie ihre Schule als Konkurrenz zur städtischen Musikschule?
Wenn man um dieselben Kunden wirbt, steht man auch in Konkurrenz. Allerdings haben wir von Anfang an versucht, eigene Wege zu gehen, also sprechen wir einen anderen Kreis an. Da wir als Einzelunternehmer tätig sind, müssen wir zu 100 Prozent für das, was wir tun, geradestehen. Das ist nicht immer einfach und wir haben für unseren Erfolg viel arbeiten müssen, zehn-Stunden-Tage und verplante Wochenenden sind keine Seltenheit. Teilweise geht das in Richtung Selbstausbeutung. Aber: Wer viel gibt, bekommt auch viel, meist ideell, zurück. Das entschädigt andererseits. Unser Vorteil ist auch, dass wir unabhängig sind und damit Neues schneller realisieren können. Manchmal wünschte ich mir etwas Unterstützung von der Stadt.

Wie viele Schüler wurden bis jetzt an Ihrer Schule unterrichtet?
Wir haben in dieser Zeit etwa 3 000 Schüler unterrichtet. Durch unsere vielen Veranstaltungen erreichen wir jährlich etwa 12 000 Besucher. Darüber staunen wir oft selbst und hätten uns das in den Anfängen nicht träumen lassen.

Was sind die begehrtesten Instrumente und Angebote?
Am begehrtesten sind immer noch die Tasteninstrumente, gefolgt von Gitarre. Aber auch die musikalische Ausbildung von Kindern hat eine große Bedeutung gewonnen.

Was wird eher selten in Ihrer Schule beansprucht?
Mandoline wird kaum nachgefragt, obwohl dieses Instrument vor langer Zeit mal sehr populär war. Wir hatten mal einen Schüler. Auch Blechbläser unterrichtet eher die städtische Schule.Welches Programm erwartet heute die Besucher?Wir haben uns für einen Querschnitt entschieden und wagen erstmals ein vollkommen neues Konzept. Wir nennen es Musik und Gespräche - eine zwanglose Konzertatmosphäre mit viel Raum für Begegnungen. Auch haben sich ehemalige Schüler für eine Überraschung angemeldet. Gäste, mit denen wir gemeinsame Projekte verwirklicht haben wie DDP und Amici della Musica, werden sich ebenfalls präsentieren. Die gesamte Veranstaltung erstreckt sich über 4 Stunden und wird sicher Freude machen.

Was ist das für Sie für ein Gefühl, Schüler zu hören oder zu sehen, wenn Sie sich weiterentwickelt haben?
Ein sehr schönes, einzigartiges Gefühl, dass man mit keinem Geld bezahlen kann.

Wie erfolgreich sind Ihre Schüler?
Einige Schüler haben ein Musikstudium begonnen oder sind bereits fertig. Unsere Band „Nachspiel“ war unter den zehn besten Schülerbands Deutschlands. Eine Schülerin gehörte zu den besten Europäischen Komponisten bei einem Yamaha- Wettbewerb. Wichtiger ist aber, wenn wir von ehemaligen Schülern hören, dass sie sich weiter leidenschaftlich mit Musik beschäftigen und damit ihren Alltag bereichern.

Können Sie Beispiele benennen, welche Schüler Ihnen besonders am Herzen liegen?
In meiner Tätigkeit als Seminarleiter habe ich schon viele Länder bereist wie Ungarn, Holland und jüngst Bosnien-Herzegowina. Wir unterhalten uns meist englisch oder nonverbal, Musik erklärt sich oft von selbst. Mir hat mal ein Teilnehmer ein schriftliches Feedback gegeben, das zwar Deutsch, aber im Satzbau landessprachlich war – für mich ein totales Kauderwelsch. Aber ich war sehr gerührt. Ich arbeite seit einiger Zeit mit geistig Behinderten zusammen, da gibt es oft sehr witzige, aber auch sehr rührende Momente.

Warum ist Ihrer Meinung nach Musik oder eine Ausbildung in dem Bereich für Menschen wichtig?
Musik macht klug und ist die beste Altersvorsorge. Jeder Mensch braucht eine Bestätigung und über die Musik bekommt er sie.

Wie alt ist der oder die jüngste Schüler(in) bzw. der oder die älteste?
Unsere jüngsten sind noch nicht geboren. Das klingt komisch, aber beantwortet auch die Frage nach Musikalität. Denn schon im Mutterleib erfolgen die Prägungen für das weitere Leben. Deshalb bieten wir seit kurzem Kurse für Schwangere an. Ich selbst habe erstaunliche Erfahrungen beim Unterrichten von Kleinkindern gemacht. Übrigens sind unsere ältesten Schüler um die 80 Jahre alt. Besonders da merkt man, wie unschätzbar wichtig die Musik ist.

Wie sehen Sie Ihre Musikschule in ein paar Jahren?
Ich bin jetzt 51 Jahre und fühle mich noch sehr fit. Als Musiklehrer habe ich mit zunehmendem Alter mehr Gelassenheit und konzentriere mich mehr auf fundamentale Dinge. Ich habe noch viele Ideen, die ich verwirklichen möchte. Unsere Schule wird in 20 Jahren anders sein als heute. Ob wir dann größer oder kleiner sind, ist nicht so entscheidend. Irgendwann wird es Zeit, den Stab weiterzureichen. Das wird in etwa 15 bis 20 Jahren Thema sein. Bis dahin kann man auf viel Neues gespannt sein. Ich freue mich auf die Zukunft.
Interview: Silke Richter



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