Multinationale Küchenarbeit


von Tageblatt-Redaktion

Unter Anleitung von Farmleiterin Liane Semjank bereiteten Jugendliche aus fünf Ländern gemeinsam ihr Mittagessen zu: Backkartoffeln mit zweierlei Sorten Quark.
Unter Anleitung von Farmleiterin Liane Semjank bereiteten Jugendliche aus fünf Ländern gemeinsam ihr Mittagessen zu: Backkartoffeln mit zweierlei Sorten Quark.

Von Anja Wallner

So ein paar freundliche Begrüßungsworte zu sprechen, das kann schon mal eine Weile dauern – wenn das auf Deutsch Gesagte erst ins Französische, Polnische und Italienische übersetzt werden muss. Diese Erfahrung machte in dieser Woche Liane Semjank, die Leiterin der Hoyerswerdaer Kinder- und Jugendfarm. Sie hatte am Donnerstag einen halben Tag lang Gäste aus vier Ländern, 60 Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 14 und 25 Jahren. Sie sind Teilnehmer einer internationalen Jugendbegegnung, deren Ausrichter die Stadt Bernsdorf ist (TAGEBLATT berichtete). Schon seit vergangenem Sonntag sind sie in der Region, die jungen Leute aus Steinenbronn (Baden-Württemberg), Polla (Italien), La Roeulx (Belgien), Quinsac (Frankreich) und erstmals aus Boleslawiec (Polen). Zu den genannten Städten und Gemeinden pflegt Bernsdorf freundschaftliche Beziehungen – mit und ohne entsprechenden Vertrag.

Der Donnerstag in Hoyerswerda stand für die Gäste, die sich in den letzten Tagen bereits in Bernsdorf und Dresden umgesehen hatten, unter dem Motto „Lausitzer Produkte“. Vor dem Farmbesuch stand eine Besichtigung der Ölmühle an. Gabriele Witschas, Hauptamtsleiterin der Bernsdorfer Stadtverwaltung und Hauptorganisatorin des Treffens, war erstaunt, dass das Gros der Besucher den doch recht ungewohnten Geschmack des Leinöls mochte. „Mit Zucker verrührt und gestippt, das war schon okay“, befand jedenfalls Lara aus Steinenbronn.

Leinöl war zwar nicht Bestandteil des Mittagessens, das die Besucher dann selbst auf der Farm zubereiteten. Dafür Quark und (Sesam-Back-)Kartoffeln. Und wie es sich bei einer internationalen Veranstaltung gehört, war das Rezept auf Deutsch und Englisch auf Zettel geschrieben: Es gab demnach also unter anderem „Sesame potatoes made in the oven and curd cheese.“

Während eine Gruppe einmütig Quark rührte, Kräuter hackte und Kartoffelecken in Sesam wälzte, unternahmen andere eine Farm-Führung mit Mitarbeiter Bernd Latta. Farmschildkröte „Uschi“ hatte es besonders Francesco angetan. Der junge Mann, der „Uschi“ hingebungsvoll mit Salat fütterte, ist ein Beispiel für „verpartnerte Partnerschaft“: Er selbst stammt aus Polla, lebt aber in Frankreich, seine Frau stammt aus – Quinsac.

Silvio aus Italien zeigte sich begeistert von Deutschland. „Die Landschaft, die Wälder, und alles ist so organisiert hier“, meinte er. An der Jugendbegegnung nahm er zum ersten Mal teil. „Ich finde es wichtig, etwas über andere Kulturen zu erfahren und über den Tellerrand zu schauen“, sagte der 25-Jährige.

Ähnlich sieht es Monika aus Boleslawiec. „Wir lernen hier Sprachen kennen.“ Wobei die Begegnungssprache unter den Besuchern hauptsächlich Englisch ist. Die 18-Jährige kennt Bernsdorf bereits, ist dort schon mit ihrer Tanzgruppe aufgetreten. „Wir mögen die Gegend, haben schöne Erinnerungen daran.“ Da Boleslawiec nicht so weit entfernt von der Grenze liegt, „ist es hier nicht so anders als bei uns. Im Endeffekt sind wir eine Region“, sagte sie. Kartoffeln mit Quark waren ihr bis dato aber doch unbekannt. Dafür genoss sie nach eigenen Angaben die Forellen, die nach einem anstrengenden und schönen Sport- und Badetag am Mittwoch in Bernsdorf serviert wurden.

Zurück daheim wird Monika viel von Dresden zu erzählen haben. „Der Landtag ist so modern“, sagte sie erstaunt, „In Polen ist das Parlamentsgebäude viel älter.“ Aber historische Gebäude, die sie gern mag, hat sie in Dresden etliche gesehen.

Draußen auf dem Farmgelände zogen jetzt die Ziegen die Aufmerksamkeit der Gäste auf sich: Lara konnte zeigen, dass sie nicht ungeschickt beim Melken ist – am Ende sind 250 Milliliter frische Ziegenmilch in der Kanne. Bernd Latta verteilte Becher – klar wollte jeder mal probieren. „Ist warm und schmeckt“, so das Urteil. Das Melken kannte Lara von daheim bereits, eine Premiere war für die 15-Jährige hingegen der Besuch in Bernsdorf und überhaupt in den neuen Bundesländern. „Es sieht schon anders aus als bei uns“, meinte sie. „Viele Häuser sehen noch so aus wie zu DDR-Zeiten.“ Für sie ist es nicht die erste Teilnahme an dieser Internationalen Begegnung, die jedes Jahr abwechselnd in einem anderen der befreundeten Orte stattfindet. „Man kennt sich schon“, sagte sie über die anderen Mitreisenden. „Wir sitzen jeden Abend zusammen und unterhalten uns.“ Untergebracht ist ein Großteil der Gäste im Wohnheim des Berufsschulzentrums in Kamenz. Und wenngleich das Programm – jeder Tag steht unter einem anderen Motto – recht straff gehalten ist: „Ein bisschen Action könnte noch sein“, meinte Max in Bezug auf die Unterkunft. „In Kamenz ist abends gar nichts los.“

Neben den Jugendlichen und ihren Betreuern sind jeweils zwei offizielle Vertreter der Gemeinden nach Bernsdorf gereist. Teil des Programms ist auch eine Partnerschaftsberatung, die gestern stattfand. Dabei wird diskutiert, wie es mit der Zusammenarbeit zwischen den Orten weitergeht. Die Jugendlichen haben gestern währenddessen ihren einwöchigen Aufenthalt in Sachsen ausgewertet und am Abend ihre in dieser Woche entstandenen Projekte präsentiert. Eine Fotodokumentation über den Besuch beispielsweise. Heute fahren sie wieder zurück in ihre Heimatorte. Bis zu einem Wiedersehen im nächsten Jahr – in Deutschland, Frankreich, Polen, Italien oder Belgien.



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