Mühlenvorkämpferin lässt die Jugend ran


von Tageblatt-Redaktion

Man kann sie eigentlich nicht verabschieden“, sagte der damalige Hoyerswerdaer Bürgermeister Horst-Dieter Brähmig, als Gertrud Winzers Amtszeit als Schwarzkollmer Bürgermeisterin und Ortsvorsteherin 2004 nach 26 Jahren endete. Verabschiedet hat sie sich ja auch nicht, im Gegenteil. Gertrud Winzer kündigte damals an, sie „baue jetzt Krabatmühle“ – und diesem ihrem Lebenswerk hat sie seither noch mehr verschrieben als die Jahre zuvor. Auch wenn eine weitere, wenngleich kleinere Ära, in dieser Hinsicht nun auch zu Ende gegangen ist: Gertrud Winzer hat jetzt ihr Amt als Vorsitzende des Vereins Krabatmühle-Schwarzkollm aufgegeben, hat wie damals, Platz gemacht für eine jüngere Generation. Der 35-jährige Tobias Zschieschick, bislang ihr Stellvertreter, hat den Vorsitz übernommen. Gertrud Winzer stand seit der Gründung 2005 an der Vereinsspitze, nun hat sie mit Tobias Zschieschick die Rollen getauscht: Sie fungiert nun als Vereinsvize. Mitte des Monats fand die reguläre Mitgliederversammlung mit Vorstandswahl statt, und Gertrud Winzer hat sich nicht mehr für den „Chefposten“ aufstellen lassen.
„Wenn man ein gewisses Alter erreicht hat, muss man den Staffelstab weitergeben“, meint Gertrud Winzer im Gespräch mit TAGEBLATT, das selbstverständlich an der Krabatmühle stattfindet, wo die 72-Jährige trotzdem weiterhin beinahe täglich anzutreffen sein wird. „Ich habe versprochen, dass ich das Projekt, solange es die Gesundheit zulässt, weiter unterstütze.“ Sorgen muss man sich aber keine machen: „Wenn man eine Aufgabe hat, hat man keine Zeit für Wehwehchen, das hier hält einen fit“, meint sie schmunzelnd.
Zunächst werden sich die Arbeitsinhalte nicht groß ändern: „Wir haben unsere Arbeit immer geteilt: Tobias ist zuständig für Werbung, Marketing, Förderanträge; ich kümmere mich eher um die Baustelle und die Versorgung.“ Und so soll es bleiben. Das hatte sie mit ihrem jetzigen Nachfolger lange im Vorfeld beredet. Und sie ist froh, dass Tobias Zschieschick nun die Hauptverantwortung übernimmt. Ihr Nachfolger sei jedenfalls der richtige Mann für den Posten, der mit viel Herzblut an der Krabatmühle hängt und fleißige freiwillige Arbeit leistet. Sie wünscht ihm Kraft und Durchhaltevermögen, denn mit Job, Familie und als Ortschaftsrat habe er ohnehin schon ausreichend zu tun.
Gertrud Winzer hat daheim auch einen großen Hof. „Das ist aber ein Mehrgenerationenhaus.“ Die Familie kümmert sich also, „und mein Mann ist pflegeleicht“, meint sie schmunzelnd. Aus ihrer Zeit als Bürgermeisterin und Ortsvorsteherin sei er gewöhnt, dass sie häufig unterwegs sei. Gewiss, manchmal sei es schon hart – die vielen Veranstaltungen, die Baustelle, die Verantwortung… Ja, sagt sie schmunzelnd, es gibt auch Tage, an denen sie nicht an der Mühle zu sehen ist. „Die Freiräume schaffe ich mir.“ Aber wenn es Bedarf an Helfern gebe, wolle sie zur Stelle sein.
Die vielfach für ihr ehrenamtliches Engagement Ausgezeichnete möchte nicht so gern herausgestellt wissen, dass die Entwicklung des Erlebnishofes vor allem ihrem unermüdlichen Einsatz zu verdanken ist. „Ich bin einfach von Natur aus ein Mensch, der sagt: Geht nicht, gibt‘s nicht.“ Bei der Arbeit wolle sie Ergebnisse sehen. Und wenn sie etwas begeisterte, dann bleibe sie dran, bis das gewünschte Ergebnis da sei. „Ich kann halt Menschen überzeugen.“ Das sei schon zu ihrer Zeit als Bürgermeisterin so gewesen – und noch heute so. Sie hat sich nie negativ beeinflussen lassen, sondern allen Zweiflern ins Gesicht gesagt: „Die Krabatmühle wird!“ Aber sie sagt auch, dass man dafür eben Mitstreiter braucht. „Das alles hier, das bin ich nicht allein!“ Und stolz sein auf das Erreichte, das könne man. „Klar gab es auch mal schlaflose Nächte, die Frage, ob wir uns nicht zu viel vorgenommen haben. Aber am Tage sieht alles ganz anders aus.“
Viele schöne Erinnerungen, viele glückliche Zufälle, verbindet Gertrud Winzer mit der Entstehung des Erlebnishofes. Beim Bau des Turms der Schwarzen Mühle etwa fehlten plötzlich große Balken. Daheim hatte ihr Mann eher die Sorge, dass Brot im Haushalt fehlte. Also fuhr Gertrud Winzer nach Bröthen und zum Bäcker – wo ein Holztransporter mit Balken parkte. Was tat sie? „Ich habe sofort die Balken vermessen und dem Fahrer dann gesagt, dass er jetzt damit an die Krabatmühle fährt.“ Der Holzhändler hatte natürlich anderes im Sinn. Nach einer halben Stunde zäher Verhandlungen landeten die Balken tatsächlich in Schwarzkollm. Aus dieser Begegnung ist eine gute Bekanntschaft entstanden. Der Görlitzer Holzhändler hat seitdem häufiger Holz an die Mühle geliefert. Die Mutter des Fahrers sei kurze Zeit später selbst in Schwarzkollm gewesen. „Sie wollte mal diese Verrückte sehen…“, erzählt Gertrud Winzer schmunzelnd.
Der neue Vorsitzende jedenfalls weiß um seine Verantwortung. Dass er nun derjenige ist, der wichtige Entscheidungen zu treffen hat, bei Problemen als Erstes gefragt wird. Dass er noch mehr Zeit investieren muss. „Ich freue mich aber, dass man mir den Posten zutraut, gerade Gertrud, die hohe Maßstäbe hat“, sagt Tobias Zschieschick. Es gehe jedoch zuallererst immer um das Projekt Krabatmühle, auch, wenn jetzt eine andere Person an „erster Stelle“ steht. Er will nun unter anderem die laufenden (Bau-) Maßnahmen an der Mühle weiter in geordneten Wegen leiten und kennt auch seine künftige größte Herausforderung – nämlich feste Personalstrukturen an der Mühle zu entwickeln, also weg vom Ehrenamt hin zu Festanstellungen.



Zurück

Einen Kommentar schreiben

Es werden nur jene Kommentare veröffentlicht, die unter Angabe von Vor- und Familienname und einer gültigen E-Mail-Adresse (für Rückfragen) abgegeben wurden.

Bitte rechnen Sie 9 plus 1.