Mit vereinter Kraft die Landesligen erobern
Von Uwe Jordan
Mit Hoyerswerdas Fußball steht es nicht zum Besten: Vorbei die Zeiten, da eine SpVgg Hoyerswerda 1919 den Deutschen Meister Yorkboyn Insterburg schlug und den Prager DSC vor 7 000 Zuschauern am Adler herausforderte. Vorbei die Zeiten, da die BSG Aktivist Schwarze Pumpe in der zweithöchsten DDR-Spielklasse, der Liga, und deren
Nachwende-Folgeklassen 34 Jahre lang "unabsteigbar" war; als FSV Hoyerswerda um 2000 sogar an die Türen des Profi-Fußballs klopfte.
Heute wachsen in Hoyerswerda immer noch große Talente heran - wie etwa der für Borussia Mönchengladbach in der 1. Bundesliga spielende und sogar mit der National-Elf in Verbindung gebrachte Tony Jantschke. Aber mannschaftsmäßig ist
der SV Zeißig in der Kreisoberliga, vormals Bezirksklasse, das beste Team der Stadt. 1919 kämpft in ebenjener Kreisoberliga gegen den Abstieg. Der FC Lausitz, Erbe von Aktivist und FSV, muss für diesmal mit einer anständigen
Kreisliga-Saison zufrieden sein. Das alles tut echten Fußballfreunden in der Seele weh.
Die tatkräftigsten von ihnen wollen das Übel an der Wurzel packen: der unseligen Zersplitterung der Kräfte in Stadt und Region. Beginnen, das wissen sie, müssen sie ihre Radikalkur im Nachwuchs. Mario Tröster, einer der engagiertesten langjährigen Aktiven und Trainer, hat darum die Vereine von Stadt und Altkreis aufgerufen, einen Jugendförderverein ins Leben zu rufen, in dem die besten Nachwuchsfußballer hierorts künftig nicht mehr gegen-, sondern miteinander spielen, aber im Männerbereich ihren Stamm-Vereinen wieder zur Verfügung stehen. Nach einer ersten Abtast-Runde gab es ein zweites Treffen im Seenland Bowling & Event House. Es sieht so aus, als ob die Rettung des Hoyerswerdaer Fußballs gelingen könnte! Wir sprachen mit Mario Tröster.
Mario - was soll, was kann ein Jugendförderverein bewirken?
Er kann und soll Kräfte zusammenfassen. Ziel muss sein, dass "hoyerswerdische" Mannschaften in allen Altersklassen, die das gestatten, wenigstens auf Bezirks-, am besten auf Landesebene spielen. Mittelfristiges Ziel ist die Landesliga für A-, B-, C- und D-Junioren. Es nutzt nichts, vier "ganz gute" verschiedene Teams auf Kreis-Ebene zu haben, wenn es keine Spitzen-Mannschaft gibt, in der echte Talente sich erweisen können, Spielpraxis und damit Erfahrung auf Landes-, wenigstens auf Bezirks-Ebene bekommen und gezielt gefördert werden können. Solche "Talent-Bündel" sollen die Mannschaften eines künftigen Jugendfördervereins sein ...
... und die anderen, nicht so Talentierten, vielleicht sogar nur in ganz jungen Jahren nicht so Talentierten, fallen durchs Rost.
Falsch; ganz falsch! Zum einen soll der Jugendförderverein erst ab den D-Junioren greifen. Noch Jüngere, also E-, F- und G-Junioren oder Minis, sollen in ihren Stammvereinen weiterspielen. Und wenn es bei den Älteren genügend Aktive
gibt, spricht doch gar nichts dagegen, dass eine "Zweite" auf Kreis-Ebene spielt. Nur ein Spitzen-Team - das muss es geben! Sonst kann man den Fußball in der Region nicht beleben.
Aber ist das nicht ein Pakt mit dem Teufel? Wer seine Talente einmal dem Jugendförderverein überantwortet hat, sieht sie nie wieder - und schon gar nicht im Männerbereich, wenn sie da dringend gebraucht werden.
Auch das ist falsch. Für den Jugendförderverein bekommen die Aktiven ein Zweitspielrecht. Das heißt, sie bleiben immer Mitglied ihres Stammvereins und können dort sofort wieder eingesetzt werden, wenn es gewünscht wird.
Ohne Wartezeiten?
Ja. A- oder B-Jugendliche, vielleicht sogar mit einem Sonderspielrecht schon ab 17 Jahren bei den Männern, können, wenn es die Kräfte hergeben, theoretisch am Sonnabend im Nachwuchs spielen und am Sonntag bei den Männern - oder umgekehrt. Und sie sind keine "Bankdrücker" bei den Älteren, sondern stets im Spielbetrieb. Das ist eine Sache, die dem Können absolut zuträglich ist.
Gibt es auch, heute ja leider wichtiger denn je, wirtschaftliche Gründe, die für einen Jugendförderverein sprechen?
Absolut! Man kann die Fahrdienste koordinieren. Hat mit den Plätzen weniger Scherereien. Schiedsrichterkosten werden vom federführenden Verein gestemmt. Vielleicht ist sogar die Sponsorenwerbung einfacher. Vor allem aber ist der moralische Faktor ein enorm wichtiger. Die Animositäten und Eifersüchteleien sollten der Vergangenheit angehören, und wenn sich der Erfolg einstellt, wird sich alles noch viel eher zum Positiven wenden. Außerdem werden wir alles
daransetzen, eine Ausnahmestellung in der Region zu erreichen und den Jungs etwas bieten zu können, dass sie wieder heiß darauf sind, hierherzukommen, wie ich es aus meiner Jugend noch kenne. Weil hier sportlicher Erfolg schon im
Jugendbereich möglich ist. Weil hier eine "richtige" Karriere beginnen kann, da die Trainer eines solchen Jugendfördervereins professionell arbeiten und Talentspäher großer Klubs hier eher vorbeischauen als bei einem Stadt- oder Dorfverein der Kreisklasse C. Hier geht kein Talent verloren! Und als Bonbon kann ein Jugendförderverein auch Trainingslager im Ausland anbieten - wie bei den Profis.
Wer hat Interesse an einem solchen Jugendförderverein bekundet?
Der SV Zeißig. Der LSV Bergen 1990. Der Hoyerswerdaer SV 1919. Und der FC Lausitz Hoyerswerda. Andere Vereine, die ganz "kleine" Jugendmannschaften haben, die für uns altersmäßig noch nicht interessant sind, es aber werden könnten, haben Aufgeschlossenheit signalisiert, so der FSV Lauta und die SpVgg Lohsa/Weißkollm.
Wann könnte denn der "JFV Hoyerswerda" starten?
In der Saison 2016/2017. 2015/2016 wird eine Ãœbergangssaison, in der wir vielleicht schon drei D-Jugend-Teams formieren. Aber etwas muss ich korrigieren!
Bitte!
Du sagtest "JFV Hoyerswerda". Das ist Quatsch. Über Namen, Sitz, Logo und all das Drumherum lass uns reden, wenn wir unumstößlich wissen: Wir heben den Verein aus der Taufe! Erst muss der Grundsatz geklärt sein. Da bin ich sehr
optimistisch, und gerade deshalb möchte ich das nicht durch Detail-Diskussionen über Nebensächlichkeiten gefährden.
Würdest Du dem Verein als Trainer zur Verfügung stehen?
Selbstverständlich!
Wie sieht's mit solcher Kräfte-Bündelung bei den Männern aus?
Da möchte ich nur sagen: Die sind leider noch nicht so weit wie der Nachwuchs. Kein Wort weiter; nein.
Wann gibt's das nächste Treffen der Arbeitsgruppe Jugendförderverein?
O - wir haben ja gerade erst getagt; da haben wir noch keinen nächsten Termin vereinbart. Aber er wird rasch kommen; wir teilen ihn mit.
Und wer sich jetzt schon, über die vier genannten Vereine hinaus, für den Jugendförderverein interessiert...
...der kann mir gern eine Mail schreiben und wird umgehend Antwort auf alle Fragen zu unserem Projekt erhalten.
Kontakt zu Mario Tröster kann man aufnehmen über mario.troester@gmx.de
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