Mit Griffel und Schiefertafel


von Tageblatt-Redaktion

Schiefertafel, Griffel, Tintenfass und Federkiel – so wurde anno dazumal geschrieben und Hausaufgaben erledigt.
Schiefertafel, Griffel, Tintenfass und Federkiel – so wurde anno dazumal geschrieben und Hausaufgaben erledigt.

Die langen, blonden Haare sind fest zu einem Knoten zusammengebunden. Schwarzer, langer Rock, strenger Blick durch die (Intelligenz-)Brille – es ist ganz offensichtlich: Frau Lehrerin ist im Anmarsch. Ihr couragiertes Erscheinungsbild erinnert durchaus an Fräulein Rottenmeier aus dem Roman „Heidi“, nur dass es sich hier im Schloss um keine erfundene Geschichte handelt, sondern um nachgespielte Szenen, wie sie sich vor rund 100 Jahren in einer Schule abgespielt haben könnten. Frau Lehrerin eilt jetzt die Treppen hinunter. Klack, klack, klack – ihre Absatzschuhe verheißen einen festen und sicheren Gang. Hier herrsche schließlich Zucht und Ordnung, erklärt Museumsmitarbeiterin Diana Schönig mit erhobenen Zeigefinger. Sie ist in die Rolle der Lehrerin geschlüpft und hat ihrem neuen „Schüler“ Justus sofort eine Stunde Nachsitzen verordnet. Der Elfjährige ist verblüfft ob der strengen Regeln im Unterricht. Tja, wer hier nicht aufs Wort pariert und Frau Lehrerin widerspricht oder sich nicht an ihre Anordnungen hält, bekommt sofort eine Strafe aufgebrummt. „Hände raus strecken, ich will schauen, ob eure Fingernägel schmutzig sind“, erklärt Diana Schönig mit gespitzten Lippen und zeigt sich über das saubere Ergebnis sehr zufrieden.

Die folgende Einführungsstunde im Saal des Schlosses wird wieder etwas lockerer und moderner. Ein 100 Jahre alter Schulranzen, Schiefertafel und Griffel gehen durch die Hände der „Schüler“, von denen (fast) keiner diese Utensilien im realen Schulunterricht genutzt hat. Außer Heidi und Peter Schneider. Das Ehepaar aus Hoyerswerda kann sich noch gut an die damaligen Unterrichtsmittel erinnern. „Das waren noch Zeiten! Mühevoll auf der Schiefertafel gemachte Hausaufgaben waren mit einem Handwisch weg, wenn ein anderer Mitschüler sich damit einen Streich erlaubte. Die Bestrafung folgte auf dem Fuße“, erinnert sich Peter Schneider, der diese Reise in die Vergangenheit von seiner Tochter Petra zum 72. Geburtstag geschenkt bekommen hat. Der Senior weiß auch, dass es gleich an das Umziehen geht. „Jetzt bitte Eure Schuluniformen anziehen. Aber flott, flott“, erklärt Frau Lehrerin mit prüfendem Blick durch die Brille und verteilt an die Jungen sogenannte Matrosenkragen und an die Mädchen weiße Schürzen. Jetzt ist wirklich Schluss mit lustig, offenbart die ernst zunehmende Mine von Diana Schönig. In Zweierreihen geht es Richtung Schulstube. Wer von den Schülern dabei tuschelt, bekommt sofort eine Rüge. „Damals hätte es bei dem Vergehen mit dem Rohrstock Hiebe auf die Fingerspitzen gegeben“, erinnert sich Peter Schneider.

Das Schreiben auf Schiefertafeln fällt nicht leicht. „Keine Müdigkeit vortäuschen. Es ist nie das Werkzeug Schuld, sondern immer der Handwerker. Also weiter machen“, meint Frau Lehrerin und tippt dabei mit ihrem Zeigestock an die Tafel. Nur wenige können die verschnörkelten Buchstaben in der damals üblichen Kurrentschrift lesen. Mit ein bisschen Übung klappt das Abschreiben mit dem Griffel auf der Schiefertafel aber immer besser. Die damaligen Verhaltensweisen scheinen aber noch nicht bei allen Schülern angekommen zu sein. Regine Puchta quatscht mit ihrer Nachbarin. Das Fazit: Die im realen Leben tätige Lehrausbilderin fliegt aus dem Klassenraum. „Raus, aber sofort! Und ab mit dir in die Ecke“, sagt Frau Lehrerin streng und muss sich, wie die mit anwesenden Lehrlinge, von Regine Puchta, das Lachen verkneifen. Ist ja auch alles nur gespielt, aber sehr interessant und lehrreich.



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