Miniermotte bleibt ohne Feind


von Tageblatt-Redaktion

So sieht eine von der Miniermotte befallene Rosskastanie aus.
So sieht eine von der Miniermotte befallene Rosskastanie aus.

Von Uwe Schulz

Mittlerweile hat man sich daran gewöhnt: Ob nun am Kastanienweg in Kühnicht oder am ehemaligen Kastanienhof in der Altstadt, ob im Woyski-Park oder in der Heim-Straße – die weiß blühenden Rosskastanien haben braune Blätter, lange bevor der Herbst beginnt. Und unten am Baum ist es schlimmer als oben. Schuld daran ist die Miniermotte. Deren Puppen überwintern am Boden, haben hier keine natürlichen Feinde, und geschlüpft wandern die kleinen Tiere im Frühjahr am Stamm hoch und fressen sich durch das frische Grün. Feine Tunnel sind das, die da durch das Blatt miniert werden – daher der Name des Schädlings.

Das Ergebnis der Fresserei sieht nicht schön aus, ist aber für die Existenz der Kastanien offenbar ungefährlich. Seit gut 25 Jahren erobert die Motte vom Balkan aus ganz Europa, da hat man mittlerweile seine Erfahrungen gesammelt. Die befallenen Kastanien verlieren zwar wohl an Widerstandskraft und werden auch öfter von Pilzen befallen. Aber bereits 2006 stellte sich die Hoyerswerdaer Stadtverwaltung auf den Standpunkt, nichts gegen die Motte an den Hoyerswerdaer Kastanien zu unternehmen. Die Aussage habe heute noch Gültigkeit, bestätigt Rathaussprecher Bernd Wiemer. Immerhin gibt es in der Stadt 774 Kastanien, lediglich drei wurden in den vergangenen Jahren gefällt. Mit dem Mottenbefall hatte das in erster Linie ohnehin nichts zu tun.

In der Stadt Riesa gibt man hingegen jährlich 5 000 Euro für die Mottenbekämpfung aus. 166 Plastikeimer hat die Verwaltung in den Bäumen aufhängen lassen. Die Eimer sind mit einem Pheromon, einem Sexuallockstoff, der die männlichen Motten anzieht, versetzt. Die meisten Behältnisse sind in diesem Jahr schon bis zur Hälfte mit toten Insekten gefüllt. Bei einer Größe von nur rund drei Millimetern lässt sich mit etwas Fantasie ausmalen, wie viele paarungswillige Motten statt eines Weibchens den Tod in den Eimerchen gefunden haben.

Seit zwölf Jahren hängt die Stadt die Fallen nun aus. Der Befall sei in diesem Jahr noch stärker als in den Vorjahren, teilte Riesas Stadtsprecher Uwe Päsler mit. Dies liege vor allem an dem milden Winter. „Dieses Jahr war das Wetter sehr mottenfreundlich. Das hört man ja auch von anderem Getier wie Zecken“, so Päsler weiter. Doch über den Erfolg der Aktion lässt sich trefflich streiten. Seitens der Stadt wird der Erfolg betont, obwohl der zumindest am Grad der Braunfärbung der Blätter nicht sichtbar ist, wie die SZ-Kollegen in Riesa einschätzen.

„Schade ums Geld“, meint der NABU-Biologe Matthias Nuß. Mit einer Arbeitsgruppe hat er untersucht, wie viele Insekten sich an einer Kastanie tummeln: „Den Hochrechnungen zufolge befinden sich unter einem Baum bis zu 130 000 Puppen. Etwa 90 Eier legt dann jedes Weibchen. Die Sterberate geht gegen null. Selbst zwei Monate im Gefrierschrank bei minus 30 Grad haben die Puppen überlebt.“ Nuß könne sich nicht vorstellen, dass genug Männchen in den Fallen landen, um die Population spürbar zu minimieren.

In Hoyerswerda formuliert man es so: Es sei bislang kein wirklich wirksames Mittel gegen die Miniermotte bekannt. Denn so etwas spricht sich eigentlich unter Kommunen schnell herum. Und Anti-Motten-Versuche kann man sich in der finanziell gebeutelten Stadt Hoyerswerda nicht leisten. Auch im Landratsamt Bautzen sieht man keine Chance. Das Problem wird beobachtet. Immerhin schätzt man hier ein, dass der Befall in diesem Jahr nicht höher ist als in den Vorjahren, dennoch auf hohem Niveau liege.

Es ist ein kleines Trostpflaster, dass sich der Prozess der Baumschädigung im konkreten Einzelfall etwas verzögern lässt. Kastanien, deren Laub im Herbst beseitigt und auf Kompostieranlagen entsorgt wird, sind im folgenden Jahr nicht ganz so schnell braun gefressen, da weniger Puppen am Boden überwintern. Etliche Tausend Motten kommen aber offenbar auch so durch und beginnen im Frühjahr ihr zerstörerisches Werk.



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