Lernen geht fast von allein

Von Constanze Knappe
Die sechsstellige Zahl 287 372 mit 17 multiplizieren? Ein Kinderspiel. Wie das ganz ohne Taschenrechner geht, das probierten gestern 275 Oberschüler in Wittichenau. Zugegebenermaßen kamen sie nicht beim ersten Mal auf das Ergebnis. Beim dritten Versuch aber schon. Wenn man das System kapiert hat, ist die kleine Mathematik, sprich das Rechnen, gar keine Hürde mehr. Jedenfalls nicht, wenn man sich dabei der Methoden von Gregor Staub bedient. Der bekannte Schweizer Gedächtnistrainer war gestern zu Gast in der Sport- und Mehrzweckhalle Wittichenau.
So eine Schulstunde hatten die Oberschüler gewiss noch nie erlebt, wohl auch ihre Lehrerinnen nicht. Binnen 11 Minuten und 25 Sekunden hatten sie nicht nur thailändisch von eins bis zehn zählen gelernt (O-Ton Staub: „Türkisch kann ja jeder!“), sondern daraus abgeleitet auch vierstellige Zahlen in der fremden Sprache drauf. Weil einige Schüler schon selbst in Thailand im Urlaub waren, fanden sie diese Nummer „richtig cool“. Doch dabei ließ es Gregor Staub nicht bewenden. In etwas mehr als vier Minuten kannten die Schüler die zehn US-Präsidenten vor Barack Obama in der richtigen Reihenfolge vor- und rückwärts. In 45 Sekunden prägten sie sich zehn Artikel einer Einkaufsliste ein und vergaßen auch bei doppelter Menge nicht einen davon.
Ein Geheimnis von Staubs Lernmethode ist, sich Begriffe in Bildern vorzustellen. So ungefähr ist Detektiv Sherlock Holmes im 19. Jahrhundert den Rätseln manches Kriminalfalls auf die Spur gekommen. Blöd nur, dass man die Methode selbst erst lernen muss. Dann aber, so Gregor Staub, laufe alles wie von selbst. „Das einmal erlernte Fahrradfahren bringt man ja auch für den Rest des Lebens aus dem Effeff“, sagte er.
Staub selber war mit 16 von der Schule geflogen. Wohl auch wegen seines schlechten Gedächtnisses. Das gehe den meisten Gedächtnistrainern so, weshalb sie anfangen, sich intensiv mit dem Thema zu befassen. Als 32-Jähriger suchte er nach einem Rückflug aus Boston anderthalb Stunden am Flughafen sein Auto, bis ihm einfiel, dass er mit dem Zug angereist war. Diese Anekdote lässt zu Beginn jedes Vortrags das Eis brechen. Allzu menschlich ist so ein bisschen Vergesslichkeit. Jedoch stehe es jedem gut zu Gesicht, Fehler zuzugeben. „Lernen besteht aus zwei Dingen. Aus Freude. Und aus Freude“, so Gregor Staub. Zum einen über den Erfolg und zum anderen darüber, Fehler erkannt zu haben.
In allerbester Entertainer-Manier hatte er noch mehr solcher Weisheiten parat. Etwa die, dass es keine Katastrophen, sondern nur Chancen gibt. „Ihr habt ja keine Ahnung, was alles möglich ist, wenn ihr es selbst nie probiert habt“, erklärte der 60-Jährige den Schülern. Durch permanentes Wiederholen das Chaos im Kopf zu ordnen, das hat er mit mittlerweile 30 000 Studenten geübt. Zehn Jahre arbeitete er daran, dass Leute in vier Stunden lernen, sich zehnstellige Zahlen zu merken. Oder Vokabeln. Den Inhalt von Spickzetteln. Oder Namen. Ein perfektes Namensgedächtnis öffne im Geschäftsleben Türen, weil sich das Gegenüber ernst genommen und damit wichtig fühlt.
Wie man das Gedächtnis trainiert, vermittelt Staub in Kursen für Manager und kassiert dafür ordentlich Kohle. Die Vorträge für Schüler hingegen sind kostenfrei. Der von ihm erklärte „Weg zum Supergedächtnis“ gibt nur Anstöße. Ob jemand sein Gedächtnis mit 300 Übungen trainiert, das bleibe jedem selbst überlassen. Software und CDs dafür waren gestern Abend in Wittichenau in der Veranstaltung für Erwachsene zu haben. Staub ist sehr gefragt und nach eigener Aussage bis Oktober 2018 ausgebucht. Das nächste Mal in unserer Region wird er 2016 im Februar in Radeberg und im Mai in Bischofswerda zu erleben sein.
Die anderthalb Stunden am Vormittag vergingen wie im Fluge. Wohl auch, weil es kein Unterricht im üblichen Sinne war und bei allem von Gregor Staub zuweilen heraufbeschworenen Ernst der Spaß nicht zu kurz kam. Die Schüler waren total begeistert und Schulleiterin Ines Lesche über deren Disziplin. Sie selbst hatte schon vorher mal einen Gedächtnistrainer erlebt und prägt sich seither Schülernamen mit Leichtigkeit in kurzer Zeit ein. Vor den großen Schülern brachte Gregor Staub gestern Morgen den Grundschülern bei, wie man sich beispielsweise die Neunerreihe vom Einmaleins merkt. Bei vier mal neun knickt man den vierten Finger der linken Hand ab. Die übrigen Finger zeigen das Ergebnis. Nach Aussage des Gedächtnistrainers besteht das größte Lerngeheimnis im eigenen Erleben. Probieren Sie‘s aus!
Kommentare zum Artikel:
Klaus Gebele schrieb am
Ich suche nach der Lösung wie man sechsstellige Zahlen im Kopf mit 17 multiplizieren kann.
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