Kleine Sensation im Pferdestall

Ganz ruhig liegen Balouga und Cassbalou in der Herbstsonne. Nichts scheint die beiden Fohlen zu stören. Eben noch standen sie säugend bei ihrer Mutter, nun gönnen sie sich eine Pause. Züchter Steffen Lippitsch steht entspannt daneben und lächelt. „Ja, es sind sehr ruhige und ausgeglichene Tiere.“ Dass es diesen Anblick so gibt, grenzt an ein Wunder. Die Mutterstute Balourina vom Springpferde-Zuchtverband Oldenburg hat eine Woche nach Ostern Zwillinge bekommen. Es gilt in Pferdefachkreisen als große Seltenheit, dass beide Jungtiere überleben. In der Regel stirbt eines der Fohlen, nicht selten sogar beide. Im schlimmsten Fall hätte auch die Mutterstute das Abfohlen nicht überlebt. In Saalau ging alles gut. Der Sollschwitzer Tierarzt Dr. Peter Bresan hat in seiner mehr als 50-jährigen Tätigkeit so etwas noch nicht erlebt. „Bei Zwillingen ist das Immunabwehrsystem besonders schwach ausgeprägt.“ Wichtig für die ersten Tage ist die Kolostralmilch. Diese erste Muttermilch enthält wichtige Abwehr- und Aufbaustoffe sowie Vitamine. Doch eines der beiden Fohlen war so schwach, dass es keine Kolostralmilch bekommen konnte.
Die Saalauer Familie züchtet seit 20 Jahren Pferde. Per Ultraschall wurde festgestellt, dass die Mutterstute wohl Zwillinge erwartet. 22 Tage später, nach einer weiteren Untersuchung schien es aber so, als hätte die Warmblutstute eine Frucht nicht halten können. Es gibt in der Veterinärmedizin mehrere Möglichkeiten, Mehrlingsgeburten zu vermeiden. Experten sprechen von Abdrücken oder Abhungern. In der Regel sind Pferde 340 Tage trächtig. Eine anstehende Zwillingsgeburt sah man der Stute aus Saalau überhaupt nicht an.
Umso größer war die Überraschung zur Geburt gegen Mitternacht, die die ganze Familie miterlebte. Zuerst kam das Hengstfohlen zur Welt. Als sich der Züchter darum kümmerte, rief Tochter Christin: „Papa, da kommt noch was.“ Die Geburt der beiden Fohlen dauerte keine halbe Stunde. Das Stutenfohlen war so schwach, dass es nicht aufstehen konnte. „Doktor Bresan hat sich sehr stark engagiert“, sagt der Züchter über die Hilfe des Tierarztes aus dem Nachbardorf. Das Jungtier bekam Medikamente und Milchaustauscher, ein Mix aus Magermilchpulver, Süßmolkenpulver und Fetten. Aus der Flasche wollte es die Fohlenmilch nicht aufnehmen, es soff aus der Schüssel. Getränkt wurde alle zwei Stunden. „Die intensive tägliche Behandlung war Voraussetzung für eine stabile Gesundheit“, blickt Dr. Bresan zurück. Nach 14 Tagen war klar, dass nichts mehr passieren könne. Mittlerweile ist das Stutenfohlen sogar größer als das Erstgeborene. Für die Züchterfamilie bleibt das Geburtserlebnis unvergessen. „Es war aufregend, aber sehr schön“, sagt Tochter Christin. Mittlerweile ist die Mutterstute wieder trächtig. Dass es noch einmal Zwillinge werden, ist aber äußerst unwahrscheinlich.
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