Keine Chance den Keimen


von Tageblatt-Redaktion

Seit 23 Jahren ist Sabine Hartmann Hygienefachkraft im Hoyerswerdaer Krankenhaus. Das Händedesinfizieren ist hier ein selbstverständlicher Ablauf. Rund 1 200 dieser Wandspender sind im Haus installiert – und auch für Besucher gedacht.
Seit 23 Jahren ist Sabine Hartmann Hygienefachkraft im Hoyerswerdaer Krankenhaus. Das Händedesinfizieren ist hier ein selbstverständlicher Ablauf. Rund 1 200 dieser Wandspender sind im Haus installiert – und auch für Besucher gedacht.

Von Uwe Schulz

Sabine Hartmann reicht einem zur Begrüßung nicht die Hände. Nicht jetzt in Influenza-Zeiten. „Damit lassen sich die Übertragungswege für Keime stark minimieren“, so die Hygienefachkraft im Lausitzer Seenland-Klinikum. Generell ist es aber im Hoyerswerdaer Krankenhaus jedem freigestellt, ob man zur Begrüßung die Hand reiche oder eben nicht. In Deutschland gehört das Händeschütteln schließlich sowohl bei der Begrüßung als auch bei der Verabschiedung zum guten Ton. Verzichtet man darauf, kann man schnell als unhöflich gelten.
Laut Steffi Dubrau, Sprecherin des Klinikums, ist der Krankenstand unter den Mitarbeitern im Vergleich zum Vorjahr erhöht. „Der Krankenhausbetrieb läuft aber regulär weiter.“ Immerhin hat das Personal reichlich Patienten zu betreuen. „Derzeit sind rund 90 Prozent unserer Betten belegt, das heißt, wir sind am oberen Limit. Aber auch hier gilt, dass die Notaufnahme jederzeit Patienten behandelt und diese aufgenommen werden, wenn es notwendig ist.“ Auch die OPs sind davon nicht betroffen. Allerdings hat die Belegung nichts mit der Influenza zu tun. Vor allem die Innere hat enorme Zugänge. „Influenza hatten wir nur einige wenige Einzelfälle, aber ohne komplizierte Verläufe und auch ohne lange Liegezeiten“, sagt Sabine Hartmann.
Umso wichtiger ist, dass es möglichst nicht zu Übertragungen von Grippe-Erregern kommt. Und was gegen diese gut ist, hilft auch bei anderen. Seit Ignaz Philipp Semmelweis gilt als Methode Nummer 1 in der Krankenhaus-Hygiene: „Hände desinfizieren“. Und so gibt es im Seenland-Klinikum mittlerweile 1 200 Wandspender zum Desinfizieren – in jedem Patientenzimmer, aber auch in den Stationsfluren und seit gar nicht so langer Zeit auch in den öffentlichen Toiletten des Hauses. Das medizinische Pflegepersonal desinfiziert sich täglich mehrfach die Hände – wenn man zwecks Patientenkontakt ein Zimmer betritt und es wieder verlässt. Und wenn man sich in einem Doppelzimmer beiden Patienten in direktem Körperkontakt widmet, dann auch zwischendurch.
Aber auch der Kontakt mit medizinischen Geräten in direkter Patientennähe auf der Intensivstation und Kontakt mit potenziell infektiösen Materialien sind Momente des Berufsalltages, nach denen Desinfektion angesagt ist. Besucher ist das Desinfizieren beim Betreten und Verlassen der Stationen empfohlen, aber nicht vorgeschrieben. Die Wandspender sind mit einem Ellenbogen zu bedienen und mit einem Desinfektionsmittel gefüllt, das gleichzeitig Pflegestoffe für die Hände enthält. Regelmäßig werden sie nachgefüllt, zudem einmal im Vierteljahr grundgereinigt und gewartet. In den Operationsbereichen wird noch aufwendiger und auch mit anderen Mitteln hantiert. „Hygienische Maßnahmen sind teuer, aber die leistet sich unser Haus“, lobt Sabine Hartmann.
Doch das ist nur die Hardware der Hygiene. Die Software ist die Anwendung, also menschliches Verhalten. Das Tragen von Ringen und Uhren ist Krankenschwestern im Dienst untersagt, Fingernägel sollten kurz und unlackiert sein. Und ordentliches Händedesinfizieren ist anders als Händewaschen. Die mindestens 30 Sekunden währende Einreibemethode für die Händedesinfektion umfasst sechs Teilschritte, um sicherzustellen, dass auch die Fingerzwischenräume, die Fingernagelbereiche und der Daumen keine Benetzungslücken aufweisen. Jeder, der neu im Klinikum anfängt, wird mit den Gepflogenheiten des Hauses bekannt gemacht. Für die Durchsetzung der Hygienestandards gibt es im gesamten Krankenhaus 23 Hygienebeauftragte der Pflege- und Funktionsbereiche, die selbst regelmäßig geschult werden und das Wissen an alle Mitarbeiter weitergeben. Und das ist nur der normale Alltag. Es gibt auch noch Sondermaßnahmen, wenn verstärkt Noro-Viren nachgewiesen werden oder Patienten mit multiresistenten Keimen betreut werden.
Ansonsten gilt vor allem auch für Besucher: So wenig wie möglich anfassen. Die große Drehtür am Eingang funktioniert automatisch, Türen zu den Stationen arbeiten ebenso. Bei den Türöffnern werden immer mehr berührungsfreie Modelle verbaut. Ansonsten kann man ja Fahrstuhlknöpfe und Türtaster auch mit dem Fingerknöchel oder Ellenbogen bedienen. Grundsätzlich werden die Taster, die Treppenhandläufe und ähnliche Flächen im Seenland-Klinikum einmal am Tag desinfiziert. Wie gut das mit dem Desinfizieren klappt, kann man sich beim Aktionstag „Saubere Hände!“ im Klinikum im Mai anschauen. Denn dann kann man seine desinfizierten Hände unter UV-Licht betrachten. Und das zeigt gnadenlos, wo nicht desinfiziert wurde. Im Heimgebrauch hält Sabine Hartmann das Desinfizieren übrigens nicht für erforderlich. Hier empfiehlt sie gründliches Händewaschen, am besten mit Flüssigseife. Denn feuchte Stückseife sei idealer Keimnährboden. Das gilt auch für Bürsten und Schwämme. Beim Thema Hygiene macht ihr jedenfalls so schnell niemand was vor. Und natürlich reicht sie einem auch zum Abschied nicht die Hand. Aber ein Lächeln  â€“ das muss einfach sein.



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