Kein Denkmalschutz für den gesamten WK I
Hoyerswerda. Einen Denkmalschutzstatus für den gesamten Wohnkomplex I wird es nicht geben. Darauf haben sich die untere Denkmalschutzbehörde und das Landesamt für Denkmalpflege verständigt. Das teilt die Stadt mit, nachdem vorige Woche im Stadtrat Dorit Baumeister (parteilos, Mandat Bündnis 90 / Grüne) nach dem Stand der Dinge gefragt hatte.
Weiter heißt es, erhalten würden die bereits geschützten Einzelgebäude. Das sind der Grundsteinlegungsblock von 1957 in der Dameraustraße (links) und das erste Wohnhaus in Plattenbauweise in der Zusestraße, aber auch der ehemalige Nahversorger und die Oberschule. Es werde jedoch an einer Erhaltungssatzung nach Baugesetzbuch gearbeitet.
Dabei geht es in der Regel um den „Erhalt der städtebaulichen Eigenart“ eines Gebietes. Der Ruf nach Unterschutzstellung des WK I war laut geworden, nachdem die Wohnungsgesellschaft angekündigt hatte, die Häuser Petersstraße 1–7 und Reimannstraße 2–8 abreißen lassen zu wollen. (red)
Nachtrag: Zum Zusammenhang mit den beiden zum Abriss vorgesehenen Häusern befragt, antwortet die Wohnungsgesellschaft: „Die Stadt wird eine Satzung erarbeiten und unsere WH wird danach bewerten, wie unsere weiteren Handlungen oder Nicht-Handlungen aussehen.“
Kommentare zum Artikel:
Holger Drescher schrieb am
Wieder ein interessantes Thema. Also ein Denkmalschutzstatus nein, Erhalt der städtebaulichen Eigenart ja. Wichtig wäre doch, dass man versuchen sollte, den WK I, so wie dieser jetzt noch zu sehen ist, zu erhalten.
Jürgen Müller schrieb am
Ich wohne direkt neben dem zum Abriss vorgesehenen Block der Petersstraße. Ich begrüße den Abriss, da durch die Ausdünnung eine deutliche Verbesserung der Wohnqualität und auch der Infrastruktur entsteht. Zum Abriss sollten die Bewohner, die betroffen sind, ihre Meinung sagen und irgendwelche Geschichtsträumer.
Thomas Häntschke schrieb am
Die „Geschichtsträumer“ melden sich doch schon seit einiger Zeit und sind für den Erhalt der noch bestehenden „Wiege der Hoyerswerdaer Neustadt“.
Es kann nun nur noch gehofft werden, dass der Erhalt der städtebaulichen Eigenart wirklich zum Tragen kommt und der Wohnkomplex I so bestehen bleibt, wie er jetzt ist.
Es grüßt Sie ein gebürtiger Hoyerswerdscher „Geschichtsträumer“.
Rita Hertel schrieb am
Einfach nur Kopfschütteln, dass es keinen Denkmalschutzstatus für den gesamten Wohnkomplex I geben wird!
Diese Problematik gibt es ja nun fast zwei Jahre.
Damals wandten wir uns mit einem Brief an das Landesamt für Denkmalpflege Sachsen. Unterzeichner waren Mitglieder des Kulturbundes Hoyerswerda, der Gesellschaft für Heimatkunde Hoyerswerda – Museumsverein e. V., des Freundeskreises ehemaliger Kunstverein, des Vereins zur Pflege der Regionalkultur der Mittleren Lausitz e. V., der Kulturfabrik e. V. Hoyerswerda, des Orga-Teams der Initiative Mitmachstadt Hoyerswerda und Einzelpersonen.
Wir schrieben u. a.:
„… Hoyerswerda Neustadt gilt bauhistorisch als die 2. Sozialistische Stadt, die im Rahmen der Errichtung des Industriegebiets Schwarze Pumpe als reine Wohnstadt geplant und errichtet wurde. Sie markiert als internationaler Pilot der Moderne die Abkehr vom stalinistisch-handwerklich-traditionell geprägten Baustil hin zur funktionellen, modernen sozialistischen Stadt internationalen Stils unter breitester Anwendung industrieller Baumethoden. […]
Der WK 1 ist der erste gebaute Wohnkomplex und damit in seiner Struktur ein bauhistorischer Prototyp. Jeder Wohnkomplex der Neustadt wurde als kleine, eigenständige Einheit entworfen. In seinen Grenzen sollten die Bewohner alles finden, was für den täglichen Ablauf des Lebens notwendig ist: Kaufhalle, Läden, Gaststätte, Schule, Kinderkrippe, Dienstleistungseinrichtungen, Kindergarten, Grünanlagen etc. […]
Demzufolge finden sich im WK 1 die ersten Experimental- und Versuchsbauten der industriellen Plattenbauweise. Der WK 1 bildet mit der gesamten Neustadt und ihren (noch) fragmentarisch erhaltenen Elementen somit eine einzigartige Dokumentation der Entwicklung des industriellen Wohntypenbaus der ehemaligen DDR. Dies macht insbesondere den WK 1 als Flächendenkmal unseres Erachtens höchst schutzwürdig. […]
Der WK 1 ist zudem ein einzigartiges Dokument der Personengeschichte. Die Neustadt und insbesondere der WK 1 repräsentiert zum ersten das Wirken des Architekten Richard Paulick (1903–1979), der als Leiter des Aufbaustabes von 1959 bis 1963 die Errichtung der Neustadt maßgeblich prägte. Paulick war ein bedeutsamer Architekt, der als Mitarbeiter von Walter Gropius, dann mit Hans Scharoun an der Wiederaufbauplanung des historischen Zentrums von Berlin und später als Chefarchitekt von Schwedt und Halle Neustadt tätig war. Zum zweiten hebt das Wirken und Schaffen der Schriftstellerin Brigitte Reimann (1933–1973), die von 1961 bis 1968 im WK1 lebte – vor allem in Bezug auf ihre Tagebücher und ihren großen, bedeutsamen Gesellschaftsroman „Franziska Linkerhand“ – die Neustadt und damit der WK 1 als einen wichtigen Erfahrungsort der DDR-Alltagsgeschichte hervor, der den WK 1 mittlerweile sogar international kulturtouristisch aufgewertet hat. Zum dritten bezeugt die Neustadt und mit ihr der WK 1 das Wirken zahlreicher Künstler und ihrer Werke (Plastiken, Reliefs, Brunnenanlagen etc.), unter denen hier Jürgen von Woyski (1929–2000) stellvertretend genannt sei: Zahlreiche seiner Plastiken sowie die von ihm ausgerichteten Bildhauersymposien prägen die Neustadt und den WK 1 als einzigartigen Stadt-Kunstraum. […]
Irritierend wirkt zudem der Umstand, dass der WK 1 bereits 1985 als Flächendenkmal eingestuft wurde, dessen Schutzwürdigkeit offensichtlich die Wirren der Nachwende-Zeit nicht überlebte. Da bisher kein städtischer Verantwortungsträger erwog, prüfen zu lassen, ob das bauhistorische Ensemble „Wohnkomplex 1“ als Flächendenkmal schutzwürdig ist – bitten wir mit diesem Gesuch ausdrücklich um eine Überprüfung.“
Alexander Schwiebs schrieb am
Sie sollten lieber 4-Raum-Wohnungen schaffen oder schöner geschnittene Wohnungen. Wir suchen seit vielen Monaten eine größere Wohnung – egal bei welchem Vermieter auch immer.
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