Im Wald gibt es keine Wegepflicht


von Tageblatt-Redaktion

Müll hat im Wald nichts zu suchen, doch er landet dort tonnenweise - von Einheimischen dorthin gebracht
Müll hat im Wald nichts zu suchen, doch er landet dort tonnenweise - von Einheimischen dorthin gebracht

Von Rainer Könen

Herr Dr. Schurr, wenn Sie im Wald spazieren gehen, werfen Sie da auch gelegentlich ein Auge auf andere Erholungsuchende, um zu sehen, wie die sich verhalten?
Klar, wer in der Oberlausitz lebt, der kommt ja gar nicht am Wald vorbei. Und wenn man sich im Wald bewegt, trifft man meist auch dort auf andere Menschen. Was mir zunehmend auffällt, ist, dass die sich dort auf immer vielfältigere Weise bewegen. Also nicht nur als Wanderer unterwegs sind, sondern als Nordic Walker, Jogger, Reiter, Radfahrer, Orientierungsläufer und im Winter als Skifahrer.

Der Wald ist ein Erholungsort für viele Menschen. Zu welcher Besuchergruppe zählen Sie sich: zu den Wanderern, Radfahrern, Joggern, Reitern oder Geocachern?
Wenn ich zur Erholung im Wald unterwegs bin, dann meist mit Rucksack und Wanderstiefeln oder mit dem Rad und häufig gemeinsam mit meinen Kindern.

Haben Sie den Eindruck, dass sich die ein oder andere Besuchergruppe im Wald nicht so verhält, wie man das eigentlich tun sollte? Oder ganz salopp gesagt: Wer benimmt sich dort häufig daneben?
Die meisten Waldbesucher verhalten sich verantwortungsbewusst. Sie nehmen Rücksicht auf die Lebensgemeinschaft des Waldes, auf andere Erholungsuchende und auf die Waldbewirtschaftung. Probleme bereiten allerdings einige, deren Aktivitäten im Wald nicht erlaubt sind. Sie nehmen Störungen und Gefährdungen anderer oft bewusst in Kauf. Dazu gehören beispielsweise Cross- und Quadfahrer. Auch Bürger, die ihren Müll im Wald abladen, gehören dazu. Ebenso wie Waldbesucher, die trotz gesetzlichen Verbotes und Absperrungen Holzeinschlagsflächen betreten und sich und andere damit in Gefahr bringen. Außerdem kommt es manchmal auch zu Konflikten, wenn zu viele unterschiedliche Interessengruppen auf den gleichen Wegen unterwegs sind. So kann ein Waldweg durch Wanderer, Radfahrer und Reiter und selbstverständlich durch die Forstbetriebe gleichermaßen benutzt werden. Was mitunter zu Reibereien führt. Doch bei alldem ist zu bedenken, dass Waldwege in erster Linie durch die Waldbesitzer für die Bewirtschaftung angelegt und unterhalten werden. Die Erholungsuchenden nutzen diese privaten Betriebswege mit. Da ist Augenmaß und Verständnis gefragt.

Welchen Stellenwert hat der Wald überhaupt für die Bevölkerung? Welchen Eindruck haben Sie da gewonnen?
Die Bevölkerung schätzt die Wälder unserer Region als naturnahen Erholungs- und Erlebnisraum. Es gibt hier wohl kaum eine Familie, die nicht wenigstens gelegentlich den Wald besucht, sich dort erholt, Sport treibt oder Beeren und Pilze sammelt. Allerdings stellen wir auch fest, dass bei vielen Waldbesuchern heutzutage weder die natürlichen Abläufe im Wald noch die Bewirtschaftung des Waldes bekannt sind und richtig eingeschätzt werden. Deshalb bemühen sich die Forstverwaltungen auch, durch Angebote der Umweltbildung, das Wissen der Bevölkerung über diesen Lebensraum zu verbessern.

Was sollten Menschen, wenn sie im Wald unterwegs sind, beachten?
Wer sich zu Fuß im Wald bewegt, kann fast die gesamte Waldfläche betreten. Radfahrer sind an Waldwege gebunden, Reiter an ausgewiesene Reitwege. Das Fahren mit Motorfahrzeugen ist verboten. Der Waldbesucher sollte also schon die Regeln der Nutzung für seine Fortbewegungsart kennen. Jedem Waldbesucher sollte, ungeachtet der Fortbewegungsart, klar sein, dass er sich in einem wertvollen Lebensraum für Pflanzen und Tiere bewegt, einem Lebensraum, der auf Störungen empfindlich reagiert. Auch sollte man sich bewusst machen, dass man als Waldbesucher Gast auf dem Grundstück anderer, der Waldbesitzer, ist. Waldbesucher sollten Verpackungen und anderen Abfall wieder mitnehmen. Außerdem ist es nicht gerade empfehlenswert, in der Nacht durch den Wald zu streifen. Zu betonen ist auch, dass jeder den Wald auf eigene Gefahr betritt. Der Waldbesitzer haftet nicht, wenn der Waldbesucher durch einen herabfallenden Ast verletzt wird, sich durch Stolpern über eine Wurzel einen Knochenbruch zuzieht.

Stichwort Geocaching: Darf man die Waldwege einfach so verlassen?
Ja. Denn es besteht im Wald – einige Naturschutzgebiete ausgenommen – keine Wegepflicht. Betreten werden dürfen alle Waldflächen, ausgenommen generell gesperrte Flächen wie Forstkulturen oder Holzeinschlagsflächen sowie jagdliche Einrichtungen. Geocaching ist allerdings ein Grenzfall. Wir empfehlen allen, die dieses Hobby betreiben, sich an die im Internet veröffentlichten Regeln zu halten. Also keine Veränderungen an Grundstücken, Bäumen oder Anlagen vorzunehmen. Auch Biotope und Denkmale dürfen nicht beeinträchtigt werden. Und wenn der Grundeigentümer es verlangt, ist der Cache zu entfernen. So kann Geocaching ohne Ärger ausgeübt werden.

Wer durch den Wald spaziert, sieht dort auch manchmal Hunde frei herumlaufen. Da kann sich ein Spaziergänger unbehaglich fühlen. Gibt es im Wald einen Leinenzwang für Hunde?
Ein Leinenzwang besteht grundsätzlich nicht. Dennoch muss jeder Hundebesitzer gewährleisten, dass sein Hund keine Gefährdung für andere Waldbesucher oder für wild lebende Tiere darstellt. Wir als Forstbehörde bitten daher die Hundehalter, die Leine möglichst zu nutzen.

Häufig wird auch Müll in Waldgebieten abgeladen. Was drückt ein solch umweltschädliches Verhalten aus?
Im vergangenen Jahr haben allein die Mitarbeiter des Kreisforstamtes 18 Tonnen wild abgelagerten Müll im Wald zusammengetragen. Weitere Müllmengen, gesammelt vom Abfallamt, den Kommunen und Waldbesitzern, kommen dazu. Müllentsorgung im Wald ist nicht nur eine Rücksichtslosigkeit den Waldbesitzern und anderen Erholungsuchenden gegenüber. Auch können Abfälle den Boden, das Wasser und die Lebensgemeinschaft des Waldes empfindlich schädigen. Oft gelangen mit dem Müll Samen von Zierpflanzen in den Wald, die einfach nicht dorthin gehören. Neben der Umweltgefährdung führt die Beseitigung des wilden Mülls zu hohen Kosten, die vom Steuerzahler getragen werden müssen. Für mich ist so ein Verhalten unverständlich, denn schließlich haben wir hier im Landkreis Bautzen ein bürgerfreundliches System für die Abfallentsorgung. Da kann man seine Abfällle zu angemessenen Bedingungen entsorgen.

Gibt es so etwas wie den „Waldknigge“, eine Art Leitfaden, aus dem ersichtlich ist, wie man sich im Wald verhält?
Eigentlich sollte der gesunde Menschenverstand ausreichen. Über Rechte und Pflichten im Wald kann man im Waldgesetz nachlesen. Es ist allerdings tatsächlich so, dass es zunehmend Menschen gibt, die aufgrund ihrer urbanen Lebensweise und mangelnder Alltagserfahrung Hinweise zum richtigen Verhalten im Wald erwarten. Wir denken derzeit darüber nach, wie wir diese Erwartungen erfüllen können.

Können Sie, der in und mit der Natur arbeitet, sich vorbehaltlos an ihr
erfreuen?
Selbstverständlich. Man kann doch in der Natur, im Wald immer etwas Schönes, Erstaunliches entdecken.



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