Im Rollstuhl einmal durch Deutschland


von Tageblatt-Redaktion

René Kugel ist auf seinen Rollstuhl angewiesen. Das Zuggerät mit Handkurbel und Elektrounterstützung macht es ihm aber möglich, selbst lange Strecken zurückzulegen. Binnen fünfzig Tagen will er über 3 000 Kilometer schaffen.
René Kugel ist auf seinen Rollstuhl angewiesen. Das Zuggerät mit Handkurbel und Elektrounterstützung macht es ihm aber möglich, selbst lange Strecken zurückzulegen. Binnen fünfzig Tagen will er über 3 000 Kilometer schaffen.

Von Uwe Schulz

Das Ziel ist sportlich. Und das in jedem Sinne. Denn René Kugel will in sieben Monaten losfahren. Er will in nicht mal fünfzig Tagen alle 16 deutschen Landeshauptstädte ansteuern. Die Strecke von etwas mehr als 3 000 Kilometern will der 36-jährige Hoyerswerdaer vor allem mit Muskelkraft zurücklegen. In seinem Rollstuhl. Ohne Begleitfahrzeug, ohne Bahn oder Bus und andere Hilfen nutzen zu wollen. „Ich will als Botschafter für Hoyerswerda unterwegs sein. Die Stadt ist nicht so braun, wie man es außerhalb denkt. Es gibt eben auch die vielen anderen Leute. Und ich will mich für mehr Integration, gegen Diskriminierung einsetzen.“

René Kugel ist nicht nur seit Geburt körperlich behindert. Er hat auch sorbische Wurzeln. Er weiß aus eigener Erfahrung sehr gut, dass sowohl Behinderte als auch nationale Minderheiten in diesem Land immer wieder mal Probleme haben bzw. verunglimpft werden. Und genau dagegen will er losziehen. Unterwegs will er mit Leuten sprechen, natürlich auch Politiker treffen. Am 1. Mai soll es losgehen. Zuerst nach Potsdam und Berlin, weiter nach Schwerin. Letzte Station wäre laut Plan am 17. Juni Dresden. René Kugel mag seine Heimatstadt. Da er vergleichsweise viel in Deutschland wegen seines Hobbys Terraristik und Aquaristik unterwegs ist, kennt er zur Genüge die Reaktion der Leute, wenn er sagt, er kommt aus Hoyerswerda. Also sagte er sich im Sommer: Dagegen kann man was tun.

René Kugel hat bislang die Idee, ihm fehlt aber das Geld. Alles in allem könnte die Botschaftertour an die 10 000 Euro kosten. Das Grundkapital hat der Hoyerswerdaer schon: sich selbst, seinen Willen und seinen Rollstuhl. In dem Basismodell Speedy Vamos ist er seit dem Frühjahr unterwegs. Im August kam nun endlich auch sein neues Zuggerät. Das kann René Kugel über eine patentierte Kupplung vorn an seinen Rollstuhl ansetzen und hat dann praktisch ein Trike mit Vorderradantrieb. Einerseits kann er sich mithilfe von Handkurbeln vorwärtsbewegen, wobei die Kraft über eine 27-Gang-Schaltung und Fahrradkette auf das 20-Zoll-Rad übertragen wird.

Andererseits besitzt das Zuggerät wie bei einem E-Bike aber auch einen unterstützenden Elektromotor, der von einem Akku gespeist wird. Natürlich gibt es für die Verzögerung ordentliche Bremsen und sogar ein Bergabfahr-Bremssystem, wie es aus modernen Geländewagen bekannt ist. In den ersten drei Wochen ist René Kugel bereits über 600 Kilometer mit seinem neuen Gefährt unterwegs gewesen. Im Schnitt macht er so 18-22 km/h. Er geht jetzt jeden Tag auf die Strecke, um die 150 Trainingskilometer pro Tag sind sein Ziel. Wenn er auf Deutschland-Tour geht, will er als Tagesetappen rund 100 Kilometer anpeilen. Das wird in Brandenburg freilich was anderes sein als in Bayern.

Seine Reiseuntensilien, Zelt etc. will René Kugel in einem Hänger transportieren. Den gibt es bislang aber ebenfalls nur als Idee. Ein Metallbauer hat wohl schon signalisiert, dass er einen passgenauen Hänger baut. Allerdings wird allein der nach René Kugels Schätzung rund 2 500 Euro kosten. Der Hänger soll mit Solarpaneelen bedacht werden, um unterwegs Akkus für das Zuggerät, aber auch für Handy und Navi aufzuladen. Auf dem Hänger wäre auch Platz für Werbung seiner Unterstützer.

Mittlerweile hat René Kugel eine Liste mit Dingen ausgearbeitet, die er benötigt - von der gut reflektierenden Sicherheitsjacke über weitere Ausstattungsdetails bis eben zum Hänger. Mit einer Gopro-Kamera will er seine Fahrt filmen. Damit sollen die Karten eines Rollstuhl-Navigationssystems aktualisiert werden. Er will aber auch bei Youtube und Facebook über seine Reise berichten. Ja – Marketingunterstützung wäre wohl auch nicht schlecht.

Der Hoyerswerdaer weiß, wie mühselig das Klinkenputzen ist. Der erste Rückschlag war schon sein geplanter Auftakt. Eigentlich wollte der Rollstuhlfahrer beim DAK-City-Lauf starten und auf sein Anliegen, sein Projekt aufmerksam machen. Wie er schildert, bekam er eine Absage vom Veranstalter – Sicherheitsbedenken auf der Strecke.
Und so ist die große Fahrt bislang eine Idee. Erstes Ziel ist für den Mittdreißiger, das Geld für den Hänger zusammenzubekommen. Wenn das klappt, macht sich René Kugel über die Tour selbst weniger Sorgen. An seiner Fitness soll es jedenfalls nicht liegen.

Wer die Tour von René Kugel unterstützen möchte, kann sich per Mail an ihn wenden: kugelrene@web.de



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