Im Eisenbahnabteil durch die Zeit


von Tageblatt-Redaktion

Die interaktive Ausstellung zum Phänomen Zeit im Schloss ist zwar für Kinder konzipiert, aber auch unterhaltsam und informativ für Erwachsene
Die interaktive Ausstellung zum Phänomen Zeit im Schloss ist zwar für Kinder konzipiert, aber auch unterhaltsam und informativ für Erwachsene

Die Knobelfrage wird zum Schluss gestellt: „Wer weiß, was am Wochenende mit der Zeit passiert?“, fragt Sabine Nolde, stellvertretende Leiterin der Lebenshilfe-Kita „Brüderchen und Schwesterchen“, die Vorschulgruppe. 14 Augenpaare blicken sie etwas ratlos an. „Es wird Winter?!“, meldet sich schließlich eines der Kinder. Fast richtig. Anhand einer großen Uhr an der Wand erklärt Sabine Nolde, was es mit der Zeitumstellung heute Nacht auf sich hat, dass die Uhr von drei auf zwei zurückgedreht wird. Uhren gibt es derzeit jede Menge hier im Stadtmuseum, wo die Fünf- und Sechsjährigen zusammen mit Museumspädagogin Diana Schönig die gerade eröffnete interaktive Ausstellung „Ach du liebe Zeit!“ erkunden. Sie wurde vom Kindermuseum Leipzig entwickelt und macht nun mindestens für ein halbes Jahr in Hoyerswerda Station. Es geht darin um das Alltagsphänomen „Zeit“ – ist das für die Kleinen schon relevant? Die Schau richtet sich nämlich an Kinder ab fünf Jahre. „Unbedingt!“, betont Sabine Nolde. Sich mit dem Zeitbegriff auseinanderzusetzen, sei Voraussetzung für die Schulfähigkeit. Die Vorschüler lernen beispielsweise, dass Dinge Zeit brauchen, dass manches in einer bestimmten Zeit erledigt sein muss oder dass man Zeit nicht zurückholen kann. Sie lernen gerade die Wochentage, die Monatsbezeichnungen und finden es noch knifflig, Angaben wie „gestern“ und „morgen“ richtig einzuordnen.
Heute, in der Nacht der Zeitumstellung jedenfalls, können die Kinder – genau wie viele andere Menschen auch – eine Stunde länger schlafen. In der Ausstellung wird aber auch deutlich, dass nachts mitnichten nur Schlafen angesagt ist: In einer dunklen Kabine können Besucher mit Hilfe einer Taschenlampe auf Tafeln lesen, dass allerhand los ist. Manche Menschen müssen arbeiten, manche feiern in Discos, Uhus und andere Tiere sind aktiv… Faszinierend ist auch eine Fotostrecke anzusehen, die dokumentiert, wie Zeit die Landschaft verändert. Aufgenommen wurden die Bilder mit dem immergleichen Motiv über mehrere Jahre immer an bestimmten Tagen im Weltnaturerbe Serrahner Buchenwälder nahe der Müritz. Und jedes Mal ist der dicke Baumstamm ein bisschen tiefer im Moor versunken…
Herzstück der liebevoll und detailreich gestalteten Ausstellung sind drei Züge an drei Bahnhöfen, die unterschiedliche Zeitphasen symbolisieren. Da gibt es den Bahnhof „Gesternhausen“, den Gegenwartszug, der in „Bad Jetztstädt“ steht, und den Zug der Zukunft am Betriebsbahnhof „Utopia“. Die Kita-Kinder fluten nun die einzelnen Abteile, wo unterschiedliche Aufgaben, Spiele und Experimente zum Thema Zeit warten. Da gilt es beispielsweise, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun: sich eine Wäscheklammer an den Finger stecken, etwas naschen, Besucher grüßen, den Fuß heben, ein Rätsel lösen… „Wie fühlst du dich danach?“, wird in dem Gegenwarts-Zugabteil gefragt. Nicht gut, so viel ist klar. Also merken: immer alles schön in Ruhe der Reihe nach tun und sich die Zeit einteilen: Am Ende hat man trotzdem mehr Zeit übrig.
Die kleinen Besucher lernen auch eine Sanduhr kennen und müssen schätzen, wie lange es dauert, bis der Sand durchgerieselt ist. Sie machen Bekanntschaft mit dem Spruch „Zeit ist Geld“ – wer genau drei Minuten wartet, bekommt eine Belohnung. Natürlich spielt auch die Zeitmessung eine Rolle, Uhrenbasteln inklusive.
Im Zukunftsbereich – nach Thomas Mores wegweisendem Werk „Utopia“ benannt – ist unter anderem auf Bildern zu sehen, wie sich Menschen früher die Zukunft vorgestellt haben.
Im Zug, der in „Gesternhausen“ steht, reisen die Besucher quasi in die Geschichte – natürlich erfahren die Kinder, dass „Geschichte“ eben vergangene Zeit bedeutet. Und wie! Wer kann sich vorstellen, wie weit vier Milliarden Jahre zurückliegen? Ungefähr zu der Zeit, sehen die Besucher auf einem Zeitstrahl, entstand die Erde. Wer nicht im Waggon Platz genommen hat, kann mit Hilfe einer Stoppuhr testen, wie lange es dauert, um auf einem Rollbrett den Raum zu durchqueren. Oder eine Sonnenuhr in der Sandkiste bauen – als „Sonne“ dient ein beweglicher Klemmspot.
Und wer genug gerätselt und gelesen hat, kann sich gemütlich in einen Sitzsack lümmeln und Hörspielen lauschen, zum Thema „Zeit“ versteht sich.
Mindestens eine Stunde Zeit sollte man sich als Besucher nehmen, um die einzelnen Stationen durchzuspielen – zwei Stunden muss man planen, wenn man zusätzlich, wie die Kita-Kinder heute, die Detektiv-Tour „Auf der Suche nach der gestohlenen Zeit“ unternimmt. Die gehört zum Begleitprogramm, richtet sich an Gruppen, Schulklassen, Kitas und kann dazugebucht werden. Die Ausstellung ist übrigens auch für Erwachsene informativ – man kann sozusagen eine „Zeitreise“ unternehmen und wieder das Kind in sich entdecken… Die Zeit wird einem im Schloss keinesfalls zu lang, da vergeht eine Stunde scheinbar wie im Flug. Die Vorschulkinder der Lebenshilfe-Kita wollen jetzt nach erfolgreicher Jagd nach der gestohlenen Zeit noch in den Zoo. Flugs schlüpfen sie in ihre Jacken. Denn sie wissen ja längst: Wer trödelt, hat weniger Zeit, sich die Tiere anzuschauen.

„Ach du liebe Zeit“, Schloss Hoyerswerda, heute 9 bis 17 Uhr, nach der Zeitumstellung tgl. 10 bis 16 Uhr. Eintritt: 5 Euro(Kinder 3 Euro) inkl. Zoo. Kontakt: Telefon 03571 603530



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