70 Tonnen Stahl für die weltgrößte Dichtwand


von Tageblatt-Redaktion

Zum Entladen wird die Maschine auf Hydraulikfüße gestellt. Mitarbeiter der Herstellerfirma Bauer Spezialtiefbau überwachen den Vorgang.
Zum Entladen wird die Maschine auf Hydraulikfüße gestellt. Mitarbeiter der Herstellerfirma Bauer Spezialtiefbau überwachen den Vorgang.

Es ist kurz vor halb eins in der Nacht. Hans Vogel steuert seinen mehr als 24 Meter langen Lkw von der Autobahn 13. Nun kommt das schwierige Stück Arbeit für den Mann aus Oberbayern. Hans Vogel muss das 3,80 Meter breite und 4,40 Meter hohe Gefährt sicher durch die Lausitz bringen. 115 Tonnen Gesamtgewicht bewegt er von Ruhland nach Bluno. Reichlich 35 Kilometer sind zu schaffen. Über die Bundesstraßen 169 und 156 bis an den Rand des Tagebaus Welzow-Süd. Hans Vogel liefert Stahl für den Energiekonzern Vattenfall Europe – genauer gesagt das 70 Tonnen schwere Hauptteil einer Megafräse. Das in Fachkreisen genannte Schlitzfräsgerät VB 130/II soll sich bald tief in den Lausitzer Boden fressen. Den Raum für eine Dichtwand schaffen, die verhindern muss, dass Wasser aus dem Seenland in den Tagebau fließt. 26 Transportfahrzeuge bringen in diesen Tagen Bauteil für Bauteil in die Nähe des Tagebaus. Das größte in der Nacht von Montag zu Dienstag.
In Ruhland übernimmt die Polizei die Führung für den mächtigen Konvoi aus Schwerlaster und Begleitfahrzeug. Mit Blaulicht bahnt sie sich den Weg durch schlafende Dörfer. Fast schnurgerade geht es über die Senftenberger Ortsumfahrung nach Nordosten. Hans Vogel kann Gas geben, 70 Stundenkilometer. Nur bei Lkw-Gegenverkehr muss der Transportfachmann auf die Bremse drücken. Dann schiebt sich vorsichtig Riese an Riese vorbei.
Gegen 16 Uhr am Montagnachmittag ist das Team aufgebrochen im oberbayrischen Schrobenhausen. Dort hat die Firma Bauer Spezialtiefbau das Schlitzfräsgerät eigens für Vattenfall konstruiert. 8,5 Millionen Euro investiert das schwedische Unternehmen in die moderne Technik. Nach Probeläufen soll das Gerät am 18. Juni so richtig mit der Arbeit beginnen. Sich bis Jahresende auf einer Länge von 200 Metern durch den Boden arbeiten. Insgesamt sind im Laufe von zehn Jahren zehn Kilometer zu schaffen, allerdings von zwei Spezialfräsen. Eine erste ist schon im Einsatz. In Sachsen will man mit dem Dichtwandbau bis 2015 fertig sein.
Bei Sedlitz gibt es die erste mögliche Herausforderung für Hans Vogel. Hier macht die Straße einen scharfen Knick nach rechts. Aber kein Problem. Der große Mann mit dem dunklen Vollbart drosselt das Tempo, dreht das Lenkrad und weiter geht es. Durch Lieske hindurch, vorbei am Sedlitzer und Partwitzer See, die in der Dunkelheit nur zu ahnen sind. In Bluno muss Hans Vogel noch scharf nach links abbiegen, dann einige hundert Meter unter Bäumen mit weit ausladenden Ästen hindurch bis in Tagebaunähe. Langsam jetzt. Dann bringt er die 115 Tonnen vor dem verschlossenen Tagebauzaun zum Stehen. „Ein Kinderspiel“, sagt der erfahrene Mann aus Bayern. Jederzeit wieder. Da hat er schon ganz andere Sachen erlebt. In den Morgenstunden wird ein Team die Fräse abladen. Ein gelbes Gehäuse, Vattenfall steht weiß auf dem Blech, samt Führerhaus und Kabeln.
Die Polizei schaltet das Blaulicht ab und fährt davon. Hans Vogel wird sich jetzt hinlegen – neun Stunden muss er hierbleiben. Dann geht es zurück nach Bayern.



Zurück

Einen Kommentar schreiben

Es werden nur jene Kommentare veröffentlicht, die unter Angabe von Vor- und Familienname und einer gültigen E-Mail-Adresse (für Rückfragen) abgegeben wurden.

Was ist die Summe aus 5 und 7?