25 Jahre SPD in Hoyerswerda


von Tageblatt-Redaktion

arbara Wittig war als Landtags- beziehungsweise später als Bundestagsabgeordnete lange Zeit eines der prominenten Gesichter der Hoyerswerdaer Sozialdemokraten. Hier sieht man sie 1998 im Bundestagswahlkampf, der zur rot-grünen Regierung führte. Foto: US
arbara Wittig war als Landtags- beziehungsweise später als Bundestagsabgeordnete lange Zeit eines der prominenten Gesichter der Hoyerswerdaer Sozialdemokraten. Hier sieht man sie 1998 im Bundestagswahlkampf, der zur rot-grünen Regierung führte. Foto: US

Von Mirko Kolodziej

Es war früher Abend, als sich am 4. Januar 1990 die ersten sieben Hoyerswerdaer Neu-Sozialdemokraten trafen. Es ist das Datum, auf das sich die hiesige SPD bis heute bezieht, wenn es um ihre jüngere Geschichte geht. Nachdem mit der Bildung der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands SED im April 1946 die SPD auch hier von der Bildfläche verschwunden war, erlebte sie 44 Jahre später mit der Gründung eines Kreisverbandes ihre Wiederauferstehung. Formal allerdings ging es im Büro des Hoyerswerdaer Rechtsanwalts Hans-Peter Wittig um einen Kreisverband der SDP. Denn so hieß die am 7. Oktober in Schwante gegründete Sozialdemokratische Partei der DDR zu diesem Zeitpunkt noch. Neun Tage später wurde aber schon umgeflaggt.

„Alle hatten den Willen, etwas Neues zu beginnen“, beschreibt Wittig die Atmosphäre in seinem Büro. Er selbst war mit seiner Frau Barbara, die später Landtags- beziehungsweise Bundestagsabgeordnete werden sollte, schon Anfang Dezember nach Cottbus gefahren, wo sich SDP-Mitglieder und -sympathisanten trafen. Bei dieser Zusammenkunft trat der Hoyerswerdaer Karl-Heinz Dollase in die SDP ein und wurde so Hoyerswerdas Neu-Sozialdemokrat Nummer 1. Beim Gründungs-Treffen am 4. Januar wurde Dollase zum 2. Sprecher des neuen Kreisverbandes gewählt und damit zum Stellvertreter des ersten Vorsitzenden Heinz-Dieter Tempel.

Barbara Wittig sagt, es hätten damals parallel zueinander unterschiedliche Menschen auf verschiedenen Wegen zur Sozialdemokratie gefunden. Ihr persönlicher Anstoß sei ein Gespräch in der Medizinischen Fachschule des Krankenhauses gewesen, in der sie damals unterrichtete. Nach einer Diskussion mit Schülern über die Zukunft der DDR brachte ein Mädchen das Gründungs-Statut von Schwante mit. So kamen Wittigs zum Kontakt in Cottbus.

Der Januar 1990 war für den neuen Kreisverband äußerst turbulent. Bereits vier Tage nach Gründung, zeigen von Wittigs aufbewahrte Papiere, gab es ein zweites Treffen mit zwölf Teilnehmern. Im Wochenrhythmus folgten weitere Zusammenkünfte. Nebenbei lief schon die politische Arbeit. „Zu Beginn wurde die neu gegründete SDP als Teilnehmer zugelassen“, heißt es etwa im Protokoll des Runden Tisches des Kreises Hoyerswerda vom 10. Januar. Zwei Wochen später kamen mehr als 200 Menschen zu einer öffentlichen Mitgliederversammlung ins Klubhaus der Eisenbahner, die heutige „Villa Alwin Stein“. Die Sitzplätze reichten kaum. „Da sind sehr viele Leute eingetreten“, entsinnt sich Barbara Wittig. Zur Glanzzeit der neuen Hoyerswerdaer SPD im März 1990, dem Gründungsmonat des SPD-Stadtverbandes, hatte die Partei um die 140 Mitglieder.

Bereits Ende Januar konnte die neue Partei ihre erste öffentliche Anlaufstelle beziehen. „Wir haben das Büro der Nationalen Front übernommen“, erinnert sich Hans-Peter Wittig, der erste Geschäftsführer des Kreisverbandes. Der Dachverband der fünf DDR-Parteien sowie weiterer Massenorganisationen hatte zu existieren aufgehört und brauchte die Räume an der Scharnhorststraße im WK IX nicht mehr. Als die Stadt hier ihr Bauamt ansiedelte, zog die SPD in die Rosenstraße, später ins Hochhaus Albert-Schweitzer-Straße.

Inzwischen gibt es abgesehen vom Büro der vier SPD-Stadträte keine Anlaufstelle mehr. Auch die Mitgliederzahlen haben sich wieder stark reduziert. „Die Personalsorgen nicht nur in Hoyerswerda haben mehrere Gründe“, meint Barbara Wittig. Der Umstand etwa, dass die SPD zunächst nach dem 7. Oktober 1989 aus der SED ausgetretenen Menschen die Aufnahme verweigerte und sie dann einer Sonder-Aufnahme-Prozedur unterzog, schreckte viele ab. „Das hat uns gute Leute gekostet“, sagt Barbara Wittig, ohne Namen zu nennen. Aber es ist bekannt, dass Hoyerswerdas späterer Oberbürgermeister Horst-Dieter Brähmig Kontakt gesucht hatte und dass der vor dem Stichtag aus der SED ausgetretene Hans-Peter Wittig sich nach einer Attacke bei einem Parteitag in Cottbus aus dem SPD-Bezirksvorstand zurückzog.

Immerhin haben es die Hoyerswerdaer Sozialdemokraten aber als einzige Partei in der Stadt geschafft, so etwas wie eine auf der Gründung basierende Tradition zu etablieren. Ihren Neujahrsempfang gibt es Jahr für Jahr am 4. Januar. Morgen kommen die Genossen im Jugendclubhaus Ossi zusammen. Festredner wird Medizinalrat Heinz-Dieter Tempel sein, der am 4. Januar 1990 zum Vorsitzenden des damaligen SDP-Kreisverbandes gewählt wurde.



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