„19 Kinder, ich wiederhole, 19 Kinder gerettet!“


von Tageblatt-Redaktion

Die Feuerwehrleute haben es eilig. Eine Wasserversorgung per Schlauchleitung wird aufgebaut. Es folgen die ersten Atemschutzgeräteträger, die ins Gebäude vordringen.
Die Feuerwehrleute haben es eilig. Eine Wasserversorgung per Schlauchleitung wird aufgebaut. Es folgen die ersten Atemschutzgeräteträger, die ins Gebäude vordringen.

Qualm quillt aus einem kleinen Fenster im Obergeschoss der Bernsdorfer Kindertagesstätte „Pfiffikus“ am Fritz-Kube-Ring. Augenblicke später öffnet sich die Eingangstür und die ersten Kinder eilen in Begleitung von Erzieherinnen Richtung Garten. Sirenengeheul schallt durch die Stadt. Die Feuerwehr ist alarmiert. Der Kita-Hausmeister steht bereit, um die Einsatzfahrzeuge einzuweisen. Kaum fünf Minuten später sind die ersten Feuerwehren vor Ort sind. Weitere folgen im Abstand von einigen Minuten. Zu dieser Zeit erkunden die ersten Kameraden die Lage.

Während sich das Gros der rund 150 Kinder im Garten in Sicherheit befindet und aufgeregt den Einsatz der Feuerwehrleute beobachtet, schweben einige Kinder und Erwachsene in Lebensgefahr. 19 Kinder und zwei Erzieherinnen können einen Gruppenraum im Obergeschoss der Einrichtung nicht mehr verlassen. Treppenflur und Gänge sind verqualmt. Wenige Atemzüge in dieser Luft können tödlich sein. Irgendwo im Haus befinden sich zudem noch zwei weitere Kinder, erfahren die Retter von Kitaleiterin Petra Stope.

An den Kindern im Garten vorbei spurten die Feuerwehrleute zur Tür, über die sie ins verqualmte Gebäude eindringen werden. Eine Schlauchleitung wird aufgebaut. Die ersten mit Atemschutzgeräten bepackten Kameraden sind vor Ort, überprüfen gegenseitig ihre Ausrüstung, ehe sie sich ins Gebäude begeben, um zu den eingeschlossenen Kindern vorzudringen. Ein Feuerwehrmann führt akribisch eine Liste, auf der jeder Atemschutzgeräteträger vermerkt wird, der sich in die Kita begibt. Beim Einsatz geht es nicht nur darum, andere Leben zu retten, sondern auch das der Einsatzkräfte nicht zu riskieren.

Über Funk kommt die Meldung: „19 Kinder gefunden!“ Seit der Alarmierung sämtlicher Feuerwehren der Stadt Bernsdorf ist gerade mal eine Viertelstunde vergangen. Die Evakuierung startet, weitere Kameraden mit Atemschutzgeräten rücken an und verschwinden im Gebäude. Brandschutzhauben für die Kinder und die beiden Erzieherinnen sind geordert. Noch immer qualmt es aus dem Obergeschoss. Genau 17 Minuten nach der Alarmierung tritt das erste Kind an der Hand eines Feuerwehrmanns ins Freie. Es schaut tapfer drein. Kitaleiterin Petra Stope nimmt das Mädchen in Empfang. Weitere Kinder folgen, dann auch die beiden Erzieherinnen. Ein Feuerwehrmann registriert jede Person, die ins Freie gebracht wird. Inzwischen ist der Qualm weniger geworden, vor der Eingangstür kreischt ein Lüfter, der den Rauch aus dem Gebäude bläst.

Eine weiter Meldung zischelt aus den Funkgeräten: „19 Kinder, ich wiederhole, 19 Kinder gerettet!“ 31 Minuten sind seit der Alarmierung der Feuerwehren vergangen, registriert Einsatzleiter Uwe Weberbauer. Derweil die besorgte Kitaleiterin meint: „Zwei Kinder sind noch im Haus.“

Die Suche gestaltet sich schwierig. Vom Obergeschoss des einen Gebäudeteils der Kita arbeiten sich die Feuerwehrleute in den Keller vor. Von den Gesuchten finden sie keine Spur. Im anderen Gebäudeteil werden sie dann allerdings endlich fündig. Im Keller entdecken sie die beiden. „Die haben uns angegrinst“, erzählt wenig später einer der Retter. Verständlich, schließlich ging es nicht wirklich um Leben oder Tod. Es war eine Übung. Um 14.58 Uhr und damit fast auf die Minute genau eine Stunde nach Alarmauslösung ist diese beendet.

Schnell trocknet die eine oder andere Träne, die dann doch vor Aufregung geflossen ist. Gerade für die Kinder, die gerettet wurden, war diese Stunde nicht ganz ohne. Am Vormittag hatten sie in der Milchwelt in Kotten viel erlebt. Die Mittagsruhe nach der Rückkehr begann etwas später und wurde jäh vom Feueralarm beendet. „Ganz klar, dass da einige erschrocken und aufgeregt sind, auch weil der Flur verqualmt war“, weiß Kitaleiterin Petra Stope. Zwischen ihr und der Feuerwehr war dieser Übungseinsatz ausgemacht worden.

Während für die 37 Kameraden der Freiwilligen Feuerwehren Bernsdorf, Straßgräbchen Wiednitz und Großgrabe die mit sieben Einsatzfahrzeugen an der Übung beteiligt waren, das Aufräumen beginnt, hat Einsatzleiter Uwe Weberbauer Zeit für ein kurzes Resümee: „Man führt eine solche Übung durch, um Schwerpunkte im jeweiligen Objekt zu erkennen, um aus eventuellen Fehlern zu lernen.“ Insgesamt ist er mit dem Übungsverlauf zufrieden, auch wenn es an der einen oder anderen Stelle hätte schneller gehen können, wie er findet. Allerdings kannten die Einsatzkräfte die Räumlichkeiten in der Kindertagesstätte nicht. Speziell die Keller erwiesen sich als sehr unübersichtlich. „Da verläufst du dich.“ Zufrieden ist Uwe Weberbauer auch mit der Anzahl der beteiligten Kameraden. „Für diesen Zeitpunkt in der Woche geht das in Ordnung.“ Nach Feierabend am gleichen Tag, wären locker 60 Leute zusammengekommen, ist er überzeugt. Aktuell verfügen die Bernsdorfer Wehren zusammen knapp 120 aktive Einsatzkräfte. Die Detailauswertung folgt, kündigte er an.

„Tatü-tata“, schallte es wenig später fröhlich aus geöffneten Fenstern der Kita. Ganz klar: Diese Feuerwehrübung wird die Kinder noch eine Weile beschäftigen.



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