Hoyerswerdas Markt: Baupläne aus sechs Jahrzehnten


von Tageblatt-Redaktion

Die am 19. und 20. April 1945 zerstörte Ostseite des Marktes bestand zuletzt -von links- aus einer Wäscherei, dem Hotel Zum goldenen Anker, einer Schmiede samt Gaststube, der Adler-Drogerie von Familie Röhricht sowie dem Hotel Zum schwarzen Bär.
Die am 19. und 20. April 1945 zerstörte Ostseite des Marktes bestand zuletzt -von links- aus einer Wäscherei, dem Hotel Zum goldenen Anker, einer Schmiede samt Gaststube, der Adler-Drogerie von Familie Röhricht sowie dem Hotel Zum schwarzen Bär.

Wird der Sommer 2013 mit seinem Oberbürgermeister-Wahlkampf die Gelegenheit bieten, sich vielleicht noch einmal grundsätzlich über die nach der fast beendeten Hoyerswerdaer Altstadtsanierung übrig gebliebenen Fragen dazu zu verständigen? Es scheint so, dass die Bürgerinitiative Zoowiese, die in den letzten Wochen so vehement zu den Bauplänen für das „Quartier am Zoo“ Stellung bezogen hat, zumindest einen Beitrag dazu leisten möchte. Sie hat beim Rathaus angefragt, ob sie im Mai die Orange Box für eine entsprechende Ausstellung nutzen darf und Oberbürgermeister Stefan Skora (CDU) hat vor wenigen Tagen das grundsätzliche Einverständnis der Verwaltung signalisiert.
Dabei werden dann wohl nicht nur die in den letzten Jahren entstandenen Entwürfe für die Fläche am Zoo, auf der zuletzt eine Familie Petsch Landwirtschaft betrieben hatte, eine Rolle spielen. Immer wieder lenken die Kritiker des nun am Zoo vorgesehenen großflächigen Einzelhandels die Blicke auch zum Markt, wo die Gefechte des April 1945 Süd- und Ostseite in Trümmer gelegt hatten. „Es wäre wichtiger, diese Wunden wieder zu schließen, als an einem Gebiet zu arbeiten, wo es weniger dringlich ist“, sagt Architekt und Denkmalschützer Peter Biernath, der sich auch für die Bürgerinitiative engagiert. Es geht dabei einerseits um die Frage, ob die Südseite, an der einst das Hotel „Zum goldenen Löwen“ stand, ihre ursprüngliche Fassung wiederbekommen sollte. Das ehemalige Kaufhaus „Magnet“ nämlich ist mit Blick auf den Bau einer einst geplanten neuen Ost-West-Chaussee Schlossstraße-Senftenberger Straße um 25 Meter von der eigentlichen Baukante zurückversetzt entstanden. „Hier wäre noch Platz, um ein Haus davorzusetzen“, sagt Peter Biernath. Es geht ihm darum, sich wieder den ursprünglichen Strukturen der Altstadt zu nähern. In diesem Zusammenhang ist ihm aber die Ostseite, auf der sich heute der als der „Schwarze Markt“ bekannte Parkplatz befindet, noch wichtiger.
Pläne, zwischen Markt und ehemaligem Ballhaus wieder Bauten zu errichten, gab es schon sehr früh. 1957 etwa hatte das Büro für Hochbau des Rates der Stadt Leipzig Ideen für ein „Stadtrestaurant“ vorgelegt – einen Vierseitbau mit großem Atrium. Gedacht war an eine Gaststätte mit 150 Sitzplätzen im Parterre sowie an ein Konzert- und Tanzcafé im Obergeschoss.
Ein Bebauungsplan aus den Fünfzigerjahren zeigt das, was zwischenzeitlich als „Winkel“ bekannt geworden ist: Bauten entlang der Marktseite, wo bis 1945 zwischen Schlossstraße und Schlossergasse fünf Häuser standen (darunter zwei Hotels und die Adler-Drogerie), sowie entlang der Schlossstraße zwischen Markt und Braugasse. Zumindest diesen „Winkel“ findet man in allen Planungen der folgenden Jahre wieder – selbst dann, wenn darin auf die Wiedererrichtung von Gebäuden an Brau- und Schlossergasse verzichtet worden war.
Peter Biernath erklärt die Idee, die dahintersteht, so: „Wieder entstehen würde so eine gewisse Spannung von der Weite des Marktes über die Enge der Schlossstraße zur Weite des Schlossplatzes.“ Diesem Gedanken folgen Diplomarbeiten von Studenten der TU Dresden aus den Jahren 1984 und 1990 ebenso wie diverse Vorschläge, die 1990 eingereicht wurden, als Hoyerswerda gemeinsam mit seiner Partnerstadt Dillingen zu einem städtebaulichen Wettbewerb zur Umgestaltung der Altstadt aufgerufen hatte. Zu jener Zeit lagen für den Markt noch Pläne der Cottbuser HAG (Hauptauftraggeber Komplexer Wohnungsbau) vor. Hier hatte man 1986 darüber nachgedacht, den „Winkel“ mittels industriellem Montagebau, sprich Plattenbauhäusern, zu schließen. „Aus heutiger Sicht wären die geplanten Viergeschosser sicher zu wuchtig gewesen“, meint Peter Biernath, der damals selbst ein großes Modell für dieses Bauvorhaben anfertigte.
Mehr als ein Jahrzehnt lang ruhen die Planungen für den Schwarzen Markt nun. 1998 legte ein Stuttgarter Büro im Auftrag der Stadt eine Studie vor. Es hatte Bauten sowohl an Markt und Schlossstraße als auch an Brau- und Schlossergasse im Sinn. Gleiches galt für das Büro von Architektin Kirsten Böhme, als es 2002 für einen Interessenten plante – unter anderem eine Tiefgarage unter dem Schwarzen Markt sowie eine kleine Ladenpassage darauf. Doch daraus wurde nichts. Zuletzt reichte es 2008 nicht einmal mehr für die Veröffentlichung einer Zeichnung, sondern lediglich für einen vagen Gedanken. Er kam aus dem Rathaus und lautete ungefähr so: Vielleicht wäre ein Supermarkt auf dem Schwarzen Markt nicht verkehrt. Die Rede war schemenhaft auch davon, in einer zweiten Etage das Konrad-Zuse-Computermuseum unterzubringen. Die Sache scheiterte unter anderem an der Frage, wo die Supermarkt-Kunden denn bitteschön parken sollten. Schiffbruch erlitt damit übrigens ein Versuch, der dem heutigen Ansinnen Peter Biernaths erstaunlich ähnelt. Das Rathaus wollte nämlich gern Immobilienentwickler Engelbert Michels an den Markt umlenken, der sich für großflächigen Einzelhandel im Zooquartier interessierte.



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