Hoyerswerdas Großer Chor auf Konzertreise


von Tageblatt-Redaktion

Der Chor in Dresden. Ohne besondere Aufregung und recht routiniert absolvierten die Sänger ihre drei Auftritte in der Landeshauptstadt.
Der Chor in Dresden. Ohne besondere Aufregung und recht routiniert absolvierten die Sänger ihre drei Auftritte in der Landeshauptstadt.

Von Mirko Kolodziej

Es war am Sonnabend, kurz nach zehn Uhr abends: Im großen Saal des Konzerthauses „Alter Schlachthof“ in Dresden hatte Electra-Bassist Wolfgang Riedel gerade ein recht furioses Solo hingelegt, da trat Band-Gründer (und Ex-Schlachthof-Betreiber) Bernd Aust an den Bühnenrand und schilderte den tausend Menschen im Saal, wie er 2007 diese Bitte aus Hoyerswerda bekam: Für ein Schulprojekt wurden die Noten von Electras Rocksuite „Die Sixtinische Madonna“ benötigt. Aust erzählte damit vom Anfang des Großen Chores Hoyerswerda. Er berichtete, wie er 2008 die Premiere mit Begleitung durch die Schulband des Lessing-Gymnasiums erlebte und scherzte: „Da wollten wir zeigen, dass wir es immer noch besser machen können.“

Sieben Stunden vor dieser Szene waren in Hoyerswerda zwei Busse gestartet. Es dauerte etwas, bis die Passagiere zusammen waren. Der Große Chor heißt nicht umsonst so. Es stiegen Sänger in Nardt und in Lauta zu, in Torno, in Bernsdorf und in Schwepnitz. Heidrun Nicklich aus Elstra wartete sogar am Busbahnhof in Königsbrück. Electra ist auf Abschiedstour und es ist Ehrensache, dass der Große Chor mit seinem ersten Projekt Bestandteil ist.

Dreimal fuhren die beiden Busse am Freitag, am Sonnabend und am Sonntag jeweils nachmittags von Hoyerswerda in die sächsische Landeshauptstadt und rollten dann spät am Abend wieder zurück. Bernd Aust erzählte dem Dresdener Publikum auch, wie es dazu kam. Bei der Abschiedstour wollte man in Dresden auch gern die „Madonna“ dabeihaben. Der Chor habe zugesagt: „Als das Konzert ausverkauft war, habe ich vorsichtig gefragt, ob sie sich ein zweites Konzert vorstellen können. Sie haben wieder zugesagt. Als auch dieses Konzert ausverkauft war, habe ich mich nicht getraut, für ein drittes Mal anzurufen. Aber auf eine Mail kam wieder eine Zusage.“ Resultat dieser Schilderung: Stürmischer Applaus im Saal. Und danach traten dann die 80 Freizeit-Musiker aus Hoyerswerda in Aktion: „Frau, Frau, herrliche Frau!“, huben sie an. Gemeinsam mit Electra und dem Tenor Jens-Uwe Mürner standen da also unter anderem ein Sportlehrer, eine Schulsekretärin, ein Rechtsanwalt oder eine Krankenschwester vor den tausend Leuten und boten dar, was Bernd Aust 1979 gemeinsam mit Kurt Demmler (1943–2009) erdacht hatte. Über den Köpfen der Akteure hing in Übergröße Raffaels gut 500 Jahre altes Gemälde und nach ungefähr einer halben Stunde sprangen die Besucher begeistert von ihren Sitzplätzen, um erneut zu klatschen, was das Zeug hielt.

Band, Electra-Sänger Stefan Trepte und Chor schoben noch das bereits 1972 entstandene „Tritt ein in den Dom“ hinterher, während die Scheinwerfer im Saal einen spektakulären Lichtdom zauberten. Keine zwanzig Minuten später saßen die meisten Sänger wieder in den Bussen. Andere machten sich auf den Weg zu Verwandten oder in Hotels. Schließlich stand noch das dritte Konzert am gestrigen Sonntag an und die Leute vom Großen Chor sind ausgesprochen disziplinierte Menschen. Kaum nämlich, dass alle am Alten Schlachthof eingetroffen waren, bat Chorleiterin Kerstin Lieder zum Einsingen – viel „Blau, blau, blau, blau, blau , blau, blau!“ und auch ein wenig „Komm lieber Mai und mache...“.

Es folgten der Soundcheck mit der Band (der als recht kritisch beschriebene Bernd Aust war schnell zufrieden) und der Hauptbestandteil des Konzert-Tages: vier Stunden lang Warten auf den Auftritt. Einige gingen ein Eis essen, andere setzten sich an die Elbe, Dritte ins nahe Ballhaus Watzke. Zudem war Bernd Aust so nett, im zur Garderobe umfunktionierten kleinen Saal einen Fernseher für das DFB-Pokal-Finalspiel aufstellen zu lassen. Und kaum hatte Wolfsburg Dortmund mit 3:1 bezwungen, da setzte drinnen im großen Saal auch schon Wolfgang Riedel zu seinem Parforceritt auf dem Bass an.

Katrin Kiefel, die den Verein führt, in dem der Chor seit 2010 organisiert ist, kann das Engagement von dessen Mitgliedern nur loben: „Die Leute sind sehr, sehr motiviert. Und es war schließlich erst im März klar, dass es in Dresden drei Konzerte geben wird.“ Ein allerletztes Mal „Madonna“ ist übernächste Woche geplant. Dann fährt der Chor nicht nach Dresden, sondern Electra kommt in die Lausitzhalle nach Hoyerswerda. „Ich hoffe, dass sie dann ausverkauft ist“, sagt Katrin Kiefel. Und auch an einem neuen Stück wird inzwischen geprobt, nach John Rutters „Magnificat“ inzwischen das dritte Chorprojekt. 2017 soll Karl Jenkins Friedensmesse „The Armed Man“ zur Aufführung kommen. Geprobt wird schon seit dem Herbst vorigen Jahres.

Electra und der Große Chor Hoyerswerda spielen und singen am 20. Juni ab 20 Uhr in der Lausitzhalle. Unter anderem an der dortigen Kasse gibt es noch Karten.



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